13.Transatlantisches Forum der CSU: (v.l.) Ursula von der Leyen, Moderator James Davis, Manfred Weber. (Bild: Issler/msc)
Konferenz

Ein gutes Jahr für die Nato

13. Transatlantisches Forum der CSU: Dank Russland wissen die Nato-Partner wieder, was sie aneinander haben. Großes Lob für US-Verteidigungsminister James Mattis. Diskussion über das Zwei-Prozent-Ziel − und über teure amerikanische Waffen.

Wie ein Jahr die Welt verändern kann − und die Nato. Im Februar 2017 ging es auf den Gängen der Münchner Sicherheitskonferenz um den Brexit und um einen neuen US-Präsidenten, der im Wahlkampf die Nato für veraltet erklärt hatte. Depressive Stimmung überall: Hält das Bündnis zusammen? Was bleibt von der amerikanischen Führung und 70 Jahren Weltordnung?

Lob für die USA

Ein Jahr später klingt alles ganz anders. Jedenfalls auf dem13. Transatlantischen Forum der CSU, traditionell der heimliche Auftakt zur Sicherheitskonferenz und ganz und gar der Bündnisdebatte gewidmet. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen klingt fast euphorisch: Die Nato habe das Jahr gut genutzt. Das musste sie auch „auf Grund des veränderten Verhaltens von Russland“.

Wir können gar nicht dankbar genug sein für dieses starke Zeichen der Solidarität.

Ursula von der Leyen, Verteidigungsministerin

Als starke Demonstration der Bündnissolidarität wertet von der Leyen die Stärkung der Nato-Ostflanke – mit britischen Soldaten in Estland, kanadischen in Lettland, deutschen in Litauen und amerikanischen Truppen in Polen: „Dieses Zusammenwirken allein spricht Bände darüber, wofür wir gemeinsam einstehen.“

Ihr großes Lob gilt den Amerikanern: „Wir können unseren amerikanischen und transatlantischen Freunden gar nicht dankbar genug sein für dieses starke Zeichen der Solidarität.“ Von der Leyen über US-Verteidigungsminister James Mattis: „Einen besseren könnten wir nicht haben.“

Amerikanische und europäische Sicherheit sind untrennbar miteinander verbunden.

Christopher Ford, Staatssekretär im US-Außenministerium

Norwegens Verteidigungsminister Frank Bakke-Jensen sieht es genauso: „Ein gutes Jahr für die transatlantische Sicherheit.“ Die US-Verbündeten hätten gezeigt, „mit Worten und mit Taten, dass sie zu ihren Bündnisverpflichtungen stehen“.

Die Transatlantischen Partner wissen wieder, was sie aneinander haben und dass sie einander brauchen. So klingt das auch bei Christopher Ford, Staatssekretär im US-Außenministeriumsieht: „Amerikanische und europäische Sicherheit sind untrennbar miteinander verbunden.“ Ford weiter: „Die EU und die Nato bleiben die lebenswichtigen Pfeiler der internationalen Ordnung“ − die jetzt von „revisionistischen Mächten“ in Frage gestellt würde. Revisionistische Mächte – so nennt die Trump-Administration Russland und China.

Die Zwei-Prozent-Frage

Eine Streit-Frage bleibt der Nato allerdings: die zwei Prozent. Um so viel sollen bis zum Jahr 2024 die Verteidigungshaushalte steigen. Das hat ein Nato-Gipfel vor vier Jahren in Wales einstimmig beschlossen. Jetzt gibt es Diskussion darüber, vor allem in Deutschland. Aber in Washington hält man an dem Zwei-Prozent-Ziel eisern fest, so der US-Gast: „Wir betrachten die Nato heute mehr als ein Bündnis von Gleichen – auch bei der Lastenteilung.“ Die Entwicklung Russlands mache die zwei Prozent wichtig.

Wir haben bei den Verteidigungshaushalten 25 Jahre des Kürzens, Schrumpfens und Sinkens hinter uns.

Ursula von der Leyen

Deutschland will die Verpflichtung auch erfüllen. Das hatten zuvor CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und Verteidigungsministerin von der Leyen bestätigt: „Das Ziel ist richtig. Wir müssen es mit allen Mitteln anstreben.“ Es sei ein Gebot der Fairness, „dass wir unsere Last tragen“.  Von der Leyen will allerdings deutsche Einsätze etwa in Mali oder anderswo eingerechnet sehen. Auch Norwegen steht fest zum Zwei-Prozent-Ziel, so der Verteidigungsminister aus Oslo: „Wir brauchen ein verlässliches Bündnis und wir wollen ein verlässlicher Bündnispartner sein.“ Das nordische Land hat eine 200 Kilometer lange gemeinsame Grenze mit Russland.

Um ehrlich zu sein: Zwei Prozent sind das Minimum.

Christopher Ford

Österreichs ehemaliger Kanzler Wolfgang Schüssel warnt dagegen  vor einer „gigantischen Aufrüstungsspirale“. Was von der Leyen nicht gelten lassen will. Nach dem Fall der Mauer 1989 hätten alle Nato-Länder ihre Verteidigungshaushalte enorm gekürzt, erinnert sie. In der Finanzkrise musste dann weiter gekürzt werden. Von der Leyen: „Wir haben 25 Jahre des Kürzens, Schrumpfens und Sinkens hinter uns.“ Jetzt sei das Umsteuern schwierig. „Wir rüsten nicht auf, wir modernisieren sehr altes Gerät.“

Bulgarische Sorgen

Ein interessanter Einwand kommt vom bulgarischen Premierminister Boyko Borissow. Nato-Partner Bulgarien will gerne sein Waffenarsenal, das noch aus sowjetischen Zeiten stammt, modernisieren: „Aber die französischen und amerikanischen Preise sind für uns tödlich – 180 Millionen Euro für ein Flugzeug!“ Und mit sieben oder acht Flugzeugen könne Bulgarien auch keine Sicherheit über dem Schwarzen Meer schaffen: „In ein paar Stunden sind wir einfach weg!“

Wir brauchen von den Amerikanern einen Rabatt, es ist alles zu teuer!

Boyko Borissow, Premierminister der Republik Bulgarien

Die Bulgaren hoffen auf eine partnerschaftliche Lösung: Der kleine Nato-Partner in geostrategisch wichtiger Lage „am Flaschenhals zwischen Europa und Asien“ bietet Truppenübungsplätze und Fliegerhorste, schützt eine Nato- und EU-Außengrenze und kämpft auch in Afghanistan mit. Borissow: „Wir sind hundertprozentig loyal und wir machen alles mit – aber wir brauchen von den Amerikanern einen Rabatt, es ist alles zu teuer.“

Wie umgehen mit Russland?

Wie umgehen mit Russland? Das ist die andere große Nato-Frage, auch im Transatlantischen Forum. Die Europäer müssten klar zu den Sanktionen stehen, betont CSU-Vize Manfred Weber. Stärke sei die Sprache, die Moskau verstünde. „Wenn wir nach der Krim-Annexion nicht Stärke gezeigt hätten – wie weit wäre Putin denn dann noch gegangen?“ Die Frage hat er von osteuropäischen Kollegen im Europa-Parlament gehört. Rückkehr zur bewährten Politik von Abschreckung und gleichzeitiger Entspannung mit Dialogangeboten, überlegt ein anderer Gast. Für den Dialog gibt es längst eingefahrene Strukturen, erinnert von der Leyen. Etwa den Nato-Russland-Rat. „Wir haben eine Friedensarchitektur, in der wir uns alle bemühen müssen.“

Wir müssen in der Ukraine-Frage ganz klar sein – und gleichzeitig zusammenarbeiten.

Frank Bakke-Jensen, Verteidigungsminister des Königreichs Norwegen

Für die pragmatischen Norweger ruhen die Beziehungen zum großen östlichen Nachbarn auf zwei Säulen: Erstens Norwegens fester Nato-Mitgliedschaft – und dann der Diplomatie. Für letztere hat Norwegen seit langer Zeit viele Kanäle zu den Russen, um über Grenzkontrollfragen zu reden, Fischfang, Rettungsaktionen oder Visa-Verlängerungen. Sogar über Verteidigungsfragen reden die Norweger in Moskau. In Oslo geht man mit Russland unkompliziert um: „Wir müssen in der Ukraine-Frage ganz klar sein – und gleichzeitig zusammenarbeiten.“