Der Familiennachzug in Zahlen
Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus bleibt bis Ende Juli ausgesetzt. Ab August soll maximal 1000 Betroffenen pro Monat der Nachzug erlaubt werden. Der Blick auf die Zahlen zeigt, wie wichtig diese Begrenzung ist.
Hintergrund

Der Familiennachzug in Zahlen

Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus bleibt bis Ende Juli ausgesetzt. Ab August soll maximal 1000 Betroffenen pro Monat der Nachzug erlaubt werden. Der Blick auf die Zahlen zeigt, wie wichtig diese Begrenzung ist.

Die Bundesagentur für Migration und Flüchtlinge (BAMF) berichtete in ihrer Jahresbilanz 2017 von einem Zugang von 187.000 neuen Asylsuchenden und von 223.000 entgegengenommenen Asylanträgen für das vergangene Jahr. Doch eine Zahl fehlt im BAMF-Zahlenwerk: die Anzahl der Personen, die per Familiennachzug ins Land gekommen sind. Sie haben ihren Aufenthaltstitel vom Auswärtigem Amt über ein Konsulat oder eine Botschaft per Visum erhalten und werden von der Bundesagentur nicht erfasst.

Das Auswärtige Amt beziffert die Zahl der 2017 erteilten „Visa zum Familiennachzug“ auf rund 118.000 − was bedeutet, dass 2017 fast 300.000 Flüchtlinge Deutschland erreichten. Aufschlussreich ist beim Familiennachzug auch die steigende Tendenz: 2014 erteilte das Auswärtige Amt rund 50.000 solcher Visa, 2015 waren es rund 70.000 und 2016 etwa 100.000. 2017 kamen noch einmal knapp 20 Prozent dazu. Ein Großteil der Familiennachzugsvisa ging an Syrer und Iraker, die seit Januar 2015 rund 102.000 Einreiseerlaubnisse erhielten − die Hälfte davon allein im Jahr 2017. Im November lagen deutschen Botschaften und Konsulaten im Mittleren Osten rund 50.000 neue Terminanfragen zur Beantragung eines Visums vor, schrieb kürzlich Der Spiegel.

Heutiger Beschluss begrenzt Nachzug signifikant

Mit Bezug auf ein internes Papier der Bundesregierung bezifferte die Bild-Zeitung die Anzahl der Syrer, die ab März 2018 berechtigt wären, ihre Familien nachzuholen, auf 390.000. Was jetzt der Kompromiss über das Ende des Familiennachzugs für subsidiär Geschützte weitgehend verhindert. Weil der Familiennachzug für solche Flüchtlinge schon vor zwei Jahren ausgesetzt wurde, gehen die 118.000 nachgezogenen Familienangehörigen des Jahres 2017 vor allem auf Personen mit anerkanntem Flüchtlingsstatus gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) zurück.

Am 30. September 2017 hielten sich knapp 580.000 Flüchtlinge mit GFK-Status in Deutschland auf. Das BAMF erteilte im vergangenen Jahr 124.000 Personen die Rechtstellung eines GFK-Flüchtlings. Sie haben ein Recht auf Familiennachzug, das im Laufe des Jahres 2018 vermutlich ausgeübt werden wird. Laut Bundesinnenministerium hielten sich am 30. September außerdem 177.000 Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz im Bundesgebiet auf. Ohne die heutige Parlamentsentscheidung hätten auch sie alle ab 18. März Familiennachzug beantragen können.

Das können sie nun nicht − aber sie können versuchen, bei den Verwaltungsgerichten den Status als GFK-Flüchtling einzuklagen und damit das Recht auf Familiennachzug. In den ersten neun Monaten des Jahres 2017 wurden von 546.000 BAMF-Entscheidungen 269.000 angefochten, also etwa die Hälfte. In knapp 24.000 von rund 54.000 getroffenen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte hatten die Kläger Erfolg, zumindest in der ersten Instanz – eine Erfolgsquote von 44 Prozent. Wenn es dabei bleibt, wird schon bald die Zahl der nachziehenden Familienangehörigen deutlich steigen.

Kosten für Familiennachzug tragen die Kommunen

Der Freistaat Bayern hat im Doppelhaushalt 2017/18 insgesamt 4,5 Milliarden Euro für Flüchtlinge, Asyl und Integration bereitgestellt, allein 2,7 Milliarden für Asylbewerber. Auf Bundesebene hat der Finanzminister 2017 rund 14 Milliarden Euro „asylbedingte Leistungen des Bundes“ als Ausgleichszahlungen an die Bundesländer bereitgestellt, nach Bayern flossen in den Jahren 2017/18 insgesamt 1,25 Milliarden als Ausgleich. Nachdem das BAMF seine Entscheidung getroffen hat, erhalten die Personen mit anerkanntem Asyl- und Flüchtlingsstatus nicht mehr Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sondern von den Arbeitsagenturen und Sozialhilfeträgern. Insofern sind ab diesem Zeitpunkt die Kommunen zuständig. Auch die meisten der 118.000 Angehörigen, die 2017 mit Familiennachzugsvisa nach Deutschland kamen, werden sich bei den kommunalen Sozialhilfeträgern melden.