Auch moderne Züge mit Hybrid-Antrieb sollen vermehrt in Bayern fahren. (Foto: Imago/Photothek)
Bahnverkehr

Strecken unter Strom

Bislang fährt in Bayern ein Großteil der Züge mit Dieselmotoren. Die Staatsregierung will auch bei der Bahn die Elektromobilität ausbauen. Dazu sollen Strecken elektrifiziert und neue, umweltschonende Antriebe getestet werden

Das öffentliche Schienennetz in Bayern umfasst 6700 Kilometer. Davon ist derzeit knapp die Hälfte – 3200 Kilometer – elektrifiziert. Um diese Quote deutlich zu erhöhen, startet die Staatsregierung jetzt eine Ausbauoffensive. Verkehrsminister Joachim Herrmann hat dazu im Kabinett ein Konzept vorgelegt: die „Bayerische Elektromobilitäts-Strategie Schiene zur Reduzierung des Dieselverkehrs im Bahnnetz in Bayern“ – kurz BESS genannt.

Elektrisch angetriebene Züge sind umweltfreundlicher, leiser, leistungsfähiger, wartungsärmer und in der Summe deutlich günstiger als Dieselzüge.

Verkehrsminister Joachim Herrmann

„Unser Ziel ist, auf der Schiene den Anteil des Dieselverkehrs zugunsten schadstoffarmer elektrischer Antriebe deutlich zu senken“, sagte Herrmann. Der Verkehrsminister betonte die Vorteile der Umstellung auf Strom: „Elektrisch angetriebene Züge sind umweltfreundlicher, leiser, leistungsfähiger, wartungsärmer und in der Summe deutlich günstiger als Dieselzüge.“ Herrmann schlug vor, die wichtigsten Schienenpersonenverkehrs-Strecken möglichst rasch zu elektrifizieren. Neben dem Bundesverkehrswegeplan sei dafür notwendig, dass der Bund wie angekündigt ein Sonderprogramm zur Elektrifizierung auflege. Bayern selbst wolle in seinem Regionalverkehrsnetz in den kommenden Jahren mindestens sechs Pilotprojekte für innovative Antriebstechniken finanzieren.

Sieben Strecken haben Vorrang

Zusätzlich zu den überregionalen Strecken, die im Bundesverkehrswegeplan aufgeführt sind, sieht Herrmann auch bei regionalen Strecken großen Bedarf für den Bau von Oberleitungen. Daher sollen aus bayerischer Sicht die Elektrifizierungen der folgenden sieben Bahnstrecken prioritär angepackt werden:

• die Strecke Aschaffenburg – Miltenberg inklusive. Hafenbahn Aschaffenburg (43 km; Unterfranken),
• die Strecke Ebersberg – Wasserburg a. Inn (19 km; Oberbayern),
• das Oberlandnetz mit den drei Teilstrecken Holzkirchen – Lenggries, Schaftlach – Tegernsee und Holzkirchen – Bayrischzell (84 km; Oberbayern),
• die Strecke Simmelsdorf-Hüttenbach – Neunkirchen am Sand (10 km; Mittelfranken),
• die Strecke Kaufering – Landsberg a. Lech (5 km; Oberbayern),
• die Strecke Markt Erlbach – Siegelsdorf (18 km; Mittelfranken),
• die Strecke Neu-Ulm – Memmingen – Kempten inklusive der Stichstrecke Senden – Weißenhorn (94 km; Schwaben).

Wie der Verkehrsminister erläuterte, basiert die Auswahl auf verkehrlichen Bewertungskriterien. Dazu gehören vor allem Kosten-Nutzen-Betrachtungen und weitere Aspekte wie insbesondere Umweltbelange. So sollen Dieselfahrten in die Ballungsräume hinein auch mit Blick auf die Luftreinhaltung deutlich reduziert werden. Herrmann rechnet bei den sieben Elektrifizierungsprojekten mit einem Investitionsbedarf von gut 600 Millionen Euro.

Hybridantriebe bei der Bahn

Um den Bahnverkehr in Bayern noch nachhaltiger zu machen, setzt die Staatsregierung zudem auf Fahrzeuge, die mit innovativen Antriebstechniken verkehren. „Den Fokus legen wir dabei insbesondere auf Strecken im Schienenpersonennahverkehr, die noch nicht konkret zur Elektrifizierung anstehen. Hier wollen wir rasch Pilotprojekte aufs Gleis bringen“, erklärte der Minister. Folgende Pilotprojekte soll die Bayerische Eisenbahngesellschaft gemeinsam mit den jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen im Freistaat in den nächsten Jahren umsetzen:

• Eco DeMe Train: Diesellokomotive mit zusätzlichem Stromabnehmerwagen) auf der Strecke Mühldorf – München (Oberbayern),
• Eco Train: Diesel-/Batterie-Hybrid mit Stromabnehmer auf der Strecke Schöllkrippen – Hanau (Unterfranken),
• Oberleitungs-/Batterie-Hybrid auf der Strecke Ebern – Bamberg (Unterfranken/Oberfranken),
• Oberleitungs-/Batterie-Hybrid auf der Strecke Gunzenhausen – Pleinfeld (Mittelfranken),
• Oberleitungs-/Diesel-Hybrid auf der Strecke Bogen – Straubing – Radldorf – Neufahrn (– Landshut) (Niederbayern),
• LOHC-Technik (Liquid Organic Hydrogen Carriers) auf den Strecken Augsburg – Füssen (Schwaben) und/oder Eichstätt Bahnhof – Eichstätt Stadt (Oberbayern),
• Oberleitungs-/Batterie-Hybrid auf der Strecke des bayerischen Oberlandnetzes (Oberbayern).

Elektrifizierungsquote soll steigen

Bis 2021 werde sich durch die Inbetriebnahme der mit massiver finanzieller Unterstützung Bayerns vorangetriebenen Ausbaustrecke München – Lindau die Elektrifizierungsquote im bayerischen Gesamtnetz auf rund 50 Prozent erhöhen, erläuterte Herrmann. Bei Realisierung der Projekte, die sich aktuell im „Vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans befinden, würde die Elektrifizierungsquote im Freistaat auf rund 57 Prozent steigen. Herrmann zeigte sich zuversichtlich, dass zudem noch weitere Strecken in Bayern mit Oberleitungen ausgestattet werden können.