Christian Schuchardt (CDU), Oberbürgermeister von Würzburg. (Foto: Daniel Peter)
Würzburg

Erfolg zwischen Weinbergen

Interview Würzburg liegt im engen Maintal – einerseits romantisch, andererseits mangelt es an freien Flächen. Wie die Stadt trotzdem zukunftsträchtiges Gewerbe ansiedelt, verrät OB Christian Schuchardt (CDU) im ersten Teil des BAYERNKURIER-Interviews.

Seit 2014 regiert Christian Schuchardt, der als gemeinsamer Kandidat von CSU, FDP und Würzburger Liste antrat, als erster CDU-Oberbürgermeister einer bayerischen Großstadt das unterfränkische Würzburg. Seine 4-Jahres-Bilanz kann sich sehen lassen.

Würzburg liegt wunderbar romantisch im engen Maintal, umgeben von Weinbergen. Das bedeutet aber auch einen Mangel an potenziellen Gewerbeflächen. Wie und wo siedeln Sie neue Firmen an?

Christian Schuchardt: Die romantische Lage Würzburgs ist einer der Punkte, die die Stadt so schön machen, sie aber gleichzeitig räumlich begrenzt. Deshalb müssen wir gezielt die noch vorhandenen Entwicklungsmöglichkeiten nutzen. Wir arrondieren dort, wo es ohne übermäßigen Landschaftsverlust noch möglich ist. Beispielsweise mit dem neuen, wenn auch relativ kleinen, vier Hektar großen Gewerbegebiet Würzburg Nord, dessen Erschließung in diesem Jahr abgeschlossen wird. Eine andere Erweiterungsmöglichkeit ist am Hubland, wo im Rahmen der Konversion der ehemaligen Leighton Kaserne neben 30 Hektar Park und 40 Hektar Wohnbauten auch sieben Hektar Gewerbeflächen entstehen, die bereits sehr gut nachgefragt werden. Die ersten Firmen haben schon mit dem Bauen begonnen. Aber Sie haben recht, die Flächen werden knapp, Neuausweisungen sind aus diversen Gründen schwierig und – falls überhaupt noch möglich – sehr langwierig. Aus diesem Grunde betreiben wir schon seit 2002 ein intensives Gewerbeflächenmonitoring, um nicht optimal genutzte Fläche zu erkennen, um dann zu versuchen, diese einer höherwertigen Nutzung zu zuführen und Brachen konsequent zu nutzen. Als weiteren Schritt bauen wir die Kontakte zu den umliegenden Gemeinden seit Jahren aus. Findet eine Ansiedlung wegen der Flächenengpässe bei uns nicht den geeigneten Rahmen, dann soll sie aber auf jeden Fall im Einzugsbereich Würzburgs bleiben – ein Kirchturmdenken wäre hier falsch. Denn Arbeitsplätze sind zentral für die Entwicklung eines Standortes. Diese müssen aber nicht immer am gleichen Ort sein wie die Gewerbesteuer – auch wenn das sehr positiv wäre.

Durch die Kontakte in die Hochschulen, die Wirtschaft und die Gründerszene haben wir es geschafft, dass in Würzburg ein echtes Gründerökosystem entstehen konnte.

Christian Schuchardt, Würzburger OB

Gerade im Bereich der Digital- und Kreativwirtschaft hat Würzburg einige bemerkenswerte Erfolge erzielt. Was steuert die Stadt dazu bei?

Viel. Und das seit Jahren. 2001 haben wir das Innovations- und Gründerzentrum (IGZ) im Gewerbegebiet Würzburg Ost zusammen mit dem Landkreis Würzburg, der IHK und der Sparkasse Mainfranken unter kräftiger Unterstützung durch den Freistaat auf den Weg gebracht. Das IGZ war und ist eine Keimzelle der Life Science, IT und Kreativentwicklung in Würzburg. Unsere Aktivitäten, die eng mit unserer Wirtschaftsförderung verknüpft sind, haben sich nicht auf das IGZ selbst und dessen Mieter beschränkt. Durch die Kontakte in die Hochschulen, die Wirtschaft und die Gründerszene haben wir es geschafft, dass in Würzburg ein echtes Gründerökosystem entstehen konnte. Seit rund vier Jahren beobachten wir, dass sich ein Gründerklima entwickelt hat, das dazu beiträgt, das Thema Start-Up voran zu bringen. Das sieht man auch an der wachsenden Zahl junger Gründungen. In der Zwischenzeit haben wir ganz pragmatisch geholfen, weiter Räume für Gründer nutzbar zu machen, indem wir zwei Start-Ups in der Innenstadt in leerstehenden Einzelhandelsimmobilien eingerichtet haben. Dort können Gründungswillige in einem sehr frühen Stadium problem- und risikolos ihre ersten Schritte machen. Kurzfristige Mietverträge, niedrige Kosten, zentrale Lage, gute Planbarkeit können wichtige Faktoren sein, das Gründen anzugehen. Zudem ist man in Würzburg bestens vernetzt: Über gruenden@wuerzburg gibt es ein formloses, aber effektives Netzwerk, in dem sich nahezu alle Akteure der Szene zusammengeschlossen haben. Mit dem Zentrum Digital Innovation (ZDI) haben wir einen weiteren Baustein im Gesamtkonzept verwirklichen können. Das ZDI wird dazu beitragen, noch mehr Ideen zu entwickeln und hoffentlich auch mehr dazu inspirieren, ein eigenes Unternehmen zu gründen.

Mindestens 15 Prozent der Wohnungen müssen nach den Richtlinien der Sozialwohnraumförderung errichtet werden.

Christian Schuchardt

Im sogenannten Hubland sollen neben zukunftsträchtigem Gewerbe und dem ZDI auch Wohnungen für bis zu 5000 Bewohner entstehen. Handelt es sich dabei nur um Luxuswohnungen für Gutverdiener – oder ist ein Teil davon auch für Normal- und Geringverdiener-Familien mit Kindern reserviert?

Bereits seit Beginn der Vermarktung haben wir uns das Ziel gesetzt, eine gute Mischung in den einzelnen Quartieren zu erreichen. So müssen beispielsweise mindestens 15 Prozent der Wohnungen nach den Richtlinien der Sozialwohnraumförderung errichtet werden. Diese Wohnungen werden ausschließlich an Personen und Familien vermietet, die festgesetzte Einkommensgrenzen nicht überschreiten – unabhängig davon, ob Sozialhilfe bezogen wird. Zwischenzeitlich wurde etwa die Hälfte der Wohnbauflächen veräußert. Die Zwischenbilanz zeigt, dass wir in Bezug auf den Zielgruppenmix auf einem guten Weg sind. Auch durch die Beteiligung an Baugemeinschaften haben Familien die Möglichkeit, günstiger an Wohnraum zu gelangen. Auf dem Hubland werden aus diesem Grund spezielle Baufelder für diese Bauform ausgewiesen. Durch die Mitwirkung von örtlichen Partnern wie Stadtbau Würzburg und Würzburger Wohnungsgenossenschaft wird die Gewinnmaximierung sicher nicht immer im Vordergrund stehen.

Kommunen sind bei Gewerbeansiedlungen immer in einer Zwickmühle: Moderne Gewerbebauten brauchen viel Platz, andererseits müssen Kommunen darauf achten, dass Flächenverbrauch und Bodenversiegelung nicht überhand nehmen. Wie schaffen Sie den Spagat?

Man muss lernen, mit dem umzugehen, was man zur Verfügung hat, und daraus das Beste zu machen. In Würzburg konnten wir schon seit Jahren keine großen flächenverbrauchenden Ansiedlungen mehr zulassen. Der zentrale Indikator für uns sind Arbeitsplätze. Ansonsten kann man nur versuchen, vorhandene Flächen intensiver zu nutzen, Brachen in Wert zu setzen und weniger intensiv genutzte Flächen intensiver zu nutzen. Wir hatten insofern etwas Glück, dass wir mit der Konversionsfläche am Hubland dringend benötigte Erweiterungsflächen, vor allem auch für den Wohnbau, bekommen haben und sie konsequent innerhalb weniger Jahre nutzen konnten.

Fortsetzung folgt – im zweiten Teil des Interviews. Das Interview führte Wolfram Göll.