Damit Polizisten effektiver gegen Terroristen und Kriminelle vorgehen können, hat der Ministerrat eine Neuordnung des Bayerischen Polizeirechts beschlossen. Konkret bedeutet dies: mehr Befugnisse für Beamte, beispielsweise bei der Spurensicherung oder beim Einsatz von Bodycams und Drohnen. Die Bürgerrechte – darunter das Recht auf Privatsphäre – werden zugleich durch die Umsetzung der europäischen Datenschutzvorgaben gestärkt, die den Richtervorbehalt ausweiten. Der BAYERNKURIER gibt einen Überblick über die Gesetzesänderungen.
Sicherung von DNA-Spuren
Polizisten, die beispielsweise die Werkstatt eines potentiellen Bombenbauers sicherstellen, dürfen künftig DNA-Spuren aufnehmen, auch wenn sie zunächst keiner Person zuzuordnen sind. Bisher war das nur möglich, wenn sie einen potentiellen Täter am Tatort antrafen. „Das verbessert die Chancen, den unbekannten Bombenbauer zu ermitteln, bevor er seine Vorbereitungen fortsetzen und zuschlagen kann“, sagt Innenminister Joachim Herrmann.
Jagd auf Hacker
In Sachen Cybercrime-Bekämpfung bekommt die Polizei ebenfalls mehr Rechte. Immer mehr Täter ergaunern sich im Netz Vermögenswerte in virtuellen Währungen, wie etwa „Bitcoins“. Dazu nutzen sie Schadsoftware wie Erpressungstrojaner. Der Polizei erlaubt die neue Regelung, virtuelles Geld zunächst zu sichern und Eigentümer zu ermitteln, unabhängig von einem Strafverfahren.
Mehr Bodycams und Drohnen
Der Einsatz von Bodycams soll bald in mehr Fällen möglich sein. Seit einem Jahr testen knapp 300 Beamte in München, Augsburg und Rosenheim unterschiedliche Modelle auf ihre Funktionalität und Wirkung. Eine Gesetzesänderung für die Testphase war nicht nötig, da die Bodycams nur dort eingesetzt werden, wo auch eine stationäre Videoüberwachung zulässig ist. Dazu haben die teilnehmenden Polizeiinspektionen bestimmte Bereiche als „gefährliche Orte“ ausgewiesen, an denen Angriffe auf Polizisten besonders häufig sind. Dazu zählen beispielsweise der Münchner Hauptbahnhof und sogenannte „Feiermeilen“ in den Innenstädten.


Aufgrund der deutlich erkennbaren Videoüberwachung erhofft sich Herrmann eine höhere Hemmschwelle, Polizeibeamte anzugreifen. Die kleinen Kameras tragen die Beamten an der Schulter. Sobald die Aufnahme startet, ertönt ein lautes Aufnahmesignal. Es macht Täter darauf aufmerksam, dass ihr Verhalten dokumentiert wird. Sämtliche Aufnahmen werden nach drei Monaten automatisch gelöscht – außer die Polizei hat sie für eine spätere Verwendung – etwa vor Gericht – ausgewählt. Die kleinen Schulterkameras sollen Polizisten künftig auch dann einsetzen können, wenn dies zum Schutz von potentiellen Opfern und Polizeibeamten erforderlich sei, sagt Herrmann. So sollen vor allem Opfer häuslicher Gewalt geschützt werden. Dort durften Polizisten aufgrund der bisherigen Rechtslage keine Bodycams einschalten.
Neue Regeln soll es künftig auch für den Einsatz von Drohnen geben. Derzeit testet die Polizei Multicoptersysteme etwa bei der Ortung von Handysignalen oder bei der Vermisstensuche. So leisten Drohnen eine wichtige Hilfe, wenn Polizeihubschrauber – beispielsweise witterungsbedingt – nicht fliegen können.
Hooligans müssen zahlen
Der neue Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass einem Störer ein Polizeieinsatz in Rechnung gestellt werden kann, wenn er diesen nachweislich verursacht hat. Laut aktueller Gesetzeslage kann es vorkommen, dass ein randalierender Hooligan, der mit seinem Verhalten nachweisbar einen Polizeieinsatz verursacht hat, nicht für die Kosten herangezogen werden kann. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ihm im späteren Strafverfahren nicht nachgewiesen werden kann, ob er selbst oder ein Mitverdächtiger im Pulk eine Straftat begangen haben.
Der Verursacher soll die Kosten tragen, nicht die Allgemeinheit.
Joachim Herrmann, bayerischer Innenminister
Datenschutz auf dem Prüfstand
Für mehr Datenschutz sind künftig Mitarbeiter der „Zentralen Datenprüfstelle“ verantwortlich. Sie sollen sicherstellen, dass bei der Wohnraumüberwachung, Online-Durchsuchung oder bei der automatisierten Überwachung der Telekommunikation erhobene Daten nur für die Ermittlungsarbeit verwendet werden, die nicht den Kern des Privatlebens betreffen. Die Anzahl der Fälle, wann es für polizeiliche Eingriffe die Zustimmung eines Richters benötigt, soll ausgeweitet werden: beispielsweise für längerfristige Observationen oder das Abhören des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auch außerhalb von Wohnungen. „Damit zeigen wir, wie moderne Polizeiarbeit funktioniert, ohne dass mehr Datenschutz zum Täterschutz führt“, sagt Herrmann.