Schwarzenegger auf der Konferenz. (Bild: BMUB/fkn)
Klimakonferenz

Streit um die Kohle

Ob der Ausstieg aus der Kohlenutzung oder die Finanzierung armer Länder - auf der 23. Weltklimakonferenz in Bonn gab es genügend Stoff für Diskussionen. Als erste Veranstaltung ist sie umweltfreundlich und nachhaltig zertifiziert worden.

Die deutsche Energiewende gilt auf den Klimagipfeln der Weltgemeinschaft als Vorzeigemodell. Auch auf dem diesjährigen UN-Klimagipfel in Bonn, der am 17. November endet. Doch Deutschlands Ziel, den CO2-Ausstoß bis Ende des Jahres 2020 um vierzig Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, ist in weiter Ferne. Aktuelle Berechnungen des Bundesumweltministeriums zeigen: Ändert sich nichts, wird Deutschland sein Versprechen auf keinen Fall halten können.

Dabei rennt die Zeit davon. Der Meeresspiegel, wie zuletzt in der Karibik, steigt. Extreme Wettereinbrüche verursachen Rekordschäden. Grund dafür sehen die meisten Forscher im Klimawandel, der laut ihren Prognosen immer schneller voranschreitet. Der Premierminister des karibischen Inselstaats Dominica, Roosevelt Skerrit, schilderte in drastischen Worten, wie die Menschen beim Hurrikan „Maria“ fliehen mussten. Große Teile der Infrastruktur und Wälder seien zerstört worden. Jamaikas Wirtschaftsminister Daryl Vaz sagte am Ende seiner Rede: „Das Wichtigste ist: Es ist nun Zeit zum Handeln – viel eher als weiter zu reden.“

Kohle ja oder nein?

Kanzlerin Angela Merkel weiß das, sie ist Naturwissenschaftlerin. Nur wenn Investitionen klimafreundlich seien, „können wir unseren Wohlstand in Zukunft sichern“, sagte sie auf der Weltklimakonferenz. Sie bekräftigte, dass Deutschland zum Pariser Klimaabkommen stehe. Merkel sagte auch, dass die bisher registrierten nationalen Klimaziele nicht ausreichen würden, um das Pariser Versprechen zu erfüllen – die Erderwärmung deutlich unter zwei Grad zu halten. Doch müsste die Bundesregierung dafür quasi sofort den Kohleausstieg beschließen. „Das werden wir in den nächsten Tagen ganz präzise diskutieren müssen“, sagte die Kanzlerin abschließend.

Allianz für den Kohleausstieg

In Berlin ringen die Jamaika-Unterhändler noch um den Kohleausstieg. In Deutschland werden rund 40 Prozent des Stroms aus Kohle erzeugt, Grundlastfähig, weil wetterunabhängig. Eine Mehrheit (64 Prozent) der Deutschen plädiert trotz dieser Bedeutung dafür, die Kohlekraftwerke in Deutschland abzuschalten, um die Klimaziele bis zum Jahr 2020 zu erreichen. Dafür würden sie auch den Verlust von Arbeitsplätzen oder höhere Stromkosten in Kauf nehmen, laut aktueller Politbarometer-Umfrage.

Auch auf der Klimakonferenz bekannten sich einen Tag nach Merkels Rede etliche Länder zum Ausstieg. Großbritannien, Kanada und 23 andere Staaten schlossen sich zu einer internationalen Allianz „Powering Past Coal Alliance“ für den Kohleausstieg zusammendarunter Frankreich, Italien, Österreich, Finnland, Mexiko, Portugal, Costa Rica und die Marshallinseln, aber auch einzelne Provinzen wie das kanadische British Columbia. Die Abkehr von der Kohle-Energie sei der richtige Schritt, sagte Kanadas Umweltministerin Catherine McKenna. „Wir schulden es unseren Kindern“, betonte sie. Die britische Regierung erklärte, bis 2025 alle Kohlekraftwerke abschalten zu wollen. Deutschland ist nicht dabei, weil es erst nach der Regierungsbildung darüber entscheiden will.

Streit ums Geld

Uneinigkeit herrschte über das Geld. Die Konferenz komme viel zu langsam voran, kritisierte die Außenministerin von Ecuador, Maria Fernanda Espinosa. Ecuador hat derzeit den Vorsitz der Gruppe G77, die aus 134 Entwicklungs- und Schwellenländern besteht. Diese seien besorgt wegen des geringen Fortschritts beim Thema Finanzen „und dem mangelnden Willen von Industrieländern, bei diesem Thema weiter zu kommen“. Umstritten war vor allem noch, aus welchen Quellen künftig der Fonds zur Anpassung der armen Länder an den Klimawandel gespeist werden soll. Der deutsche Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth betonte dagegen, dass wesentliche Aufgaben der Bonner Konferenz gelöst seien. Bei der Arbeit am Regelbuch für das Klimaabkommen von Paris sei man gut vorangekommen. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass Bonn kein abgeschlossenes Regelbuch liefern soll, sondern nur Textentwürfe dafür. Das Regelbuch soll im kommenden Jahr im polnischen Kattowitz vereinbart werden. Flasbarth sagte: „Der Geist von Paris ist zu spüren und ironischerweise ist es ja so, dass die Ansage von Präsident Trump, das Klimaabkommen verlassen zu wollen, das Gegenteil bewirkt hat.“

Die Welt sei näher zusammengerückt – und zwar nicht nur auf der Staatenebene. Die Regionen und Städte hätten jetzt die enorme Bedeutung des Abkommens für sich erkannt. Das habe „viel mehr Energie ausgelöst, als Herr Trump auslöschen konnte“. Auch die Verhandlungen seien konstruktiv, „da spielen auch die Amerikaner keine destruktive Rolle“. Das bestätigte auch Hollywood-Star Arnold Schwarzenegger. „Das Trump das Klimaabkommen aufgekündigt hat, bedeutet gar nichts“, beteuerte er. Kalifornien und andere wichtige US-Bundesstaaten hätten ihre Klima-Anstrengungen nun noch verstärkt. „Kalifornien führt die Revolution der alternativen Energien an“, sagte Schwarzenegger.

Auch Bonn hat einen Anfang gemacht: Fahrräder, Elektro-Shuttles, 50 Trinkwasserbrunnen und fast keine Parkplätze – als erste Weltklimakonferenz ist sie offiziell von der Organisation EMAS als umweltfreundlich und nachhaltig zertifiziert worden.

Ein Stück New York in Bonn

Deutsche Polizeiuniformen suchte man auf der Weltklimakonferenz vergeblich. Auf dem Areal hinter der Deutschen Welle, wo die Delegierten aus 193 Ländern hauptsächlich verhandelten, endete nämlich die Zuständigkeit der deutschen Polizei. Die rund 90.000 Quadratmeter waren während der Konferenz exterritoriales Hoheitsgebiet der UN. „Es ist so, als hätten wir einen Teil unseres Hauptquartiers in New York nach Bonn verpflanzt“, sagte UN-Sicherheitschef Kevin O’Hanlon, der den Einsatz in Bonn leitet, dem Generalanzeiger. Der 51-jährige Ire hat 85 Polizisten aus aller Welt mitgebracht. Der einzige Deutsche unter ihnen stammt aus Mainz.

(dpa/AS)