Blick vom Olympiaturm aus auf München. (Bild: Imago/MiS)
Bevölkerung

Der Druck auf München wächst

Wie viele Babys, Singles oder Pendler gibt es in München, wo wohnen sie und welche Trends lassen sich daraus ableiten? Antworten gibt das aktuelle Statistische Jahrbuch 2017. Auch darüber, was der Brexit für München bedeutet.

Die Stadt München weckt Assoziationen weit über die bayerischen Landesgrenzen hinaus: an das Oktoberfest, den Englischen Garten, die Nähe zu den Bergen und nicht zuletzt an den FC Bayern. Die Bilder, die die Welt von der Landeshauptstadt zu sehen bekommt, führen allerdings auch zu Stereotypen in den Köpfen der Nicht-Bayern. Ein Blick in das aktuelle Statistische Jahrbuch 2017 räumt unter anderem mit Vorurteilen auf. Deutlich wird auch, vor welchen enormen Herausforderungen die Metropole steht.

München wächst weiter

Während in Deutschland die meisten Menschen zwischen 50 und 54 Jahre alt sind, ist München eine junge Stadt. Die Alterspyramide gleicht einer Tanne: die meisten Bürger haben ein Alter von Ende zwanzig bis Mitte dreißig Jahre. Grund dafür sind die seit Jahren steigenden Geburtenraten und der hohe Migrantenanteil. Seit zehn Jahren kommen in München immer mehr Babys zur Welt. Insgesamt wurden 18.107 Münchner Kindl im Jahr 2016 geboren. Das waren rund 1000 Lebendgeborene mehr als im Jahr zuvor, ein Anstieg von knapp sechs Prozent. In der Weihnachtszeit zeugen die Münchner übrigens die meisten Kinder – der August ist der mit Abstand geburtenreichste Monat. Die Mütter sind bei der Geburt durchschnittlich 34 Jahre alt. Ihrem Neugeborenen geben sie am liebsten den Namen Emilia oder Maximilian.

Vor drei Jahren überstieg die Einwohnerzahl der Landeshauptstadt das erste Mal die 1,5-Millionen-Grenze. Der Trend hält an. Inzwischen sind es 1.542.860 Einwohner. Dabei zeigt die Zahl der in München lebenden Migranten, dass die Metropole durchaus eine Weltstadt ist, in der Integration gelebt wird. 437.164 Menschen haben einen ausländischen Pass. Mit 52 Prozent stammen über die Hälfte von ihnen aus der Europäischen Union. Zur größten Ausländergruppe zählen 39.011 türkische Mitbürger.

Dabei hat auch der Brexit die Bevölkerungsentwicklung Münchens beeinflusst: 59 britische und nordirische Personen wurden 2016 eingebürgert – eine Verdreifachung der Zahl gegenüber 2015. Damit landete das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland erstmals unter den Top zwanzig der Herkunftsländer. Insgesamt wurden mit 3.443 Einbürgerungen 14 Prozent mehr Menschen im Jahr 2016 eingebürgert als im Jahr zuvor, der Großteil von ihnen Türken (242).

Wer lebt wo?

Die meisten Kinder leben in Trudering-Riem. Dort sind 20,4 Prozent der Menschen jünger als 18 Jahre. Den höchsten Seniorenanteil hat Hadern. Insgesamt leben in München 367 Menschen, die 100 Jahre oder älter sind. Die meisten Singles, mehr als zwei Drittel, haben sich in der Maxvorstadt angesiedelt. Insgesamt sind in München knapp 55 Prozent aller Haushalte Single-Haushalte. Laut einer GfK-Studie aus dem Jahr 2015 gibt es deutschlandweit keine andere Großstadt mit so vielen Alleinstehenden. Von den insgesamt 832.810 Privathaushalten leben aber nur in 17 Prozent der Wohnungen Kinder. Über die Hälfte von ihnen hat keine Geschwister.

Der Großteil von Münchens genehmigten Wohnungen entsteht in Neubauten. Insgesamt wurden 2016 in der Stadt München 9.660 Wohnungen genehmigt, seit zehn Jahren die höchste Zahl. Fertiggestellt wurden im vergangenen Jahr insgesamt 7815 Wohnungen. Mit elf fertiggestellten Wohnungen auf 1000 Einwohner führt Aubing-Lochhausen-Langwied die Statistik an. Dabei zählt der Stadtteil auch zu den größten der insgesamt 25 Bezirke.

Die Wirtschaft boomt

Einen Höchststand erreichte 2016 die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Wohnort München mit 626.608. Dies entspricht einem Anstieg von 36,6 Prozent im Vergleich zum Beginn der Aufzeichnungen vor knapp zwanzig Jahren. Gleichzeitig erreichte die Arbeitslosenquote mit 4,2 Prozent (bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen in der Landeshauptstadt) einen Tiefstand.

Neben dem Arbeitsmarkt hält der Aufwärtstrend auch an den Universitäten an. Seit dem Wintersemester 2008/09 wuchs die Münchner Studentenschaft um etwa ein Drittel. 117.971 Frauen und Männer besuchten im Wintersemester 2015/2016 die Vorlesungen der 17 öffentlichen und privaten Hochschulen.

Erstmals hat München auch die 200.000er-Marke von zugelassenen fabrikneuen Fahrzeugen überschritten, davon 195.016 Pkw-Neuzulassungen. Im Vergleich zu 2015 eine Zunahme von 7,2 Prozent. Im Durchschnitt kommen in München 39 Autos auf 100 Einwohner. Die höchste Privat-Pkw-Dichte gibt es in Allach-Untermenzing. Der Bedarf an Sportwagen scheint jedoch gedeckt. Die Zahl der Neuzulassungen nahm 2016 um ein Viertel gegenüber dem Jahr zuvor ab.

Mehr Menschen pendeln in die Landkreise

Interessant ist ein Blick auf die Pendlerstatistik: mit insgesamt 368.251 Arbeitnehmern, die von ihrem Wohnort im Umland in die Stadt fahren, hat die Zahl der Pendler um zwanzig Prozent zugenommen im Vergleich zu vor zehn Jahren. Vor allem in Freising und Starnberg überwiegt die Zahl der Einpendler nach München. Gleichzeitig ist aber die Zahl derjenigen um 50 Prozent gestiegen, die aus der Stadt zu einem Arbeitsplatz in den Landkreis München fahren.

Modellgebiet für die Stadtentwicklung

Die Zahlen machen deutlich: Der Siedlungsdruck in München ist größer als anderswo im Land. Andererseits hat die Stadt kaum noch Flächen, die sie für Wohnungen, Gewerbe oder Freiflächen nutzen kann. Der Druck macht deutlich, dass München früher als andere deutsche Städte neue Lösungen entwickeln muss. Im Referat für Arbeit und Wirtschaft werden zum Beispiel seit einiger Zeit neue Wege gesucht, Unternehmensgründer nach München zu locken. Gemeinsam mit der TU München soll im Kreativquartier das „Munich Urban Colab“ entstehen, das Start-ups, etablierten Unternehmen und Wissenschaftlern Raum gibt, um gemeinsam an Innovationen zu arbeiten. In Freiham testet die Münchner Verkehrsgesellschaft MVG spezielle Car-Sharing-Konzepte. Zudem soll in dem neuen Stadtteil im Münchner Westen neben innovativen Energiekonzepten auch ein Bildungscampus mit vielen Grünflächen entstehen. Das Modellgebiet könnte Vorbild für die gesamte Stadt werden.

Tierpark statt Kino

Und was treiben die Münchner in ihrer Freizeit? Kino- und Schwimmbadbesuche haben im Vergleich zu 2015 deutlich abgenommen: Knapp zehn Prozent weniger Kinogänger und fünf Prozent weniger Menschen, die 2016 in ein Hallenbad gingen. Auch in den Freibädern war weniger los, Grund dafür ist der weniger heiße Sommer 2016. Der Tierpark Hellabrunn hat jedoch nicht an Attraktivität eingebüßt. Im vergangenen Jahr besuchten 2.228.268 Besucher den Zoo, kaum weniger als im Rekordjahr 2014.