Die Schmiede war ein Highlight auf der "Langen Nacht der Ausbildung" der Bauer AG. (Bild: AS)
Ausbildung

Faszination Handwerk

Wie lassen sich junge Menschen für handwerkliche Berufe begeistern? Das zeigte das Unternehmen Bauer AG an der "Langen Nacht der Ausbildung". Das bunt gemischte Publikum konnte dabei selbst in Aktion treten - ob im Bohrsimulator oder an der Schmiede.

Franziska Tremmel nimmt eine Eisenstange aus der Glut und schlägt mit dem Hammer auf das glühende Ende der Stange. Nach ein paar Schlägen gleicht das Endstück einer Spitze. „Sieht doch schon ganz gut aus“, lobt Max Zieglmeier. Der 20-Jährige ist im vierten Lehrjahr und steht kurz vor seiner Abschlussprüfung zum Industriemechaniker bei der Bauer AG. An diesem Freitagabend zeigt er der 13-jährigen Schülerin Franziska, wie Absteckeisen für Baustellen geschmiedet werden. Rund 300 interessierte Jugendliche kamen am 20. Oktober zur „Langen Nacht der Ausbildung“ in die Werkshalle des Ausbildungszentrums der Bauer AG, dem Weltmarktführer für Spezialtiefbau, in Schrobenhausen.

„Hauptsache, der Job macht Spaß“

Die alte Schmiede ist neben dem Bohrsimulator der größte Anziehungspunkt für die Jugendlichen. Franziska plant, nach ihrem Schulabschluss eine Ausbildung zur Kfz-Mechanikerin zu absolvieren. Mit ihrem Vater hat sie bereits einen Ölmotor zerlegt. „Ich möchte auf jeden Fall etwas Handwerkliches machen. Mechaniker ist zwar eher ein Beruf für Buben, aber mir ist das egal, Hauptsache der Job macht Spaß“, sagt sie. Bei der Bauer AG hätte sie beispielsweise die Möglichkeit, sich zum Industrie-, Konstruktions- oder Zerspanungsmechaniker ausbilden zu lassen. Insgesamt 16 verschiedene Ausbildungsplätze in den gewerblichen, technischen und kaufmännischen Bereichen bietet das Schrobenhausener Unternehmen an. Jedes Jahr beginnen dort 45 Jugendliche ihre Ausbildung. Insgesamt arbeiten derzeit 145 Azubis bei der Bauer AG. „Die lange Nacht der Ausbildung bietet eine gute Chance, sich nicht nur über die vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten zu informieren, sondern auch aus erster Hand zu erfahren, wie es ist, bei Bauer zu arbeiten“, sagt Ausbildungsleiter Gerhard Piske.

Kulturschock in China

Zieglmeier ist mit seiner Ausbildung sehr zufrieden. „Es macht Spaß, ich bin mit vielen Menschen in Kontakt, beispielsweise auf der Baustelle, und ich lerne noch Dinge, die es in anderen Ausbildungen gar nicht mehr gibt“, sagt er. Beispielsweise das Schmiedehandwerk. Früher war die Schmiede eine eigene Abteilung, inzwischen ist sie nur noch eine Ergänzung zur Ausbildung. „Ich habe hier noch mit einem echten Schmiedemeister gelernt, Werkzeuge zu schmieden“, erinnert sich Ausbilder Gerhard Schmid. Das war vor 40 Jahren. Sein Leben lang ist er der Bauer AG treu geblieben und bildet inzwischen selbst Jugendliche aus. „Für mich ist es das Größte, wenn ich ihnen später im Berufsleben begegne und sehe, wie die jungen Leute ihren Weg machen und weiß, ich habe ihnen eine Schubser geben können“, sagt Schmid.

Für mich ist es das Größte zu sehen, wie die jungen Leute ihren Weg machen.

Gerhard Schmid, Ausbilder bei der Bauer AG

Zieglmeier schätzt an der Ausbildung auch die Möglichkeit, ins Ausland gehen zu können. Fünf Wochen war er in China. „Das war ein echter Kulturschock: 35 Grad und auch die Verständigung mit den chinesischen Kollegen war nicht immer einfach“, sagt er. Kommunikation ist am heimischen Standort schon einfacher – und wird groß geschrieben. „Wenn wir mittags Pause machen und 50 Leute zusammen beim Mittagessen sitzen, ist das wie eine große Familie“, sagt Melanie Brückl, die ihre Ausbildung zur Industriekauffrau macht. Jenny Falter, ebenfalls im zweiten Lehrjahr, gefällt die Abwechslung. „Hin und wieder können wir mit auf die Baustellen fahren und uns die Teile anschauen, die wir bestellen. Auch eigene Videoclips für das Marketing haben wir gedreht“, sagt sie.

Ausflug auf die Baustelle

Die Baustelle im fünf Kilometer entfernten Werk Aresing bekommen die jungen Besucher an diesem Abend ebenfalls zu sehen.

Auf dem Trainingsparcours beobachten sie fasziniert, wie sich das 100 Tonnen schwere Bohrgerät 50 Meter tief in den Boden gräbt. „Für dieses Bohrgerät haben wir einige der montierten Endschalter gefertigt“, erklärt Zieglmeier. Nach seiner Ausbildung wird er von der Bauer AG übernommen und kann sich vorstellen, auch einmal in Führungspositionen für das Unternehmen zu arbeiten.

Wer noch keine genauen Karrierevorstellungen hat, kann ein bis zu zweiwöchiges Betriebspraktikum absolvieren. Darüber hinaus kommt auch das Projekt „(M)Einblick – Vertiefte Berufsorientierung“ in Kooperation mit Realschulen sowie Unternehmen aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen und der Agentur für Arbeit gut an. Dabei bieten Schnuppertermine Schülern bereits während der Schulzeit die Chance, einen Einblick in die Praxis zu bekommen.

Praktikum für Asylbewerber

So eine Möglichkeit möchte auch Diar Hassan aus Syrien nutzen. Über den örtlichen Fußballverein hat er Hobbyspieler Georg Huster kennengelernt. Der 52-jährige Schrobenhausener unterstützt den 15-jährigen Flüchtling dabei, mithilfe verschiedener Praktika die Berufswelt kennenzulernen. Die lange Nacht der Ausbildung ist für Diar eine Chance, sich bei den Ausbildern persönlich vorzustellen. „Ich helfe Diar dabei, eine Ausbildung zu finden, denn Bildung ist bei der Integration das Allerwichtigste“, sagt Huster.

Vom Fachkräftemangel habe die Bauer AG bislang noch nicht viel gespürt, sagt Ausbildungsleiter Piske. Er halte es aber für wichtig, dass das Image der handwerklichen Berufe verbessert werde. „Wenn uns die Fachkräfte fehlen, die mit ihren Händen etwas herstellen, dann haben wir verloren“, sagt Piske. Deshalb sei die Bauer AG auch auf sehr vielen Berufsbildungsmessen vertreten. Die lange Nacht der Ausbildung hat sich als erfolgsversprechende Rekrutierung bewährt. „Nach der ersten Veranstaltung im vergangenen Jahr konnten wir ein Viertel der Besucher als Praktikanten oder Azubis gewinnen“, sagt Piske. Vielleicht gehört Franziska Tremmel im kommenden Jahr auch dazu.

Bauer AG: Weltmarktführer für Spezialtiefbau

Das Unternehmen Bauer AG, gegründet 1790 mit Sitz im oberbayerischen Schrobenhausen, ist Anbieter von Dienstleistungen, Maschinen und Produkten für Boden und Grundwasser. Mit über 110 Tochterfirmen verfügt Bauer über ein weltweites Netzwerk in 70 Ländern.

Die Geschäftstätigkeit des Konzerns ist in drei Segmente aufgeteilt: Bau, Maschinen und Resources. Das Segment Bau bietet innovative Spezialtiefbauverfahren an und führt Gründungen, Baugruben, Dichtwände und Baugrundverbesserungen aus. Im Segment Maschinen ist Bauer als einer der Weltmarktführer Anbieter von Geräten für den Spezialtiefbau sowie für die Erkundung, Erschließung und Gewinnung natürlicher Ressourcen. Im Segment Resources konzentriert sich Bauer auf hochinnovative Produkte und Services für die Bereiche Wasser, Umwelt und Bodenschätze.