Mehr Geld für die Bundeswehr
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen weist SPD-Kritik an der Erhöhung der deutschen Militärausgaben zurück. Zurzeit werden 1,26 Prozent des BIP dafür ausgegeben. Bis 2024 sollten es zwei Prozent sein, so wie in der Nato beschlossen.
Militär

Mehr Geld für die Bundeswehr

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen weist SPD-Kritik an der Erhöhung der deutschen Militärausgaben zurück. Zurzeit werden 1,26 Prozent des BIP dafür ausgegeben. Bis 2024 sollten es zwei Prozent sein, so wie in der Nato beschlossen.

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und SPD Fraktionschef Thomas Oppermann kritisierten in einem gemeinsamen Zeitungsartikel Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen dafür, dass sie verabredungsgemäß an dem Zwei-Prozent-Ziel für Verteidigungsausgaben festhalten will, das die NATO 2014 vereinbarte. „Nein zum ‚Zwei-Prozent-Ziel‘ von Trump und CDU/CSU. Es ist nicht nur unrealistisch, sondern schlichtweg das falsche Ziel.“ Denn Deutschland wäre dann die mit Abstand größte Militärmacht Europas, argumentieren Schulz und Oppermann in der Berliner Morgenpost. „Das kann niemand wollen – allein aufgrund unserer Vergangenheit.“ Die beiden ‚SPD-Politiker reden stattdessen vom „gezielten Aufbau der Europäischen Verteidigungsunion“: „Unser langfristiges Ziel ist eine europäische Armee.“

Erstes Problem: Die europäischen Partner setzen auf mehr europäische Zusammenarbeit, aber eben nicht auf eine Europäische Armee.

Die Fakten

Und die größte Militärmacht? Würde ein Mehr an Verteidigungsausgaben wirklich mehr Militär bedeuten oder würde nicht schon die dringend notwendige Modernisierung der Bundeswehr alle Mehrausgaben verschlingen? Im vergangenen Jahr „stand die kleinste Bundeswehr aller Zeiten einem Aufgabenspektrum gegenüber, das aufgrund der unterschiedlichsten Anforderungen im In- und Ausland facettenreich war wie nie zuvor“. So formulierte es der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, der SPD-Abgeordnete Hans-Peter Bartels, diesen Januar in seinem Jahresbericht.

Von 1990 rund 500.000 Bundeswehrsoldaten gab es im Juni 2016 nur noch 166.523 Berufs- und Zeitsoldaten sowie 9492 freiwillige Wehrdienstleistende. Die „kleinste Bundeswehr aller Zeiten“ ist trotzdem das, was die Bundeswehr von 1990 nicht war: eine Armee im Einsatz. Ende 2016 befanden sich etwa 3300 Soldaten in 13 mandatierten Auslandseinsätzen zwischen Kosovo, Westsahara, Mali, Somalia, Irak oder Afghanistan.

Die kleinste Bundeswehr aller Zeiten

Die „kleinste Bundeswehr aller Zeiten“ ist auch eine materiell besonders schlecht ausgestattete. Von „enormen Lücken bei Personal und Material“ schreibt der Wehrbeauftragte: „Es ist von allem zu wenig da.“ Der Mangel mache sich überall bemerkbar: „Schweres Großgerät wie Panzer, Hubschrauber und Schiffe, aber auch Munition und persönliche Ausrüstung für die Soldatinnen und Soldaten von Uniformen über Nachtsichtgeräte bis hin zu Schutzbekleidung fehlen.“

Bei der Marine ist der Bedarf an einsatzfähigen Schiffen groß.

Bericht des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages vom 24. Januar 2017

2017 ist der Verteidigungshaushalt um 2,7 Milliarden auf 37 Milliarden Euro gestiegen – etwa 1,26 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Bis 2020 soll sich der Verteidigungshaushalt auf dann 39 Milliarden Euro erhöhen. Zu wenig, „um das Schließen der personellen und materiellen Lücken in der Bundeswehr zu gewährleisten“, warnte der SPD-Wehrbeauftragte.

Zwei-Prozent-Ziel der Nato

Besserung ist in Sicht. 2014, auf dem Nato-Gipfel in Wales, beschlossen alle Nato-Partner, sich bis zum Jahr 2024 an das Ziel von zwei Prozent des BIP für Verteidigungsausgaben anzunähern. Nach heutigen Zahlen würde das für Deutschland einem Verteidigungshaushalt von etwa 60 Milliarden Euro entsprechen – bei anhaltendem Wirtschaftswachstum auch mehr. Auf dem Brüsseler Nato-Gipfel diesen Mai hat US-Präsident Donald Trump nachdrücklich auf die Einhaltung des Beschlusses von Wales gepocht. Widerspruch dagegen hat es in Brüssel nicht gegeben, übrigens auch nicht von der SPD in der Bundesregierung.

SPD gefährdet die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr

Bundesverteidigungsministerin von der Leyen sagte im Gespräch mit der gleichen Zeitung zu den SPD-Vorwürfen: „Wenn die SPD jetzt den schrittweisen Aufwuchs der Investitionen ablehnt, verabschiedet sie sich von der eingeleiteten Modernisierung der Bundeswehr und den Trendwenden für mehr Personal und Material.“ Womit sie impliziert: Die SPD gefährdet die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr. Die SPD zerstöre mit ihrem „total verkorksten Wahlkampf blindlings das Vertrauen unserer Soldatinnen und Soldaten genauso wie das befreundeter Nationen“, warnte die Ministerin.

Ich kenne keinen europäischen Nachbarn, der irgendetwas anderes erwartet, als dass Deutschland sein Versprechen hält.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen

Von der Leyen weiter: „Ich kenne keinen europäischen Nachbarn, der irgendetwas anderes erwartet, als dass Deutschland sein Versprechen hält.“ Zudem gebe es zur Solidarität im Nato-Bündnis weder sicherheitspolitisch noch finanziell eine Alternative, so von der Leyen: Die SPD mache sich etwas vor, „wenn sie glaubt, dass Sicherheit in Europa billiger zu haben ist als unter dem Schutzdach der Nato“.

Weißbuch: Bessere Ressourcenausstattung für die Bundeswehr

Unterdessen nimmt für die Bundeswehr „die Zahl der Einsätze uns Missionen zu“, erinnerte vor einem Jahr das neue „Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“. Ein wirksamer Beitrag zu Verantwortung und Führung Deutschlands erfordere, „Aufgabenspektrum und Ressourcenausstattung der Bundeswehr wieder in Einklang zu bringen“. Denn derzeit sei die Bundeswehr „hinsichtlich ihrer Strukturen und Ressource zur Erfüllung dieser Zielsetzungen nicht in dem angestrebten Umfang aufgestellt“. Soll heißen: Für mehr Einsätze braucht die Bundeswehr mehr Geld und Material.

Das Weißbuch wurde im Juli 2016 als „das oberste sicherheitspolitische Grundlagendokument Deutschlands“ von der Bundesregierung abgesegnet – und der gehörte damals auch die SPD an. Interessant liest sich eine Erinnerung des Wehrbeauftragten: 1984 beliefen sich die Verteidigungsausgaben der damaligen Bundesrepublik Deutschland auf 3,3 Prozent des BIP.