CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann. (Foto: CSU)
Wahlkampf

Schwarzer Sheriff in Ingolstadt

Klartext-Veranstaltung mit CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann: Altersarmut, öffentlicher Personennahverkehr für Senioren, Asyl, Leitkultur. Darüber wollen die Wähler reden – und natürlich über das große Thema Sicherheit.

Ingolstadt boomt. Erst seit 1989 hat die Industriestadt an der Donau mehr als 100.000 Einwohner. Heute sind es schon 133.000. Bei steigender Tendenz: Bayerns fünftgrößte Stadt zählt zu den am schnellsten wachsenden Großstädten im ganzen Land. Wer am Abend auf dem Ingolstädter Bahnhof auf den ICE nach München wartet, kann erleben, wie drei lange Güterzüge gleichzeitig durchfahren. Ingolstadt boomt weil Bayern boomt.

Ingolstadt ist der richtige Ort für den Auftakt der „Klartext“-Wahlkampfveranstaltungen: Neun Mal stellen sich bis zum 19. September CSU-Kandidaten in allen Regierungsbezirken den Fragen der Wähler – und sprechen Klartext. CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann wird fünf Mal dabei sein.

Fans vor dem Theatersaal

Bayerns Innenminister ist populär in Ingolstadt: Vor dem Theatersaal warten 20 Schwarze-Sheriff-Hüte auf Fans, Herrmanns liebste Faschingstracht. Sie gehen weg wie die warmen Semmeln. Den Damen stehen sie besonders gut. Das Thema Sicherheit brennt den Wählern unter den Nägeln. Bayern steht dabei besonders gut da. „Aber Sicherheit ist kein Zustand, den man herbeischnippen kann“, erinnert Ingolstadts Bundestagsabgeordneter Reinhard Brandl: Dafür müsse man jahrzehntelang arbeiten – mit der richtigen Personalpolitik, einem ordentlichen rechtlichen Rahmen und mit Rückendeckung für die Polizei.

Wir sind seit Jahren das sicherste Bundesland.

Innenminister Joachim Herrmann

„Wir sind seit Jahren das sicherste Bundesland“, sagt auch Herrmann: „Das fällt nicht vom Himmel, sondern ist das Ergebnis konsequenter Arbeit.“ Beim G20-Gipfel in Hamburg konnte man sehen, was passiert, wenn es daran fehlt. Ursache der dortigen Gewalt war, dass Hamburg jahrzehntelang nichts gegen eine gewaltbereite Hausbesetzerszene unternommen habe. Im Freistaat gilt dagegen die Losung von Herrmanns Innenminister-Vorgänger Günther Beckstein: „In Bayern bleibt kein Gebäude länger als 24 Stunden besetzt.“ Herrmann: „Das ist unser bayerischer Kurs.“ Von den 150 Bürgern, die im Stadttheater im Kreis um ihn herumsitzen, bekommt er dafür Applaus.

Sicherheit ist auch für Ingolstadt ein wichtiges Thema, meldet sich Oberbürgermeister Christian Lösl zu Wort: Die schnellwachsende Stadt brauche mehr Polizei-Planstellen. Hat sie schon bekommen und bekommt sie weiter, verspricht Herrmann: Seit 2009 ist Bayerns Polizei um 3000 Stellen verstärkt worden. Bis 2020 kommen noch einmal 2000 dazu. Herrmann: „Soviel wie in keinem anderen Bundesland.“ Und Ingolstadt wird im Herbst einen Zuwachs von 18 Stellen erhalten.

Vorratsdatenspeicherung als zentrales Thema

Nach der Kriminalität im Internet fragt ein junger Zuhörer. Bayerns Polizei hat gerade eine Offensive zur Einstellung von IT-Spezialisten gestartet, berichtet Herrmann. In allen Polizeipräsidien sind Kommissariate für Cyber-Kriminalität eingerichtet worden. Ob das vielleicht etwas für ihn wäre, fragt Moderator Marc Sauber den jungen Fragesteller. Aber der will lieber Bauingenieur werden. „Kein Problem“, meint Herrmann, „als Bauminister bin ich auch für die Infrastruktur zuständig.“ Vielleicht finden sich die beiden noch.

„Wir brauchen die „Vorratsdatenspeicherung“, sagt ein Kriminalpolizist: „Es gibt praktisch kein Strafgerichtsverfahren mehr, in dem bei der Beweisführung nicht Telefonverbindungsdaten eine Rolle spielen.“ Damit rennt er bei Herrmann offene Türen ein. Gerade Bayern hat für ein entsprechendes Gesetz gekämpft. Der Bundestag hat es auch längst beschlossen. Aber dann hat ein EuGH-Urteil für Unklarheit gesorgt, was rot-grüne Gegner des Gesetzes sofort genutzt haben. Jetzt ist alles in juristischer Schwebe. „Nach der Bundestagswahl wird das in den Koalitionsverhandlungen ein zentrales Thema sein“, verspricht Herrmann.

Mütterrente gegen Altersarmut

Im Ingolstädter Stadttheater bleibt es nicht beim Thema Sicherheit. Altersarmut: Herrmann und die CSU wollen die Mütterrente stärker machen. Zum Thema bessere Bezahlung für Pflegeberufe sagt Herrmann: „Dass ausgerechnet diese Berufe zu denen mit den niedrigsten Einkommen gehören − da müssen wir in den nächsten Jahren etwas ändern.“ Zur Mitpreisexplosion: „Das Problem bezahlbarer Wohnungen wird in Bayern zur größten sozialen Frage, der wir in den nächsten Jahren unser Augenmerk schenken werden.“

Das Problem bezahlbarer Wohnungen wird in Bayern zur größten sozialen Frage.

Joachim Herrmann

Ein Herr weist darauf hin, dass der öffentliche Nahverkehr oft nicht auf die Mobilitätsbedürfnisse einer wachsenden Zahl von Senioren ausgelegt sei. Die Mobilität, gerade im ländlichen Raum, war eben erst Thema im Kabinett, antwortet Herrmann: „Wir werden alles auf den Prüfstand stellen, um die Bedürfnisse der Senioren stärker zu berücksichtigen.“

Autonomes Fahren als Zukunftsprojekt

Ob das autonome Fahren dabei eine Rolle spielen könnte, fragt Moderator Sauber. Herrmann spricht lieber von „automatisiertem Fahren“ und sieht es in noch eher weiter Ferne. Aber wichtig sei das Zukunftsthema für das Auto-Land Bayern schon. Was der Grund dafür gewesen sei, dass die Bayern sofort „Hier“ geschrien hätten, als der Bundesverkehrsminister nach einer Teststrecke für autonomes Fahren gesucht habe. Jetzt werde auf der Autobahn A9 zwischen Ingolstadt und Nürnberg praktisch täglich irgendwas getestet. Zum Nutzen der bayerischen Automobilindustrie.

Beim autonomen – oder automatisierten – Fahren geht es allerdings auch um eine ganz grundsätzliche ethische Frage, betont Herrmann: „Am Schluss muss die allerletzte Entscheidung immer beim Menschen liegen. Ich kann keine Entwicklung akzeptieren, wo am Schluss die Maschinen über die Menschen bestimmen.“ Die Ingolstädter danken es mit starkem Beifall.

Die Zahl der Asylbewerber sinkt

Thema Asyl: Bei einer Asylantenunterkunft zwischen Ingolstadt und Manching gibt es Missstände, weiß ein Klartext-Gast. Das müsse von den zuständigen Stellen überprüft werden, meint Herrmann und wartet mit interessanten Zahlen auf: Zu den schlimmsten Zeiten vor einem Jahr musste Bayern 155.000 Asylbewerber unterbringen. Jetzt sind es noch 115.000. „Und es werden von Woche zu Woche weniger. Aber die Probleme sind noch groß genug.“ Nach dem Jugoslawien-Krieg seien übrigens zwei Drittel bis drei Viertel der Flüchtlinge nachhause zurückgekehrt, erinnert Herrmann.

Keine Burka in Bayerns Schulen

Zur mörderischen Messerattacke eines abgelehnten islamistischen Asylbewerbers in Hamburg: „Bei Straftätern und erkannten Gefährdern muss man mit besonderer Energie schauen, dass man sie wieder außer Landes bekommt.“

Wir handeln sofort. Deshalb stehen wir in Bayern anders da.

Joachim Herrmann

Thema Leitkultur: „Nicht wir müssen uns ändern, sondern diejenigen, die ganz bewusst nach Deutschland gekommen sind, um hier zu leben.“ Deutschland sei in 70 Jahren ein vorbildliches Land, eine vorbildliche Demokratie geworden. „Wir müssen jetzt darauf schauen, dass wir das nicht gefährden.“ Herrmann gibt ein Beispiel: In Niedersachsen hat eine Schülerin gerichtlich durchgesetzt, dass sie in Burka zur Schule gehen darf. Bayerns Staatsregierung und der Landtag haben auf die Gerichtsentscheidung sofort reagiert und ein Gesetz beschlossen, das die Burka für Lehrer und Schüler ausschließt. Herrmann: „Wir warten nicht ab, sondern haben schon präventiv ein Gesetz. Wir handeln sofort. Deshalb stehen wir in Bayern anders da.“