Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl. (Bild: Nikky Maier)
Neuwahl

Gribl führt den Städtetag

In Rosenheim wurde der Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl einstimmig zum neuen Vorsitzenden des Bayerischen Städtetags gewählt. Bei dem Treffen der Rathauschefs ging es vor allem um das Thema Mobilität - dazu gehören auch die Diesel-Fahrverbote.

Neben dem Augsburger Oberbürgermeister wurde der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) ebenfalls einstimmig von der Vollversammlung des Bayerischen Städtetags in Rosenheim zum ersten stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Als zweiter stellvertretender Vorsitzender wurde der Erste Bürgermeister Josef Pellkofer aus Dingolfing einstimmig wieder gewählt – er amtiert seit 2014. Der formelle Amtswechsel im Vorsitz erfolgt nach dem Schlusswort zum Bayerischen Städtetag am 13. Juli.

Gribl folgt Maly

Der neue Chef des Städtetags wurde von den knapp 400 Delegierten zunächst für drei Jahre gewählt. Seit Juli 2014 war Gribl bereits erster stellvertretender Vorsitzender. Der 52-jährige CSU-Politiker Gribl folgt damit dem Nürnberger OB Ulrich Maly (SPD) nach. Gribl, der seit 2008 OB in der drittgrößten bayerischen Stadt Augsburg ist, kennt die Probleme der Kommunen, wie etwa Finanzen, Verkehr, Integration, Schul-, Kita- und Wohnungsbau. In Augsburg, das derzeit einen nicht gekannten Bau- und Zuzugsboom erlebt und sich der 300.000-Einwohner-Marke nähert, hat er diese Probleme vor Augen. Der Städtetagsvorsitzende wird aber künftig auch die Befindlichkeiten der vielen mittleren und kleineren Städte im Auge haben müssen.

In seiner Geburtsstadt Augsburg wurde Gribl vor neun Jahren eher überraschend zum OB gewählt. Die Stadt ist wie München und Nürnberg keine klassische CSU-Hochburg, in den vergangenen Jahrzehnten gab es mehrere sozialdemokratische Oberbürgermeister. In der CSU wurde Gribl innerhalb von nur zehn Jahren stellvertretender Vorsitzender.

Mehr für Sicherheit

Der neue bayerische Städtetagschef hat sich für mehr Videoüberwachung in den Innenstädten ausgesprochen. „Ich kann es nicht verstehen, dass die Polizei, wenn es Probleme gibt, auf private Handyvideos zurückgreifen muss“, sagte der CSU-Politiker der Augsburger Allgemeinen. Kameras würden aber nicht überall gebraucht, sondern nur an schwierigen Plätzen. Weiter forderte der Augsburger Oberbürgermeister, es dürfe in den Städten keine Ghettos geben. Anlaufstellen müssten für soziale Ausgewogenheit sorgen. Gribl sprach sich bei konfliktträchtigen Gruppen auf öffentlichen Plätzen für eine Mischung aus Streetwork und „Law and Order“ aus. „Die Leute nur zu verjagen, hilft nichts.“

Ich kann es nicht verstehen, dass die Polizei, wenn es Probleme gibt, auf private Handyvideos zurückgreifen muss.

Kurt Gribl

Weitere wichtige Themen der Versammlung waren der kommunale Finanzausgleich, die Bildungspolitik mit der Wiedereinführung des neunstufigen Gymnasiums sowie die Landesentwicklung. Immer aktueller wird auch das Thema Mobilität, insbesondere Fahrverbote für Diesel, sowie die Frage, wie die Richtwerte für Schadstoffe in den Großstädten eingehalten werden können.

Mobilität im Blickpunkt der Städte

„Städte leben vom Verkehr. Allerdings bedroht zu viel Verkehr die Urbanität und die Lebensqualität“, warnte Kurt Gribl. „Wir lieben unsere Autos und diese Liebe lässt uns gern die Augen vor den Folgen übermäßiger Automobilisierung verschließen.“ Fern- und Regional-Bahnen, Busse, Straßenbahnen, U-Bahnen und S-Bahnen seien „das Rückgrat für die Mobilität“ – umweltschonend und bezahlbar für die Fahrgäste. „Ohne den öffentlichen Nahverkehr wären unsere Städte schon längst dem Verkehrsinfarkt erlegen“, betonte Gribl. Die Regionen müssten mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein, kurze Reisezeiten und gute Umsteigemöglichkeiten erleichterten das Pendeln. Dadurch könnten strukturschwächere Regionen Einwohner halten und der Zuzugsdruck auf Verdichtungsräume wie München, Ingolstadt, Augsburg, Nürnberg und Regensburg gelindert werden.

Ohne den öffentlichen Nahverkehr wären unsere Städte schon längst dem Verkehrsinfarkt erlegen.

Kurt Gribl

„Bund und Freistaat müssen deutlich mehr als bisher in die Verkehrsinfrastruktur und den öffentlichen Nahverkehr investieren.“ Der Freistaat signalisiere aber mit den Bemühungen um Luftreinhaltung in den Städten Bereitschaft, die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs besser auszustatten.

Es gehe aber auch um den Ausbau von grünen Wellen für Bus und Straßenbahn, verknüpfte Leitsysteme, leicht verständliche Tarife, elektronische Tickets und effizientere Fahrzeugflotten mit stärkerer Nutzung von Elektromobilität sowie mehr Raum für Fußgänger und Radwege. „Die Zukunft liegt im vernünftigen Mix an unterschiedlichen Verkehrsmitteln“, so Gribl.

Verkehrsplanung und Stadtplanung greifen ineinander

Natürlich ging es in Rosenheim auch um die Belastung mit Stickstoffoxid: Eigentlich wolle man kein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge, doch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zwinge möglicherweise dazu, erklärte Gribls Vorgänger, Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly. Am Donnerstag treffen sich die Bürgermeister mit Ministerpräsident Horst Seehofer zu einem Luftreinhalte-Gipfel.

„Bayern wächst. Das Wachstum vor allem in Ballungszentren zieht ein Wachstum der Verkehrsströme in den Städten und in benachbarten Regionen nach sich“, sagte Maly. Landesentwicklung müsse darum „auf die Vernetzung der Regionen untereinander achten: Wegeketten von Pendlern und Gütern halten sich nicht an Verwaltungsgrenzen von Städten, Gemeinden, Landkreisen, Regierungsbezirken oder Landesgrenzen.“ Malys Lösung: „Die kompakte Stadt mit gemischten Nutzungen und die Stadt der kurzen Wege sind Bestandteile für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung.Dies lasse sich mit Planung und der Abwägung von Interessen erreichen.

Unersetzbare Autos und Elektromobilität

Der stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Dingolfings Bürgermeister Josef Pellkofer, schilderte anhand seiner Stadt, die zugleich BMW-Produktionsstandort ist, die Bedeutung verlässlicher Verkehrswege. „Produktionsabläufe in Fabriken und Arbeitszeiten geben den Takt für die Verkehrsflüsse vor“, so Pellkofer. „An vielen Orten, vor allem in den ländlichen Räumen, ist das Auto nicht ersetzbar.“

Elektromobilität könne ein Teil der Lösung sein, auch wenn die ersten Erfahrungen noch ernüchternd seien, da die Reichweite der Elektroantriebe wie auch die Speicherkapazitäten zu gering seien, es zu wenig Ladesäulen gebe sowie einheitliche technische Standards und Abrechnungssysteme fehlten.