Bayerns Sozialministerin Emilia Müller möchte anerkannte Asylbewerber möglichst schnell in den Arbeitsmarkt integrieren. (Foto: BK/Nikky Maier)
Integration

Wer anerkannt ist, darf arbeiten

Interview Aus dem BAYERNKURIER-Magazin: Bayerns Sozialministerin Emilia Müller will, dass Flüchtlinge mit Bleibeperspektive möglichst schnell ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können. Für Ausbildungsverträge gilt eine neue Regel.

Frau Ministerin, ein Thema hat in den letzten Wochen in den Kommunen besonders für Gesprächsstoff gesorgt: Bürger würden Flüchtlingen gerne eine Arbeit anbieten, aber so einfach geht das nicht. Warum?

Die Rechtslage ist klar. Es kommt aber natürlich immer auf den Einzelfall an. Asylbewerber können unter bestimmten Voraussetzungen bereits nach drei Monaten in Deutschland arbeiten, vorausgesetzt natürlich sie kommen nicht aus einem sicheren Herkunftsland. Und was viele nicht wissen: Wer als Flüchtling anerkannt ist, darf uneingeschränkt arbeiten. Und zwar vom ersten Tag an. Es ist ja gerade unser Ziel, dass er seinen Lebensunterhalt selbst verdient. Deshalb unternehmen wir in Bayern auch große Anstrengungen, diese Menschen in Arbeit zu bringen. Wir haben dazu bereits im Herbst 2015, also auf dem Höhepunkt des Flüchtlingszugangs, einen Pakt mit der bayerischen Wirtschaft geschlossen. So konnten wir bereits über 60.000 Asylbewerbern einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz beziehungsweise ein Praktikum vermitteln.

Wie ist die Regelung bei Jugendlichen, die eine Ausbildung machen wollen?

Auch hier gilt: wer anerkannt ist, darf eine Ausbildung machen. Das Problem aber ist, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) oft sehr lange für die Verfahren braucht. Deshalb erhalten künftig auch ausbildungswillige Asylbewerber, die vor dem 1. Mai 2016 eingereist sind, bereits 6 Monate vor dem Beginn der Ausbildung eine Beschäftigungserlaubnis, wenn sie im letzten Schuljahr der Berufsintegrationsklasse oder in der zweiten Hälfte einer Berufsintegrationsmaßnahme sind und bereits ein Praktikum in ihrem Ausbildungsbetrieb abgeleistet haben. Voraussetzung ist insbesondere, dass der Asylbewerber einen Ausbildungsvertrag in der Tasche hat. Sollte der Asylantrag dann später abgelehnt werden, erhält der Asylbewerber eine Duldung. Er kann dann seine 3-jährige Ausbildung fertig machen und im Anschluss zwei weitere Jahre hier arbeiten. Wir kommen im Freistaat also gerade jungen Flüchtlingen entgegen und bieten ihnen alle Möglichkeiten, sich in den Ausbildungsmarkt zu integrieren. Das schafft Rechtssicherheit auch für die Unternehmen.

Wir integrieren nicht in Beliebigkeit, sondern durch Orientierung.

Emilia Müller

In den Augen mancher Bürger sind die Regelungen zu restriktiv, sie sagen, es ist doch besser, wenn die Flüchtlinge eine Aufgabe haben und nicht nur sinnlos Zeit absitzen.

Für mich als Integrationsministerin ist es wichtig, dass diejenigen, die eine Bleibeperspektive haben, so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt integriert werden. Denn dann können sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen, eigenständig leben und auch für die Miete aufkommen. So erhalten wir auch die Solidarität in unserer Gesellschaft. Deshalb muss das BAMF noch schneller werden, damit die Menschen rasch Klarheit erhalten, ob sie bleiben können.

Die langwierigen und fehlerhaften Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge waren lange Zeit Kern vieler Probleme. Haben sich die Dinge in der Zwischenzeit verbessert?

Das BAMF hat mittlerweile viele Anstrengungen unternommen. Bei den Neuverfahren geht es jetzt weitaus schneller. Das ist sehr wichtig, denn die Menschen erfahren jetzt viel früher, ob sie bleiben können oder nicht. Das BAMF muss aber aufpassen, dass darunter die Qualität der Asylverfahren nicht leidet.

Viele Asylverfahren sind in den letzten Monaten offenbar fehlerhaft verlaufen. Der Bundesinnenminister hat angekündigt, Altfälle überprüfen zu lassen. Ein richtiger Schritt?

Absolut. Wir fordern bereits seit langem die Überprüfung der Altfälle – gut, dass Thomas de Maizière nun reagiert hat und bis zu 100.000 Asylentscheidungen aus den vergangenen beiden Jahren neu prüfen lässt. Oftmals wurde ja lediglich nach Aktenlage entschieden. Insbesondere in diesen Fällen muss zwingend ein persönliches Interview mit Dolmetscher mit dem Asylbewerber geführt und die Fluchtgründe müssen neu bewertet werden.

In den vergangenen eineinhalb Jahren sind über eine Million Asylbewerber nach Deutschland gekommen. Womit beginnt die Integration?

Die Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Darum setzen wir von Anfang an auf Sprachförderung. Wir bieten bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen Sprachkurse an. Wir fördern hauptamtliche Sprachkurse zur Erstorientierung, unterstützen aber auch ehrenamtliche Angebote. Kinder lernen unsere Sprache schon in den Kindertageseinrichtungen und in der Schule. Dafür haben wir die Mittel erhöht.

Welche Rolle spielt die Vermittlung einer Leitkultur bei der Integration?

Die Leitkultur ist der Wertekanon des Zusammenlebens in Bayern. Sie ist der Richtungspfeil für die Integration. Bayern hat einen klaren Kurs. Integration ist keine Einbahnstraße. Wir integrieren nicht in Beliebigkeit, sondern durch Orientierung. Wenn jemand aus einem anderen Kulturkreis mit einem anderen Wertekompass zu uns kommt, dann müssen wir ihm Orientierung bieten. Es ist dabei auch keine Frage, wer sich nach wem zu richten hat.

Das Interview führte Marc Sauber. Das ganze Interview finden Sie im aktuellen BAYERNKURIER-Magazin „Chancenland Bayern“.