Bayerns Sozialministerin Emilia Müller. (Foto: BK/Nikky Maier)
Soziales

„Die Lage ist so gut wie nie zuvor“

Interview Aus dem BAYERNKURIER-Magazin: Bayerns Arbeits- und Sozialministerin Emilia Müller freut sich über die hervorragende Entwicklung im Freistaat und verspricht Unterstützung für diejenigen, die in einer schwierigen Lebensphase sind.

Frau Ministerin, Sie haben jüngst den Bericht über die soziale Lage in Bayern vorgestellt. Geht es gerecht zu in Bayern?

Die soziale Lage ist in Bayern heute so gut wie nie zuvor. Die Menschen profitieren von der guten wirtschaftlichen Situation. Bayern hat sich in den letzten Jahrzehnten erfolgreich weiterentwickelt, von einem landwirtschaftlich geprägten Land mit enorm hoher Winterarbeitslosigkeit zu einem weltweit renommierten High-Tech-Standort mit Vollbeschäftigung. Diese gute Lage in Bayern ist auch die notwendige Voraussetzung dafür, dass wir denjenigen helfen können, die unsere Hilfe brauchen.

Kommt der wirtschaftliche Erfolg auch bei den Menschen an?

Der Sozialbericht zeigt, den Menschen im Freistaat geht es gut – über alle Generationen hinweg. Die Einkommen sind in Bayern fast neun Prozent höher als im Bundesdurschnitt. Die Vermögen sind sogar die höchsten in Deutschland. Also ja, der wirtschaftliche Erfolgt kommt bei den Menschen an. Und er ist die Basis für unseren sozialen Wohlstand. Arbeit ist die beste soziale Absicherung. Und sie gibt den Menschen auch die Möglichkeit, für ihr Alter vorzusorgen.

Die Gefahr, von Armut gefährdet zu sein, ist in keinem Bundesland so gering wie in Bayern.

Emilia Müller

Dennoch hat mancher den Eindruck, dass die Schere zwischen arm und reich weiter auseinander geht. Täuscht dieser Eindruck?

Wir stellen uns den Herausforderungen, sollten dabei aber unser Land nicht schlecht reden. So ist das Vermögen in Bayern nach wie vor gleichmäßiger auf die Bevölkerung verteilt ist als in ganz Deutschland und als in den meisten anderen Bundesländern. Klar ist aber auch: Wir haben alle im Blick. Auch diejenigen, die in einer schwierigen Lebensphase sind. Dazu zählen die Alleinerziehenden, die kinderreichen Familien, die Langzeitarbeitslosen oder die älteren Menschen mit geringer Rente. Sie gilt es besonders zu unterstützen.

Kritiker sagen, die Armutsgefährdungsquote wäre in Bayern noch zu hoch. Was sagen Sie dazu?

Zuerst einmal ist die Gefahr, von Armut gefährdet zu sein, in keinem Bundesland so gering wie in Bayern. Die Quote liegt bei uns bei 11,6 Prozent. In Deutschland liegt sie gut ein Drittel höher – 15,7 Prozent. Zudem sind die meisten Menschen nur vorübergehend armutsgefährdet. Es ist also nur eine kurze Lebensphase, kein Dauerzustand. Und der Anteil der Bevölkerung, der dauerhaft armutsgefährdet ist, ist außerdem massiv gesunken. Er hat sich in Bayern innerhalb von 10 Jahren mehr als halbiert – auf nur 2,5 Prozent. Auf Bundesebene ist dieser Wert mehr als doppelt so hoch – 6,1 Prozent. Hinzu kommt, dass die Armutsgefährdungsquote gar kein Gradmesser für die Armut ist. Sie zeigt nur, wer ein vergleichsweise niedriges Einkommen hat. Als armutsgefährdet gilt danach, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient. Es kommt also auf das Wörtchen „vergleichsweise“ an. Würden sich also alle Einkommen einfach verdoppeln, dann hätten wir dieselbe Armutsgefährdungsquote wie bisher.

Das bayerische Betreuungsgeld erfüllt mich mit Stolz und Freude – es ist eine Erfolgsgeschichte.

Emilia Müller

Die Kindererziehung bedeutet oftmals eine enorme finanzielle Herausforderung – nicht nur für Alleinerziehende…

Familien sind etwas Besonderes und Kinder sind das höchste Gut, das es überhaupt in einer Gesellschaft gibt. Deshalb werden wir auch zukünftig in unsere Familien investieren und sie entlasten. Schon jetzt unterstützen wir in Bayern unsere Familien, alleine in diesem und im nächsten Jahr mit 4,9 Mrd. Euro. Kein Land unterstützt Familien besser als wir das tun! Dabei investieren wir sowohl in gute Kinderbetreuung als auch in Familienleistungen.

Die Häme über das Scheitern des CSU-Projekts Betreuungsgeld auf Bundesebene war groß, Bayern hat es dann einfach auf Landesebene eingeführt. War dieser Schritt richtig?

Das bayerische Betreuungsgeld erfüllt mich mit Stolz und Freude – es ist eine Erfolgsgeschichte. Ich rechne alleine im ersten Jahr mit rund 150.000 Eltern, die von dieser neuen Landesleistung profitieren. Unser bayerisches Betreuungsgeld steht für echte Wahlfreiheit. Eltern wissen selbst am besten, was gut für ihr Kind ist. Und die Zahlen geben uns Recht: Über 75 Prozent der bayerischen Eltern nutzen dieses Angebot.

Es wurde ja als Herdprämie verlacht…

Ich würde mir wünschen, dass man zwei Wörter aus dem deutschen Wortschatz streicht: Das Wort „Herdprämie“ und das Wort „Rabenmutter“. Beide Begriffe sind diskriminierend für Frauen.

Gehen wir künftig mit 63 oder mit 67 Jahren in Rente?

Ich bin für einen flexiblen Übergang in den Ruhestand. Das entspricht auch den Interessen der Menschen. Es gibt viele aktive Ältere, die sich weiter einbringen wollen. Das wollen wir unterstützen, denn auch die Wirtschaft profitiert von der großen Erfahrung und Kompetenz Älterer. Mit der Flexi-Rente wurde hier der Einstieg geschafft: wer neben seiner Rente arbeitet, kann weiter in die Rentenkasse einzahlen und so seine Rente dauerhaft aufbessern.

Von den insgesamt 33 Millionen Anspruchsberechtigten in Deutschland zahlt nur rund ein Drittel in eine private Rentenversicherung ein. Wie wollen Sie die Gefahr der Altersarmut bekämpfen?

Wir setzen bei der Altersversorgung weiterhin auf das 3-Säulen-Konzept aus gesetzlicher Rentenversicherung, betrieblicher und privater Altersvorsorge. Um die private Altersvorsorge attraktiver zu machen, wollen wir sie grundlegend reformieren. Sie muss unbürokratischer, transparenter und verständlicher werden. Gemeinsam mit der Versicherungswirtschaft wollen wir ein Standardprodukt erarbeiten, das für jeden durchschaubar und verlässlich ist. Gleichzeitig müssen die staatlichen Leistungen für die private Altersvorsorge erhöht werden. Wir brauchen eine höhere Grund – und eine höhere Kinderzulage.

Das Interview führte Marc Sauber. Das ganze Interview finden Sie im aktuellen BAYERNKURIER-Magazin „Chancenland Bayern“.