Mitten im grünen Begeisterungs-Tango: Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt stellen ihr Wahlprogramm vor. (Foto: Imago/Jürgen Heinrich)
Grüne

Die Quadratur des Kreises

Kommentar Mit ihrem Zehn-Punkte-Programm präsentieren die Grünen alte Rezepte gegen schlechte Wahlergebnisse und Umfragewerte. Die Realo-Spitzenkandidaten sind sichtlich bemüht, die Fundi-Basis zu bedienen, ansonsten gibt es vor allem gefährlichen Unsinn.

4,0 Prozent im Saarland, 6,4 Prozent in NRW, in den bundesweiten Umfragen nur noch sechs bis sieben Prozent: Die Grünen wirken ratlos. Einzig Robert Habeck in Schleswig-Holstein schaffte mit pragmatischer Politik und Offenheit für CDU und FDP einen Ausreißer nach oben: 12,9 Prozent gab es an der Küste.

Wir stehen für eine effektive Sicherheitspolitik.

Grünes Wahlprogramm

Nun sollten die beiden Realo-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl, Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt, ein Wahlprogramm aufstellen, das sich „fast schon trotzig“ (ARD-Kommentar) „10-Punkte-Plan für grünes Regieren“ nennt und die Quadratur des Kreises schaffen soll: Sowohl die linke Fundi-Basis erwärmen, als auch größere Bevölkerungsschichten ansprechen, die mit typisch grüner Weltverbesserer-Rhetorik und Spinnereien à la Verbrennungsmotor-Verbot nichts am Hut haben. Das Volk zu erreichen, das dürfte mit diesem Programm allerdings scheitern.

Innere Sicherheit: Lügenmärchen

Das Thema, das die Menschen angesichts wachsender Kriminalität und Terrorgefahr am meisten umtreibt, nämlich die Innere Sicherheit, findet sich erst in Punkt neun inklusive dem üblichen grünen Misstrauen gegen Sicherheitsbehörden. Immer schön „mit Augenmaß und unter Wahrung der Bürgerrechte“, ihr uniformierten Schlingel! Die Grünen warnen im Punkt „Freiheit sichern“ mal wieder vor zu viel Überwachungsmöglichkeiten für Polizei und Sicherheitsbehörden. Sie erwähnen Islamisten und Rechtsextreme – natürlich kennen sie keine Linksextremen, diese Fabelwesen aus Berlin oder Hamburg. Immerhin, verstärkte Gefahren für Frauen und zu viele Einbrüche werden anerkannt, ohne jedoch den Täterkreis näher einzuengen.

Wieso konnte der Angreifer nicht angriffsunfähig geschossen werden???? Fragen!

Renate Künast, nach dem Würzburger Axtattentat 2016

Wenn man dann den Satz „Wir stehen für eine effektive Sicherheitspolitik“ liest, möchte man doch nachsehen, ob die beiden Vorstellenden nicht doch plötzlich lange Nasen oder kurze Beine bekommen haben. Wie sagte doch Simone Peter nach der Kölner Neujahrsarbeit 2017 der dortigen Polizei: Es stelle sich „die Frage nach der Verhältnis- und Rechtmäßigkeit“ von deren Kontrollen. Und bitte keine effektiven Abkürzungen wie Nafris mehr! Oder wie twitterte Renate Künast im Juli 2016, nachdem die Polizei den islamistischen Würzburger Axt-Terroristen doch ziemlich effektiv durch Erschießen gestoppt hatte: „Wieso konnte der Angreifer nicht angriffsunfähig geschossen werden???? Fragen!“. Beide Damen zählen zu den 18 weiteren namentlichen Unterzeichnern des Programms.

Ein bisschen Multikulti, das lockert die Stimmung

Im Bereich „Integration zum Erfolg führen“ wird das altbekannte Hohelied auf Multikulti gesungen: Von Integration in eine vorhandene Leitkultur als Bringschuld der Zuwandernden ist natürlich keine Rede – so ein Gedanke widerspricht offensichtlich der grünen DNA. „Wer anpackt für unsere gemeinsame Heimat, gehört dazu.“ Das hat ja schon bei vielen Gastarbeitern so hervorragend funktioniert. Arbeitsvertrag und gut ist. Und sagen die Grünen tatsächlich Heimat? Das wird Ärger geben mit der Grünen Jugend Bayern, weil nach denen ist der Begriff Heimat „historisch durch völkische Bewegungen vorbelastet“ und werde sehr stark von rechten Gruppen benutzt und transportiert (Dezember 2016).

Immerhin folgt dann im Programm: „Wer hier glücklich werden will, muss unser Grundgesetz und seine Grundwerte anerkennen. In unserem gemeinsamen Land gilt das für alle, egal ob sie aus Dresden oder aus Damaskus kommen.“ Sachse oder Syrer, völlig egal, in der grünen Welt wird jeder glücklich und alles gleich. Ob man für dieses Anerkennen auch etwas tun muss, das steht nicht im Kurzprogramm.

Die Lichter gehen aus

Statt innere Sicherheit und solides Wirtschaftswachstum als Grundlage für allgemeinen Wohlstand stellen die Grünen wieder einmal die Punkte Klimaschutz, E-Mobilität und Öko-Landwirtschaft ganz oben auf die Liste ihrer vordringlichsten Anliegen. Damit bleiben sie ihrer Linie treu, insbesondere randständige Wohlfühl-Themen für linke Gesinnungsethiker zu bespielen – in Richtung zweistelliges Ergebnis weist dieser Grundansatz nicht. Wie einst Renate Künast das Gros der konventionell erzeugenden Landwirte zu verteufeln und einseitig auf Bio-Landwirtschaft zu setzen, wird weder dem Bauernstand noch dem großen Teil der konventionellen Verbraucher gerecht. In diesem Grundansatz erkennt man die übliche grüne Pose des Volkserziehers, erst recht, wenn das Volk gar nicht will.

Die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke schalten wir sofort ab.

Grünes Wahlprogramm

Wenn der Schwabe Cem Özdemir gleichzeitig ein Bekenntnis zum Automobilstandort Deutschland ablegt, muss man wissen: Laut Experten taugt eine im Sinn der Grünen komplett auf Elektro-Autos umgestellte Automobilfabrikation nicht mehr als Wohlstandsgrundlage Deutschlands, weil E-Autos ein viel einfacheres Produkt sind als beispielsweise die komplizierten High-Tech-Oberklasse-Modelle von Daimler, BMW, Audi und Porsche, mit denen nun einmal das meiste Geld verdient wird. Das Verbot aller Verbrennungsmotoren bis 2030 steht nicht ausdrücklich im Zehn-Punkte-Plan, vermutlich, weil auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, ein 2030-Gegner, den Antrag unterschrieben hat. Özdemir ließ aber keinen Zweifel daran, dass dieser Parteitagsbeschluss trotzdem verpflichtend für die Grünen gilt.

Fatal für die deutsche Versorgungssicherheit würde sich – so der Fall einer grünen Regierungebeteiligung eintritt – die unbedingte Forderung der Grünen auswirken, „sofort“ nach Regierungsantritt die 20 größten Kohlekraftwerke auszuschalten. Ohne diese Maßnahme sind die Grünen nicht zu einer Koalition bereit, wie Özdemir und Göring-Eckardt betonten. Angesichts des bereits umgesetzten Stopps der allermeisten Atomkraftwerke und der Unberechenbarkeit von Wind und Sonne würden dann wirklich flächendeckend die Lichter ausgehen.

„Superreiche“ sollen bluten

In der Europapolitik fordern die Grünen – wie auch SPD und Linkspartei – „mehr Solidarität“ und ein Ende der von Deutschland durchgesetzten Sparpolitik. Was im Endeffekt heißen würde: Griechen, Spanier, Portugiesen, Italiener und andere dürfen wieder in unverantwortlicher Weise Schulden machen, und im Zuge der Vergemeinschaftung der Schulden sollen die Deutschen die Zeche zahlen.

Finanziert werden soll all dies unter anderem durch eine neue Vermögenssteuer für „Superreiche“, wobei das Programm aber nicht die Katze aus dem Sack lässt: Einkommens- und Vermögensgrenzen, ab wann jemand „superreich“ ist, werden nicht genannt. Gibt ja auch ein paar Reiche, die grün wählen. Und was wäre erst, wenn schon Gutverdiener wie Facharbeiter, mittlere Angestellte und Selbständige die grünen Grenzen rissen? Schweigen ist Grün, pardon: Gold.

Und dann noch Gender und so

Desweiteren bedienen die Grünen programmatisch in altbewährter Weise alle möglichen Genderaktivisten sowie Schwulen-, Lesben- und anderen LSBTTQ-Gruppierungen: Sie gehören zur grünen Kernklientel. Die traditionelle Ehe und Familie hatte für die Grünen noch nie einen herausgehobenen Rang. Auch jetzt fordern die Grünen – wie schon seit den 1980er Jahren – die Ehe für alle einschließlich Recht zur Kinderadoption.

Deutschland soll sich ändern

Dafür kümmert man sich gerne um künftige Wähler: Deutscher soll nach grünem Willen künftig sein, wer hierzulande geboren wird. Schon die USA mit ihren gut gesicherten Grenzen schafft es nicht, den Geburtstourismus aus Latein- und Südamerika sowie Asien zu stoppen, der durch diese Regel entstanden ist – das immer noch ganz leicht erreichbare Deutschland würde jedenfalls mit Sicherheit sehr schnell viele, viele Jungbürger dazu bekommen. Kleine Kinder aber haben bei uns das Recht auf ihre Eltern, die dürften also natürlich auch bleiben. Einen besseren Fluchtanreiz für Schwangere könnte man kaum anbieten – das bedeutet aber eben auch, dass sich tausende Schwangere auf die mörderische Überfahrt Richtung Deutschland machen würden.

Dazu noch die Forderung der Grünen, allen anerkannten Flüchtlingen vollständigen Familiennachzug zuzuerkennen und keine Obergrenze einzuführen. Unser Land würde sich in der Tat rasch verändern, „darauf freuen“, wie es Göring-Eckardt für sich jüngst verkündete, dürfte man sich aber in einem völlig überforderten Land mit Wohnungsnot allerorten und kaputter Wirtschaft wohl kaum.

Ein gemeinsamer Kommentar von Wolfram Göll und Andreas von Delhaes-Guenther