Bundeskanzler a.D. Helmut Kohl (M.) zusammen mit seiner Frau Maike Kohl-Richter (r.) und dem ehemaligen Präsidenten des Europaparlaments, Hans-Gerd Poettering (l.), vor Beginn der Festveranstaltung „Glücklich Vereint – Von der Deutschen Einheit zur Europäischen Einigung“ im Dezember 2014 im Albertinum in Dresden. (Bild: imago/Max Stein)
Sorge um Helmut Kohl

Altkanzler auf Intensivstation

Deutschland ist in großer Sorge um den Kanzler der Deutschen Einheit: Der 85 Jahre alte Helmut Kohl liegt nach einer schwierigen Darm-Operation auf der auf der Intensivstation der Chirurgie des Universitätsklinikums Heidelberg. Sein Zustand wird als „sehr ernst“ beschrieben. Nach der Operation soll Kohl längere Zeit bewusstlos gewesen sein.

Altbundeskanzler Helmut Kohl liegt nach einer Darm-Operation auf der Intensivstation der Chirurgie des Universitätsklinikums Heidelberg. Sein Zustand sei „sehr ernst“, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus dem Umfeld des langjährigen CDU-Vorsitzenden (1973 bis 1998) und Bundeskanzlers (1982 bis 1998). Zuerst hatte die Illustrierten „Bunte“ darüber berichtet. Nach Informationen des Blattes soll Kohl nach dem Eingriff für längere Zeit ohne Bewusstsein gewesen sein. Auch „Spiegel Online“ schrieb, Kohls Zustand sei kritisch.

Auf Nachfragen der Deutschen Presse-Agentur bei der Bundesregierung, Kohls Büro, der Bundes-CDU und der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin sowie der Landes-CDU in Rheinland-Pfalz und CDU-Weggefährten, beim Klinikum und der Stadt Ludwigshafen gab es am Dienstag dafür zunächst keine Bestätigung. Das Uniklinikum dürfe dazu keine Auskünfte geben, sagte ein Sprecher. Bei CDU und Regierung hieß es, sie seien darüber nicht informiert. Kohls Berliner Büro erklärte später auf die schriftliche Anfrage der dpa: „Es ist richtig, dass Herr Bundeskanzler a.D. Dr. Helmut Kohl (…) Anfang Mai eine Hüft-Operation hatte, die er sehr gut überstanden hat. Im Anschluss hat sich die Notwendigkeit eines weiteren Eingriffs ergeben, der den Klinikaufenthalt entsprechend verlängert hat. Den Umständen entsprechend geht es Dr. Helmut Kohl gut. Er wird im Anschluss wegen der neuen Hüfte in eine Reha gehen, die er zugleich mit Urlaub verbinden wird.“

Schwerer Sturz

Helmut Kohl wurde bereits Anfang Mai in der Orthopädie des Klinikums in Heidelberg ein neues Hüftgelenk eingesetzt. Die „Bild“-Zeitung berichtete danach, die Operation sei gut verlaufen, die Mediziner seien zufrieden, der Altkanzler sei es auch und wolle vor allem eines: „So schnell wie möglich wieder nach Hause.“

Bei einem schweren Sturz nach einer Knie-Operation 2008 hatte Kohl ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Seither ist er auf den Rollstuhl angewiesen und kann nur schwer sprechen. Bei seinen seltenen öffentlichen Auftritten danach war er schwer zu verstehen – wie zuletzt im November, als er in Frankfurt am Main mit Hilfe seiner Frau Maike Kohl-Richter sein Buch „Aus Sorge um Europa“ vorgestellt hat.

Seinen 85. Geburtstag am 3. April feierte Kohl in kleinem Kreis. CSU-Parteichef Horst Seehofer hatte im BAYERNKURIER gratuliert und betont, Kohl sei 1989/90 für die Wiedervereinigung „der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort“ gewesen. Kohl habe „unauslöschliche Spuren in der Geschichte hinterlassen“, so Seehofer: „Zuallererst als Architekt der deutschen Wiedervereinigung, die das größte Geschenk ist, das uns Deutschen im vorigen Jahrhundert zu Teil geworden ist. Aber auch als Motor und Gestalter der  europäischen Einigung, die für mich die größte politische Idee der Nachkriegsgeschichte ist.“ Seehofer war unter Kanzler Kohl von 1992 bis 1998 Bundesgesundheitsminister sowie zuvor Staatssekretär im Arbeits- und Sozialministerium.

Für die Deutschen ein Segen

Bundespräsident Joachim Gauck hatte zu Kohls 85. Geburtstag erklärt: „Von herausragender Bedeutung für mich, wie für die übergroße Mehrheit unserer Landsleute im Osten wie im Westen ist, dass Sie sich mit der Teilung unseres Landes nie abgefunden haben. Vielmehr haben Sie genau zur richtigen Zeit mit Entschlossenheit und Kraft darum gerungen, die Vereinigung Deutschlands ins Werk zu setzen.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel, deren Verhältnis zu Kohl wegen der CDU-Spendenaffäre als zerrüttet gilt, bescheinigte ihm Anfang April in ihrer Geburtstagsbotschaft, er habe es geschafft, „das politische Kunststück einer Wiedervereinigung“ im Einklang mit allen Nachbarn und den ehemaligen Alliierten zu vollbringen. „Gelungen ist ihm das, weil er wie kein Zweiter über Jahre hinweg Vertrauen aufgebaut hatte, von Washington über Paris, London und Brüssel bis nach Moskau. Dieser Kanzler des Vertrauens war für uns Deutsche ein Segen.“

dpa/wog