Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU). (Foto: Imago/MiS)
Nationalpark

Dialog ist Trumpf

Mit gegensätzlichen Positionen standen sich die Kontrahenten im Spessart gegenüber: Einerseits die Naturschützer, die das kleine Mittelgebirge dringend zum Nationalpark erklären wollen. Andererseits die Land- und Forstwirte, die strikt dagegen sind. Umweltministerin Ulrike Scharf leitete deshalb einen Dialog ein.

Der „intensive Dialog“ im Spessart geht weiter. Das ist das Ergebnis eines großen Verbändegesprächs, das auf Einladung der Bayerischen Umweltministerin Ulrike Scharf im Landratsamt Miltenberg stattfand. Die Ministerin kündigte an, den möglichen dritten Nationalpark in Bayern nicht gegen den Willen der Region durchsetzen zu wollen. Die Gespräche gingen auf jeden Fall weiter. „Der Dialog mit der Region ist für uns entscheidend. Wir nehmen die Sorgen und Interessen der Menschen im Spessart sehr ernst. Wir werden weiter informieren, offene Fragen klären und Chancen und Perspektiven aufzeigen. Gemeinsam mit den Menschen in der Region wird weiter über die Zukunft des Spessarts diskutiert. Eine Entscheidung fällt erst am Ende des Dialogprozesses – und zwar mit der Region“, so Scharf.

Der Spessart hat etwas Magisches. Der freie Zugang zum Wald ist den Menschen in der Region sehr wichtig.

Ulrike Scharf, Bayerns Umweltministerin

Mehr als drei Stunden lang sprach die Ministerin mit rund 60 Vertretern von Verbänden aus den Bereichen Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft, Tourismus, Wirtschaft, Jagd, Holzwirtschaft sowie Bürgerinitiativen aus dem Spessart. Die Ministerin erklärte, dass es bisher noch keine Entscheidung für oder gegen einen Nationalpark im Spessart gebe. Scharf suchte auch das Gespräch mit den Demonstranten: Rund 400 Nationalpark-Gegner, darunter offensichtlich viele Bauernfamilien mit Kindern, hatten sich mit 60 Traktoren bei der Ankunft der Ministerin vor dem Landratsamt versammelt. Auf Plakaten und Spruchbändern stand zu lesen: „Keine Sperrzonen vor unserer Haustür!“ und „Ich bin nicht Rotkäppchen, ich brauche keinen Wolf.“

Kein Grund für ein Wegegebot

Beim Miltenberger Verbändegespräch ging es vor allem um Chancen für die Region sowie die wirtschaftlichen und touristischen Auswirkungen eines möglichen Nationalparks. Im Mittelpunkt der Diskussion standen insbesondere die für die Verbandsvertreter wichtigen Themen Forstrechte, Holzversorgung, Schwarzwild und Fortbestand der Eiche. Überlässt man den Wald wie in einem Nationalpark sich selbst, könnte die Eiche im Laufe der Jahrzehnte allmählich von schneller wachsenden Baumarten verdrängt werden.

Scharf informierte die Gesprächsteilnehmer außerdem über aktuelle Entwicklungen beim Thema Wegegebot: „Der Spessart hat etwas Magisches. Der freie Zugang zum Wald ist den Menschen in der Region sehr wichtig. Ich habe deshalb eine erste überschlägige Prüfung veranlasst. Nach aktuellem Kenntnisstand liegen keine naturschutzfachlichen Gründe für ein Wegegebot vor.“ Derartige Gründe können etwa sensible Biotope wie zum Beispiel Moore oder störungsempfindliche Arten wie beispielsweise das Auerhuhn sein. Auch im Nationalpark Berchtesgaden gibt es kein Wegegebot. Im Nationalpark Bayerischer Wald ist mehr als die Hälfte des Nationalparks ohne Wegegebot ganzjährig frei betretbar.

Holzwirtschaft und  Tourismus im Mittelpunkt

Ein wichtiger nächster Schritt ist nun die tiefergehende Klärung wichtiger Fragen rund um einen möglichen Nationalpark im Spessart mit Unterstützung externer Experten. Im Mittelpunkt stehen dabei die Untersuchungen von Auswirkungen auf die regionale Holzwirtschaft und den Tourismus. Die Vorbereitungen für die Vergabe entsprechender Studien und Gutachten sollen in den kommenden Wochen abgeschlossen werden. Außerdem wird der regionale Dialog fortgesetzt: Mitarbeiter des Umweltministeriums werden dazu ab Anfang April in die Region kommen und in Gemeinderatssitzungen oder Bürgerversammlungen über einen möglichen Nationalpark im Spessart informieren.

Bereits Anfang Februar hatte Scharf in Aschaffenburg mit Bürgermeistern aus dem Spessart, den Landräten Ulrich Reuter (CSU, Aschaffenburg), Jens Marco Scherf (Grüne/Miltenberg) und Thomas Schiebel (FW/Main-Spessart) sowie regionalen Mandatsträgern zum Thema Nationalpark Spessart konferiert. Neben dem Dialog mit dem Spessart finden in Bayern weitere Gespräche mit naturschutzfachlich geeigneten und interessierten Regionen statt. Erste Gespräche hat Umweltministerin Scharf bereits mit regional Verantwortlichen aus der Rhön sowie den Regionen Neuburg-Schrobenhausen und Kelheim geführt.