Der Familiennachzug wird die Flüchtlingszahlen noch deutlich erhöhen. (Bild: Imago/Ralph Peters)
Familiennachzug

105.000 neue Flüchtlinge

Immer mehr nach Deutschland geflohene Menschen aus Syrien und dem Irak lassen ihre Familien nachkommen und beantragen dazu Visa bei den deutschen Botschaften. Im vergangenen Jahr sind laut Medienberichten für den Familiennachzug aus diesen beiden Staaten schon 73.000 Visa erteilt worden.

Dies sei eine Verdreifachung der Zahlen im Vergleich zum Vorjahr, in dem für diesen Personenkreis 24.000 Visa ausgegeben worden seien, berichten die Zeitungen Die Welt und Heilbronner Stimme. In diesen Angaben sind auch Familiennachzüge zu Personen mit deutschem Pass enthalten. Sie berufen sich dabei auf Informationen aus dem Auswärtigen Amt. Weltweit wurden den Berichten zufolge für den Familiennachzug nach Deutschland im vergangenen Jahr rund 105.000 Visa erteilt. 2015 waren es nur 70.000 und 2014 nur 50.000. Insbesondere Syrer und Iraker würden von diesem Recht Gebrauch machen, zusammen waren es 73.000 Visa im Jahr 2016 aus diesen beiden Ländern (im Jahr davor nur 24.000).

Der Nachzug ist noch eingeschränkt

Durch das im März 2016 auf Druck der CSU in Kraft getretene Asylpaket II wurde der Familiennachzug für einen bestimmten Personenkreis deutlich erschwert. Damit sollte nach dem Willen der CSU einer weiteren Überforderung des Landes Einhalt geboten werden.

Eine unbegrenzte Aufnahme ist beim besten Willen nicht zu schaffen – von niemanden und in keinem Land der Welt.

Horst Seehofer, Bayerischer Ministerpräsident, in Kloster Seeon

Für Menschen, die nur einen sogenannten subsidiären Schutz in Deutschland genießen, wurde er für einen Zeitraum von zwei Jahren bis zum 16. März 2018 ganz ausgesetzt. Das sind jene, die sich nicht auf das Grundrecht auf Asyl berufen können und auch keinen Schutzstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention haben, aber dennoch nicht heimgeschickt werden, weil ihnen dort zum Beispiel Folter oder Todesstrafe drohen. Als Bürgerkriegsflüchtlinge erhalten mittlerweile die meisten Syrer nur den subsidiären Schutz.

Das Recht als Anreiz

Grundsätzlich können anerkannte Flüchtlinge ihre Ehepartner und minderjährigen Kinder zu sich nach Deutschland holen. Unbegleitete Minderjährige (derzeit 65.000) dürfen für ihre leiblichen Eltern einen Antrag auf Familiennachzug stellen. Gerade diese Regelung sorgte und sorgt dafür, dass viele Familien ihre minderjährigen Kinder auf die gefährliche Reise nach Deutschland schicken. 2016 wurden den Angehörigen der Minderjährigen laut der Welt 3200 Visa erteilt – dies dürfte sich allerdings bald deutlich verstärken, spätestens ab März 2018.

Hunderttausende neue Flüchtlinge

Viele Flüchtlinge, die 2015 ankamen, sind erst zuletzt anerkannt worden. Wie viele von ihnen 2017 von der Möglichkeit des Familiennachzugs Gebrauch machen werden, ist offen – Tendenz: weiter ansteigend. Auch gibt es bislang keine seriösen Schätzungen, wie viele Angehörige ihnen folgen werden, sie schwanken zwischen einem und acht pro Flüchtling. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte in einem Papier vom Mai für die Syrer prognostiziert, dass statistisch im Schnitt 0,9 bis 1,2 Familienangehörige nachziehen würden – auch diese sehr optimistische Einschätzung bedeutete dann allein schon rund 500.000 weitere Syrer. Die Zahl hängt jedoch von vielen Faktoren ab, zum Beispiel davon, ob die Angehörigen Pässe haben. Klar ist aber: Die offiziellen Flüchtlingszahlen (890.000 im Jahr 2015, 280.000 im Jahr 2016) werden sich in jedem Fall durch den Familiennachzug deutlich erhöhen. Da die Angehörigen jedoch keinen Asylantrag stellen müssen, tauchen sie in den offiziellen Statistiken gar nicht auf.

Bayerns Staatsregierung hat in ihrem Positionspapier „Damit Deutschland Deutschland bleibt“ eine Neujustierung der Sicherheits- und Zuwanderungspolitik gefordert. Darin wurde erneut eine jährliche Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen gefordert. Unter anderem soll der Familiennachzug für Flüchtlinge weiter beschränkt werden. Er soll sich danach „auf die wirklich berechtigten Fälle und auf die Kernfamilie beschränken“. Voraussetzung sei zudem „ein dauerhaftes Bleiberecht, eine eigene Wohnung und ein selbstverdienter, gesicherter Lebensunterhalt“.