Auf Schloss Elmau bei Mittenwald wird der G7-Gipfel stattfinden. (Bild: Alpenwelt Karwendel/fkn)
G7-Gipfel in Elmau

Ruhe vor dem Sturm?

Bis zum G7-Gipfel auf Schloss Elmau am 7. und 8. Juni sind es keine zwei Wochen mehr. Polizei und Anwohner bereiten sich auf die Regierungschefs wie auch auf tausende Gegendemonstranten vor. Ab sofort wird deshalb an den deutschen Grenzen wieder kontrolliert und das Schengen-Abkommen bis 15. Juni teilweise ausgesetzt.

Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann wird aber nicht durchgängig, sondern flexibel kontrolliert. Damit will die Bundespolizei vor allem amtsbekannte Randalierer an der Einreise hindern, die aus Österreich und Tschechien einreisen wollen. An einigen Grenzübergängen wie Scharnitz oder Freilassing wurden und werden Container für entsprechende Kontrollen der Bundespolizei aufgebaut. Auch in den Zügen werden Grenzkontrollen durchgeführt. Wie Tirols Ministerpräsident Günther Platter (ÖVP) ankündigte, wird auch an der Grenze zwischen Italien und Österreich kontrolliert. Die Bayerische Staatsregierung sieht sich bei den Vorbereitungen für den G7-Gipfel voll im Zeitplan. Bayern werde die Möglichkeit nutzen, sich der ganzen Welt als perfekter Gastgeber zu präsentieren, sagte Staatskanzleichef Marcel Huber.

Erste Demonstrationen erwartet

Da schon in dieser Woche in München die Reihe der G7-Gegenkundgebungen mit einer kleineren Demonstration beginnt, sind auch alle Polizeibeamten in der Landeshauptstadt ab sofort im G7-Einsatz. An Fronleichnam erwartet München dann die größte Anti-G7-Demonstration mit weit über 10.000 Teilnehmern. Die Ordnungsbehörden kalkulieren bei schönem Wetter mit erheblich höheren Zahlen. „30 000 halte ich für realistisch“, erklärte Münchens Polizeivizepräsident Robert Kopp. Er rechne mit einem insgesamt friedlichen Ablauf. „Im Moment schaut es eher so aus, dass sich die gewaltbereite Szene Richtung Garmisch und Elmau konzentriert.“ Die Hoffnung ist, dass es dennoch nicht zu einer Gewaltexplosion linker Extremisten wie bei der EZB-Eröffnung in Frankfurt im März kommt. Man werde alles tun, um Ausschreitungen wie in Frankfurt zu verhindern, so Präsidiumssprecher Wolfgang Wenger. Demnächst werden in München 970 Halteverbotsschilder in der Altstadt und am Mittleren Ring aufgestellt, wo eventuell die Fahrzeugkolonnen der Politiker fahren werden, wenn das Wetter Hubschraubertransporte nicht erlaubt. Die Gullydeckel rund um die Münchner Hotels, in denen einige der Delegationen wohnen, werden verschweißt. „Friedliche Demonstranten sind uns herzlich willkommen, Krawallmacher werden wir aber keinesfalls dulden“, kündigte Herrmann für die vielen bisher angemeldeten Veranstaltungen an. Eine Bedrohung des Treffens geht nach Einschätzung des Innenministers nicht nur von gewaltbereiten Demonstranten, sondern auch von islamistischen Terroristen aus. Der Präsident der Bundespolizeidirektion München, Hubert Steiger, pflichtete Herrmann bei: Natürlich gehört ein offener, freier Meinungsaustausch zum Wesen der Demokratie, und zwar unabhängig davon, wie kontrovers die jeweiligen Standpunkte sein mögen. Diejenigen aber, die gewaltsam ihre Ansichten kundtun oder durchsetzen wollen, werden wir mit allen legitimen Mitteln konsequent daran hindern.

Der größte Polizeieinsatz, den es in Bayern je gegeben hat

Der G7-Gipfel 2015 auf Schloss Elmau in Bayern stellt die Bayerische Polizei vor große Herausforderungen. Er ist der größte Polizeieinsatz, den es in Bayern je gegeben hat.Sie trägt mit die Verantwortung für die Sicherheit der Staats- und Regierungschefs der G7-Teilnehmerstaaten. Aber nicht nur der ungehinderte und störungsfreie Verlauf des Gipfeltreffens, sondern auch der Schutz der Bevölkerung sind für die Bayerische Polizei vorrangig, ebenso die Möglichkeit zur friedlichen Wahrnehmung des Versammlungsrechts.

„Die Bayerische Polizei ist gut gerüstet, um die bevorstehenden Herausforderungen zu bewältigen. Unsere wesentlichen Ziele für diesen Einsatz sind: Die Polizei wird die Staats- und Regierungschefs sowie die sonstigen Teilnehmer des G7-Gipfels schützen. Sie wird für einen störungsfreien Verlauf des Gipfels und aller sonstigen Veranstaltungen und Versammlungen sorgen und nicht zuletzt die Bürgerinnen und Bürger und deren Hab und Gut vor Krawallmachern und Gewalttätern schützen“, so Einsatzleiter Robert Heimberger, Polizeipräsident Oberbayern Süd. „Friedliche Gipfelkritiker sind uns willkommen. Es ist aber festzustellen, dass Personen aus dem extremistischen Lager in den Medien und im Internet Störungen androhen und zu Blockaden und anderen nicht näher benannten Aktionen aufrufen. So wird von einigen Gipfelkritikern behauptet, ziviler Ungehorsam sei ein legales Mittel des Protestes. Dazu stellt die Polizei fest, dass Straftaten und Rechtsbrüche, wie Sachbeschädigungen, Körperverletzungen oder Nötigungen, nichts mit zivilem Ungehorsam zu tun haben und nicht toleriert werden. Entsprechende Straftaten werden deshalb mit Nachdruck verfolgt und überführte Täter einem Strafverfahren und der Justiz zugeführt.“
Heimberger bat alle Bürger um Verständnis und bedankte sich für den spürbaren Rückhalt und die Gastfreundschaft gegenüber den Einsatzkräften:
„Wir haben vom ersten Tag an das Gefühl hier willkommen zu sein. Bleiben Sie bitte gelassen, wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um Sie und Ihre Heimat zu schützen!“

Seit der Wiedereinführung der Grenzkontrollen am Dienstag hat die Bundespolizei in Bayern rund 450 Verstöße registriert. Darunter waren illegal Einreisende, sowie Drogen- oder Waffenbesitz. So stoppten die Fahnder der Bundespolizei allein am Mittwoch 190 Menschen aus Eritrea, die in Zügen aus Italien kamen.

Das BKA warnt

Das Bundeskriminalamt (BKA) warnt laut einem Bericht der Zeitung „Die Welt“ vor spektakulären Einzelaktionen beim G-7-Gipfel in Schloss Elmau. „Neben (kriminellen) Aktionen von Kleinstgruppen sind zudem Straftaten irrational handelnder, fanatisierter Einzeltäter einzukalkulieren“, heiße es im aktuellen Lagebild der Wiesbadener Behörde. Dieser 52-seitige Bericht, der als Verschlusssache eingestuft sei, liege der „Welt“ vor. Er schließe auch Anschläge von islamistischen Terroristen nicht aus. Für religiös motivierte Täter stelle der G-7-Gipfel „ein grundsätzlich lohnendes Ziel dar“. Dabei sei „mit allen bereits bekannten und auch neuartigen Tatbegehungsweisen zu rechnen“, stehe in dem Lagebild.

Das BKA befürchte angeblich, dass kleinere Gruppen versuchen werden, in den engeren Sicherheitsbereich zu gelangen. Das BKA gehe davon aus, so die Zeitung, „dass sich ein breites Bündnis von linksextremistischen, linksextremistisch beeinflussten beziehungsweise linksextremistischen autonomen Gruppierungen an den Protesten gegen den G-7-Gipfel beteiligen wird“. Das Aktionsbündnis „Stop G 7 Elmau“ werde laut diesen Erkenntnissen von 56 Organisationen getragen, davon zählten laut Bericht 19 zum extremistischen Spektrum und sieben werden als gewaltorientiert eingestuft. In den vergangenen Wochen habe das BKA zudem verstärkte Mobilisierungsbemühungen in der linksextremistischen Szene registriert.

Behinderungen im Straßen- und Schienenverkehr

Am 7. Juni sind von Ministerpräsident Horst Seehofer alle diejenigen Politiker zum Abendessen in die Münchner Residenz geladen, die erst am darauffolgenden Tag als Gäste zum Gipfel der großen Sieben stoßen. Rund 17.000 Polizisten, darunter 2.500 Bundespolizisten, werden bei dem G7-Treffen im Einsatz sein, um die Staats- und Regierungschefs zu schützen. 800 Bundespolizisten sollen das Bundeskriminalamt bei der Sicherheit in der innersten Sperrzone rund um das Schlosshotel Elmau unterstützen. Einige Beamte werden auch im alpinen Bereich rund um das Hotel eingesetzt, so auch auf der 2.366 Meter hoch gelegenen Meilerhütte im Wettersteingebirge. Mit Kameras und 30 Hubschraubern wird die Bundespolizei auch Wanderwege und die Berge um Elmau überwachen, so Thomas Helbig, Leiter der Bundespolizei-Fliegergruppe. Straßensperren sind laut Innenminister Herrmann nur kurzfristig geplant, etwa wenn die Gäste per Auto anreisen müssen. Dennoch müsse mit Behinderungen in München und im Kreis Garmisch-Partenkirchen gerechnet werden. Urlauber sollten das Gebiet in dieser Zeit möglichst umfahren. Auch Anwohner und Gäste sollten laut Herrmann an den Tagen des G7-Gipfels im Werdenfelser Land nur die nötigsten Fahrten unternehmen. Schließlich müsse auch mit spontanen Blockade-Aktionen der G7-Gegner gerechnet werden. Die B2 zwischen Mittenwald und Garmisch-Partenkirchen soll als Rettungsweg freigehalten werden. Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald werden nach Herrmanns Worten vom 5. bis 8. Juni für den überregionalen Transitverkehr „nicht passierbar“ sein. Die Bahnstrecke Garmisch-Mittenwald wird voraussichtlich für die Dauer des Gipfels gesperrt. Schüler im Landkreis Garmisch-Partenkirchen und der Stadt Geretsried können sich freuen: Sie haben bis 9. Juni zwei Tage länger Ferien, da in ihren Schulgebäuden Einsatzkräfte der Polizei und des Roten Kreuzes untergebracht werden.

Diskussion über Kosten des Gipfels

Neben Kritik wegen fehlender Polizisten im restlichen Bayern hat der Präsident des Bundes der Steuerzahler in Bayern, Rolf von Hohenhau, in der ARD auch Zweifel an den Kostenschätzungen geäußert. Er nannte die Summe von 360 Millionen Euro für den Gipfel. Eine Grundlage für seine höheren Berechnungen sind unter anderem Personal- und Überstundenkosten für Tausende Polizisten. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nannte das „Phantasiezahlen“, die „jeglicher seriösen Grundlage entbehrten“. Es sei nicht nachvollziehbar, „auf welcher Basis von Hohenau seine abenteuerliche Zahlenakrobatik betreibt“. Herrmann verwies beispielsweise darauf, dass die im Rahmen der Gipfelvorbereitungen angeschaffte Ausstattung wie etwa die Informations- und Kommunikationstechnik weiterhin innerhalb der Verbände der Bayerischen Polizei Verwendung finden wird. „Es ist in hohem Maße unseriös, ohnehin anfallenden Personalaufwand für die Polizei,  Investitionen in die Region sowie in IT-Ausstattung willkürlich als „verlorene Kosten“ zusammenzurechnen.“ Die bayerische Staatsregierung geht bislang von rund 130 Millionen Euro aus. Auch die Bundesregierung bezweifelte die Angaben Hohenaus: „Mir erschließt sich diese Summe in keiner Weise. (…) Dieser Ansatz erscheint mir hochspekulativ“, so Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Der Bund zahlt Bayern Seibert zufolge „für gipfelbedingte Mehrkosten einen Ausgleich von 40 Millionen Euro“. Nicht jede bleibende Investition sei eine Ausgabe für den G7-Gipfel. Auch müsse der Aufwand allein für die tausenden Journalisten bedacht werden, denen die Arbeit ermöglicht werde. Ferner müsse das Recht auf Versammlungsfreiheit gesichert werden.

Sicherheit gewährleistet

Auch die weitere Kritik des Steuerzahlerbundes wies Herrmann als „unverantwortliche Stimmungsmache“ zurück. Es gäbe nicht den geringsten Zweifel daran, dass während der Zeit des Gipfels die Sicherheit der bayerischen Bevölkerung gewährleistet sei, sei es im Straßenverkehr oder bei der Kriminalitätsbekämpfung. Die Panikmache des Bundes der Steuerzahler sei völlig aus der Luft gegriffen. Im Übrigen habe Bayern schon andere Großveranstaltungen erfolgreich bewältigt: „Ich erinnere an die Fußball-Weltmeisterschaft oder an den Papstbesuch im Jahr 2006. Wir werden auch dieses Mal wieder die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger gewährleisten – und das überall in Bayern, auf gewohnt höchstem Niveau.“

Garmisch-Partenkirchen verbietet Camp

Die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen hat ein Protestcamp zum G7-Gipfel verboten. Ein Bauer hatte den Organisatoren ein 7.000 Quadratmeter großes Grundstück am Ortsrand zur Verfügung gestellt. Wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht, lehnte der Markt einen Antrag des Aktionsbündnisses „Stopp G7 Elmau“ ab, weil die landwirtschaftliche Fläche an der Loisach, auf der das Camp für rund 1000 Demonstranten errichtet werden sollte, im Überschwemmungsgebiet liege. Dies stelle eine Gefährdung von Teilnehmern und Rettungskräften dar, so die Begründung. In Anbetracht des für die nächsten Tage vorhergesagten Regenwetters seien Hochwasser von bis zu einem halben Meter zu erwarten. Damit bestehe für ein Zeltlager und dessen Bewohner Gefahr für Leib und Leben. Für Rettungskräfte sei es bei Hochwasser fast unmöglich, die Campierenden zu erreichen. Auch könnten von dem Camp zahlreiche Gefährdungen ausgehen, fürchtet die Gemeinde. So könne es auf den landwirtschaftlich genutzten Nachbarflächen „zu erheblichen Schädigungen von Eigentum und Besitz“ kommen. Innenminister Herrmann warnte, dass zuletzt in Frankfurt, aber auch in Gorleben oder Heiligendamm 2007, solche Camps Rückzugsgebiete für Gewalttäter und Ausgangspunkt für die Planung von Straftaten waren. Neben dem Protestcamp plant das Aktionsbündnis drei Dauerkundgebungen rund um die Uhr im Kurpark Mittenwald, im Kurpark Garmisch und am Parkplatz der Kranzbergbahn sowie einen Sternmarsch zum Tagungsort Schloss Elmau. Gegen die Ablehnung des Camps wollen die G7-Gegner gerichtlich vorgehen.

Ziele der Bundesregierung

Bundeskanzlerin Angela Merkel will bei dem G7-Gipfel in Elmau Ergebnisse sehen. „Wir wollen nicht nur Appelle richten, wir wollen am Ende auch konkrete Beschlüsse haben“, so Regierungssprecher Steffen Seibert im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk über die wichtigsten Ziele der vollen Gipfel-Tagesordnung. Wie üblich, werde es um die Lage der Weltwirtschaft gehen sowie um wichtige außen- und sicherheitspolitische Themen, etwa den internationalen Terrorismus. „Wie müssen wir bewerten, dass der IS so grauenhafte Taten in Syrien und im Irak verübt? Wie müssen wir darauf reagieren? Das wollen die Gipfelteilnehmer besprechen“, so Seibert. Daneben gehe es um die Bekämpfung von Seuchen wie Ebola. Vor der Klimakonferenz in Paris im Dezember müssten außerdem Vorbereitungen für ein alle Staaten umfassendes Klimaabkommen geschaffen werden. „Wir wollen die Weichen so stellen, damit es in Paris den Erfolg gibt, den die Welt braucht“, versprach der Regierungssprecher.

Die Bevölkerung rund um den Tagungsort habe man versucht, durch viele Informationsveranstaltungen von der Bedeutung und der Notwendigkeit des Gipfels zu überzeugen sowie Bedenken über mögliche Umweltschäden zu zerstreuen. Dabei hat Seibert das Gefühl gewonnen, dass die Menschen grundsätzlich recht positiv auf das Großereignis reagieren. Was die kritischen Fragen angeht, so habe die Regierung versucht, den Anwohnern so weit wie möglich entgegenzukommen. Schäden durch gewalttätige Demonstrationen seien durch eine Versicherung abgedeckt. „Keiner bleibt auf den Kosten sitzen. Es wird unbürokratische Lösungen geben“, versprach Seibert.

Partner Russland?

Für Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer bleibt Russland auch ohne Teilnahme am G7-Gipfel in Elmau ein wichtiger Partner der Weltpolitik. „Mir persönlich wäre es lieber gewesen, wenn es ein G8-Gipfel gewesen wäre, weil ich glaube, dass wir die Probleme der Welt nicht ohne Russland lösen können“, sagte Seehofer vergangene Woche in München beim Sommerfest der Türkischen Gemeinde in Bayern. Herausforderungen in der Welt wie etwa die Flüchtlingskrise seien ohne Russland nicht zu meistern. Um den Flüchtlingen im Mittelmeer zu helfen und Schleusern das Handwerk zu legen, brauche es die Vereinten Nationen – und dazu wiederum Russland.

Keine geeignete Kulisse

Unterdessen ist mit dem Rückbau eines Schwarzbaus von Schlossherr Dietmar Müller-Elmau begonnen worden. Der Hotelier hatte das Dach der nahe dem Schloss gelegenen Elmauer Alm ohne Genehmigung teilweise angehoben. Das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen ordnete daraufhin den Rückbau an. Die Alm soll laut dpa-Berichten möglicherweise Kulisse für das offizielle Foto der G7-Teilnehmer sein. Als Schwarzbau wäre sie dafür jedoch nicht infrage gekommen.