Abschied vom Willkommenskurs
Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl will sich auf dem CDU-Parteitag für eine deutliche Verschärfung der Asylpolitik stark machen. Mit seinen Vorschlägen zu Abschiebungen und Einreisekontrollen übernimmt er viele Forderungen der CSU.
CDU

Abschied vom Willkommenskurs

Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl will sich auf dem CDU-Parteitag für eine deutliche Verschärfung der Asylpolitik stark machen. Mit seinen Vorschlägen zu Abschiebungen und Einreisekontrollen übernimmt er viele Forderungen der CSU.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hat die Pläne von Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) für eine drastische Verschärfung der Asylpolitik begrüßt. „Der Strobl-Vorstoß ist richtig und wichtig. Aus Sicht der CSU ist damit die Union auf einem guten Weg“, sagte Scheuer. „Die Innenminister und die CDU sollten den Vorschlägen folgen, denn damit kommen wir dem Ziel einer besseren Steuerung, Ordnung und Begrenzung der Zuwanderung deutlich näher.“ Eine Ausweitung der Abschiebehaft für abgelehnte Asylbewerber, eine Kürzung der Leistungen und ein Rückführungszentrum in Nordafrika seien äußerst sinnvolle Vorschläge, so Scheuer. „Klar ist: Wer kein Bleiberecht hat, muss gehen.“

Abschiebe-Antrag für den CDU Parteitag

In einem Positionspapier, über das zuerst Bild am Sonntag berichtete, hat Strobl vorgeschlagen, die Abschiebepraxis von abgelehnten Asylbewerbern drastisch zu verschärfen. Strobl will dazu die Abschiebehaft ausweiten, Sozialleistungen kürzen und ein Rückführungszentrum in Ägypten einrichten. Diese Pläne will der CDU-Bundesvize auf dem Parteitag in Essen Anfang Dezember und bei der Innenministerkonferenz Ende November in Saarbrücken vorlegen.

Wir können nicht 500.000 Ausländer ohne Bleiberecht in unserem Land dulden.

Thomas Strobl

In dem sechsseitigen Papier mit der Überschrift „Wer kein Bleiberecht hat, muss gehen. Die Ausreisepflicht für Ausländer mit neuer Konsequenz durchsetzen“ schreibt Strobl, Deutschland habe erhebliche Schwierigkeiten, Abschiebungen durchzusetzen. „Wir müssen (…) – auch gegen Widerstände – eindeutige politische Ziele vorgeben und, wo erforderlich, neue Rechtsgrundlagen für ein konsequentes Handeln schaffen, bis hin zur europäischen Ebene.“

Laut Strobl werden im Jahr 2017 voraussichtlich 500.000 Menschen ohne Bleiberecht in Deutschland leben. Dies könne man nicht dulden. „Sonst untergraben wir das Vertrauen unserer Bürger in unseren Rechtsstaat.“

Kein Asyl für kriminelle Ausländer

Menschen ohne Schutzstatus müssten zeitnah in ihr Heimatland zurückkehren oder in einen sicheren Drittstaat überstellt werden, fordert Strobl. Ausländer, die Straftaten begehen oder über ihre Identität täuschen, dürften kein Aufenthaltsrecht erhalten. Hart will der CDU-Politiker auch gegen diejenigen Migranten vorgehen, die ihre Pässe wegwerfen oder falsche Angaben zu ihrer Person machen. Als Konsequenz fordert Strobl die sofortige Rücknahme der Duldung, die Beendigung des Asylverfahrens, die Verhängung eines Beschäftigungsverbots und die Kürzung von Sozialleistungen.

Asylanträge von kriminellen Ausländern müssen laut Strobl mit Priorität entschieden und der Aufenthalt nach Ablehnung des Asylantrags sofort beendet werden. Auch sollen Schutzberechtigte, die in ihren Herkunftsstaat zurückkehren um etwa Urlaub zu machen, ihren Asylstatus verlieren. Um mehr Menschen in vergleichsweise sichere Regionen nach Afghanistan abschieben zu können, müsse das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge diese Asylanträge schneller bearbeiten.

Flüchtlingszentren in Nordafrika

Strobl regt zudem an, ein Rückführungszentrum in Nordafrika zu errichten, in das neben im Mittelmeer aufgegriffenen Flüchtlingen auch ausreisepflichtige Ausländer aus Deutschland gebracht werden könnten. Strobl sieht gute Chancen, darüber mit Ägypten zu einer Vereinbarung zu kommen.

Dafür bedarf es einer wirksamen und intelligenten Überwachung der Grenze durch die Bundespolizei, nicht nur an der Grenze zu Österreich, sondern auch zur Schweiz.

Thomas Strobl

Eine Begrenzung des Zuzugs sei nur dann zu erreichen, wenn die EU-Außengrenzen wirksam gegen illegale Einreisen gesichert werden, heißt es in dem Papier. „Dafür bedarf es einer wirksamen und intelligenten Überwachung der Grenze durch die Bundespolizei, nicht nur an der Grenze zu Österreich, sondern auch zur Schweiz.“ Wer aus Italien oder der Schweiz nach Deutschland komme, müsse auch wieder dorthin zurück, verlangt Strobl.

Rot-Grün verhindert Abschiebungen

Die Forderungen des CDU-Politikers ähneln vielen Vorschlägen, wie sie seit geraumer Zeit von der CSU gemacht werden. So hatte der Chef der CSU-Landtagsfraktion, Thomas Kreuzer, bereits vor über einem Jahr Aufnahmezentren für Flüchtlinge in Afrika angeregt. Auch die Forderung, Migranten ohne Ausweispapiere nicht mehr einreisen zu lassen, erhebt die CSU seit geraumer Zeit. Kriminelle Ausländer auch in Krisengebiete abzuschieben, verlangt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann ebenfalls seit vielen Monaten.

Die Forderungen der Union stehen im krassen Gegensatz zur Praxis in vielen Ländern mit sozialdemokratischer oder grüner Regierungsbeteiligung. So plant die rot-rot-grüne Koalition in Berlin, auf Abschiebungen weitgehend zu verzichten. Abschiebehaft und Abschiebegewahrsam seien „unangemessene Maßnahmen“, erklären die designierten Koalitionspartner. Aus Schulen, Jugendeinrichtungen und Krankenhäusern solle es überhaupt keine Abschiebungen mehr geben. Familien dürfe man bei der Rückführung nicht trennen. Stattdessen will der künftige Berliner Senat auf freiwillige Ausreisen setzen.

Schon bisher fällt Berlin durch eine besonders laxe Haltung auf. 1540 eigentlich ausreisepflichtige Ausländer, das berichtet die Welt, dürften aufgrund einer Härtefallregel bleiben – mehr als in jedem anderen Bundesland. In Bayern beispielsweise gelte die Härtefallregel nur für 448 Ausländer.

22.000 Abschiebungen in diesem Jahr

Insgesamt wurden in diesem Jahr bis Ende Oktober bereits 21.789 abgelehnte Asylbewerber aus Deutschland ausgewiesen. Im gesamten Jahr 2015 gab es 20.888 Abschiebungen.

Die bayerischen Ausländerbehörden haben in diesem Jahr bereits mehr als 3000 abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimatländer abgeschoben. Nach Angaben des Innenministeriums stammt der Großteil der Menschen aus den Ländern des westlichen Balkans. „Unser Asylrecht kann letztlich nur dann funktionieren, wenn abgelehnte Asylbewerber auch so rasch wie möglich in ihre Heimatstaaten zurückkehren“, betonte Bayerns Innenminister Herrmann.