Wally und Reinhard Müller mit Braumeister Harald Haag (v.l.n.r.). (Bild: A. Schuchardt)
Neuötting

Aus Mälzerei wird Bierbühne

Über 30 Jahre lag die Mälzerei der Brauerei Müllerbräu brach. Inhaber Reinhard Müller hat den Schritt gewagt und aus der Stätte das Lokal "Keimkasten" gemacht - mit außergewöhnlichem Ambiente.

Wer die Bierbühne in Neuötting besucht, bekommt bereits im Eingang Einblick in die Geschichte des Lokals. Die verglaste Decke gibt den Blick frei auf die einstigen Silos. Im Inneren sitzen die Gäste zwischen den alten Maschinen. Die Wände sind mit New-Yorker U-Bahn-Kacheln verkleidet. Wo früher Gerste zu Malz keimte, serviert Waldtraud Müller Bier und Brotzeiten.

Die Idee hatten Bräu Reinhard Müller und sein Braumeister Harald Haag schon seit mehreren Jahren. Jetzt zum Bierjubiläum – 500 Jahre Reinheitsgebot – wurde sie wahr. Aus der ehemaligen Mälzerei bastelten die beiden einen sogenannten „Keimkasten“ für Liebhaber des Bieres. Was es mit dem Namen auf sich hat, erklärt Müller bei einem Besuch in der etwas ungewöhnlichen Lokalität:

Bierlokal in Ex-MälzereiPlay Video
Bierlokal in Ex-Mälzerei

Eigentlich wollten die Müllers bereits im Frühjahr den „Keimkasten“ eröffnen. Doch das Genehmigungsverfahren für den Umbau dauerte länger als erwartet. Unterstützung gab es dabei von Architektin Veronika Kammerer. Beim Umbau sollte so wenig wie möglich von der alten Substanz verändern werden. Sie schaffte es, mithilfe dreier Holzklötze im Inneren, Ambiente zu schaffen sowie den Schall zu brechen. Denn in der tunnelförmigen Mälzerei hätte schallendes Gelächter sonst unangenehm für die Ohren werden können.

Platz finden gut 50 Gäste, plus zusätzliche Stehplätze. Geöffnet ist der Keimkasten allerdings nur von Donnerstag bis Samstag. Die Müllers setzen vor allem auf Privatveranstaltungen. Außerdem sollen die Brauereiführungen hier ihren Ausklang finden. In der heutigen Brauerei Müllerbräu werden derzeit 15 Biersorten hergestellt und vertrieben. Knapp 25.000 Hektoliter kommen im Jahr zusammen. Einen neuen Absatz soll das Malzgetränk jetzt im Keimkasten finden.

Was passiert im Keimkasten?

In einer Mälzerei keimt das Getreide während der Mälzung im Keimkasten. Das Keimgut wird dazu in den Keimkästen aufgeschichtet. Von unten kann zur Kühlung Luft durch den „Haufen“ gepresst werden. Während der Keimung, die bis zu einer Woche dauert, wird das Grünmalz täglich gewendet. Dazu fährt ein Wender regelmäßig auf und ab und lockert mit korkenzieherartigen Schrauben, den sogenannten Wenderspindeln, das Keimgut auf. Heutzutage haben nur noch wenige Brauereien einen Keimkasten. 95 Prozent der Betriebe kaufen das fertige Malz für den Brauprozess zu.