Die Tagung der Landräte fand in Rothenburg ob der Tauber statt. (Bild: Imago/Peter Widmann)
Bayerischer Landkreistag

„Kein Ärger unter Bürgern“

Mehr Datenschutz, Solidarität mit dem Landkreis Rottal-Inn bei der Hochwasserhilfe und eine neue Struktur des Veterinärwesens, das waren Themen der Tagung der bayerischen Landräte. Schwerpunkt in Rothenburg ob der Tauber war aber die Digitalisierung. Landrat Christian Bernreiter fordert bundesweite Regelungen, um Bürgern bei IT-Ausfällen Ärger zu ersparen.

Für gleichwertige Lebensverhältnisse von Stadt und Land gibt es noch einiges zu tun.

Christian Bernreiter, Präsident des Bayerischen Landkreistags

4.0 beträfe nicht nur die Industrie, 4.0 beträfe nicht nur den privaten Bereich der Bürger, 4.0 beträfe auch die Verwaltung – und das nicht nur als diejenigen, die die richtige Faser in die Rohre der Kommunen bringen würden, sondern vor allem auch als digitale Dienstleister. Für die Städte, Gemeinden und Landkreise gäbe es nur einen zukunftsfähigen Weg: den digitalen. So lautete der Tenor auf der diesjährigen Tagung der 71 bayerischen Landräte unter dem Motto „Digitalisierung und IT-Sicherheit“ in Rothenburg ob der Tauber.

Kommunen tragen Hauptlasten

Nachdem bis zu 90 Prozent der Bürgerkontakte auf die Kommunen entfallen, tragen diese die Hauptlasten für den Ausbau der elektronischen Verwaltung. Der Freistaat unterstützt die Kommunen bisher unter anderem mit dem Investitionsprogramm „Bayern Digital“. So hat er sich unter anderem dazu verpflichtet, zentrale E-Government-Dienste wie die sichere Identifizierung, ein elektronisches Postfach und sicheres Bezahlen dauerhaft und betriebskostenfrei zur Verfügung zu stellen. Dass alle Landkreise diesen Service als zentralen Baustein nutzen, ist derzeit bundesweit einzigartig.

Eine der größten Herausforderungen für die digitale Verwaltung bleibt die Gewährleistung des Datenschutzes und der Datensicherheit. Falle die IT aus, könnten nicht nur einzelne Aufgabenbereiche lahmgelegt, sondern auch Bürger erheblich verärgert werden, sorgte sich Bernreiter. Deshalb müssten bundesweit entsprechende Regelungen geschaffen werden, um solchen Vorfällen vorzubeugen.

Der Ausfall der IT kann nicht nur einzelne Aufgabenbereiche lahmlegen, sondern auch bei den Bürgerinnen und Bürgern für erheblichen Ärger sorgen. Hier gilt es, bundes- und landesweit entsprechende Regelungen zu schaffen.

Christian Bernreiter, Präsident des Bayerischen Landkreistags 

Mit dem sogenannten Bayern-CERT hätte der Freistaat bereits eine „IT-Feuerwehr“ eingerichtet, die die Landratsämter bei akuten IT-Sicherheitsvorfällen unterstützen würde. Die Kreise bräuchten aber bereits im Vorfeld die Rückendeckung der Staatsregierung. Die Landräte fordern deshalb, dass der Freistaat die Ende 2016 auslaufenden Förderprogramme zur Verbesserung der Informationssicherheit in den Kommunen im Doppelhaushalt 2016/2017 verlängere und die Beratungsangebote für die Landratsämter ausweitete.

Mehr Glasfaser

Neben der digitalen Verwaltung fordern die bayerischen Landkreise die Unterstützung von Bund und Land auch beim weiteren Ausbau der Breitbandversorgung. Glasfaserausbau wäre eine Grundvoraussetzung für die zukünftige Leistungsfähigkeit und die Attraktivität der kommunalen Infrastruktur. 95 Prozent der bayerischen Kommunen befinden sich bereits im Förderverfahren des Bayerischen Breitbandförderprogrammes. Unter den Landkreisen herrschte Einigkeit darüber, dass die nach Auslaufen der Förderprogramme verbleibenden Versorgungslücken mit Unterstützung des Freistaats schnellstmöglich geschlossen werden.

Hochwasserhilfen für den Landkreis Rottal-Inn

Die Hochwasser- und Unwetterereignisse im Mai und Juni 2016 haben in zahlreichen bayerischen Landkreisen erhebliche Sachschäden verursacht und auch Todesopfer gefordert. Für alle Opfer des Hochwassers wurde ein Spendenkonto beim Bayerischen Landkreistag eingerichtet. Insgesamt sind in den letzten Monaten auf dem Spendenkonto 275.600 Euro zusammengekommen, die jetzt an die Betroffenen ausgereicht werden können. 

Die Hochwasserschäden im Landkreis Rottal-Inn waren enorm. Es ist richtig, dass alle Landkreise zusammenstehen, wenn einer in eine besondere Notsituation gerät.

Christian Bernreiter, Präsident des Bayerischen Landkreistags 

Bei der Hochwasserkatastrophe wurde der Landkreis Rottal-Inn mehr als 15-mal so stark getroffen als andere Landkreise. Schätzungen zu Folge sind dort Schäden in Höhe von rund einer Milliarde Euro entstanden. Aufgrund des Ausmaßes hat das Präsidium des Bayerischen Landkreistags beschlossen, die eingegangenen Spendengelder vollständig an den Landkreis Rottal-Inn zur weiteren Verteilung an die Geschädigten vor Ort auszuzahlen.

Struktur des Veterinärwesens

Das Präsidium des Bayerischen Landkreistags befasste sich im Vorfeld zur diesjährigen Landrätetagung auch mit den vom Umweltministerium vorgelegten Eckpunkten für eine Strukturreform des amtlichen Veterinärwesens und der Lebensmittelüberwachung. Eine neue Behörde mit zwei Außenstellen soll künftig die Kontrolle von Großbetrieben unterstützen. Kleinere Betriebe sollen in der Zuständigkeit der Landratsämter bleiben. So werden rund tausend komplexe Betriebe in Zukunft in den Kontrollbereich der staatlichen Sonderbehörden fallen.

Amtliche Tierärzte bleiben beim Landratsamt angestellt. Stellen sie in einem Großbetrieb einen Hygienemangel fest, ordnen sie eine Beseitigung der Mängel im Namen der Kontrollbehörde, nicht im Namen des Landratsamtes an. Die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Kontrollbehörde und den Landratsämtern habe laut Christian Bernreiter, Präsident des Bayerischen Landkreistags, einen entscheidenden Vorteil: Sie sei ein Kompromiss zwischen dem für Großbetrieben notwendigen Fachwissen und der für Kleinbetriebe sinnvollen Ortsnähe.

Die Staatsregierung plante nach dem sogenannten Bayern-Ei-Skandal, die Zuständigkeit für das amtliche Veterinärwesen und die Lebensmittelüberwachung vollständig von den Landratsämtern auf zwei Regierungen mit 25 Außenstellen zu übertragen. Grundlage der Überlegung war ein Gutachten des Obersten Rechnungshofes. Doch damit werde die Ortsnähe für kleinere und mittelgroße Betriebe nicht berücksichtigt. Auch die Verwaltungskompetenz der Landratsämter wäre verloren gegangen. Außerdem wäre die in vielen Fällen notwendige Zusammenarbeit zwischen verschiedenen auf der Kreisstufe angesiedelten Behörden erschwert worden, legte Bernreiter dar.

Eine totale Sicherheit gibt es leider nicht und kann auch nicht durch eine noch so gute amtliche Kontrolle erreicht werden.

Christian Bernreiter, Präsident des Bayerischen Landkreistags

Das Ministerium plant, Anfang November den Entwurf für eine Verordnung vorzulegen. Die Landräte hoffen, dass mit dieser Strukturreform eine Verbesserung eintritt. Aber auch damit werde man Lebensmittelskandale in der Zukunft leider nicht vollkommen ausschließen können, so Bernreiter.

Der Bayerische Landkreistag

Der Bayerische Landkreistag ist einer der vier Kommunalen Spitzenverbände in Bayern neben dem Bayerischen Gemeindetag, dem Bayerischen Städtetag und dem Bayerischen Bezirketag. Er vertritt die 71 bayerischen Landkreise. Wesentliches Ziel des Bayerischen Landkreistags ist es, die kommunale Selbstverwaltung auf der Kreisebene zu sichern und zu stärken. Als Anwalt der bayerischen Landkreise berät der Bayerische Landkreistag seine Mitglieder und tritt für die Stärkung des ländlichen Raums ein. Präsident des Bayerischen Landkreistags ist der Deggendorfer Landrat Christian Bernreiter.