EVP-Fraktionschef Manfred Weber. (Bild: fkn)
Internet-Chat

„Bayern lässt sich nicht kopieren“

Der CSU-Europaabgeordnete Manfred Weber stellte sich auf Facebook den Fragen der Nutzer. Der Partei-Vize sprach sich klar gegen eine bundesweite Ausdehnung der CSU aus und verlangte eine Neuordnung der europäischen Flüchtlingspolitik.

Wie geht es weiter mit Europa? Was bedeutet der Brexit? Wie reagiert die EU auf die Flüchtlingsproblematik? Was halten Sie vom neuen Papst? Wird es die CSU auch außerhalb Bayerns geben?

Es war ein breites Spektrum an Fragen, das die Facebook-Nutzer dem CSU-Europapolitiker Manfred Weber stellten. Fast eine halbe Stunde lang stand der stellvertretende CSU-Parteivorsitzende am frühen Donnerstagabend per Live-Chat auf der Facebook-Seite der CSU Rede und Antwort.

Probleme gemeinsam lösen

Bei der künftigen Entwicklung von Europa, das machte Weber gleich zu Beginn der Fragerunde klar, gehe es nicht darum, einen neuen Staat zu schaffen. Europa sei kein Staat, so Weber, sondern ein Zusammenschluss von Staaten. Ein Zusammenschluss, in dem Bayern, wie Weber betonte, eine sehr selbstbewusste Rolle spiele. Es gebe weltweit viele Probleme, die sich besser gemeinsam lösen ließen, hob der der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament hervor. Weber nannte das Beispiel des Datenschutzes. Wenn die europäischen Länder gemeinsam mit den USA und Firmen wie Facebook über Regeln und Richtlinien verhandelten, könnten sie viel mehr erreichen als jeder alleine.

Auch in der Flüchtlingskrise warb Weber für gemeinsame Lösungen. Nach der Phase der unkontrollierten Massenzuwanderung im vergangenen Jahr müsse Europa sein gesamtes System der Zuwanderung auf den Prüfstand stellen. Zunächst brauche es einen wirksamen Schutz der europäischen Außengrenzen. Weber berichtete, dass die europäische Grenzsicherungsagentur Frontex jetzt auch an der bulgarisch-griechischen Grenze aktiv sei. Hier werde nicht nur eine nationale Grenze, sondern die Grenze zu Europa geschützt.

Weber plädiert für Flüchtlings-Hotspots

Als weitere Maßnahme forderte Weber Hotspots an den europäischen Außengrenzen. Dort müsse schnell geprüft werden, wer einen Anspruch habe, nach Europa zu kommen und wer wieder zurückgeschickt werden müsse. „Für Flüchtlinge müssen wir als christlicher Kontinent die Tür aufmachen“, erklärte Weber. „Dazu müssen dann aber alle Länder ihren Beitrag leisten.“ Er räumte ein, dass dies im Moment die schwierigste Frage sei, weil die osteuropäischen Länder nicht bereit seien, Flüchtlinge aufzunehmen.

Nicht jeder, der ein besseres Leben sucht, kann nach Europa kommen.

Manfred Weber

Weber betonte, es sei wichtig, zwischen illegalen Migranten und Flüchtlingen zu unterscheiden. Zuletzt seien viele Menschen etwa aus Afrika nach Europa gekommen, die nicht politisch verfolgt wurden oder vor einem Krieg flohen, sondern weil sie ein besseres Leben suchten. „Dieser Wunsch ist legitim“, so Weber. „Aber es kann nicht jeder, der ein besseres Leben sucht, nach Europa kommen.“ Deshalb sei es entscheidend, zwischen illegalen Migranten und Flüchtlingen zu unterscheiden.

„Jedes Land hat Aufnahmegrenzen“

Aber auch bei der Verantwortung gegenüber Flüchtlingen gebe es Grenzen, betonte Weber. „Jedes Land hat Aufnahmegrenzen, die man nicht überschreiten darf“, sagte Weber. Die CSU drücke dies mit ihrer Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge deutlich aus.

Von den Migranten, die in Deutschland leben wollen, erwarte er, dass sie akzeptieren, was unsere Leitkultur ausmache. Die Leitkultur, so Weber, definiere die Regeln des Zusammenlebens, die in keinem Gesetz stünden. „Bei uns ist es eben üblich, dass wir uns zur Begrüßung die Hand geben und dass man sowohl den Mann als auch die Frau grüßt.“ Wer unsere Leitkultur nicht akzeptieren wolle, der müsse das Land auch wieder verlassen.

Wir werden von unserem Wohlstand etwas abgeben müssen.

Manfred Weber

Weber machte deutlich, wie entscheidend es sei, die Fluchtursachen vor allem in Afrika zu bekämpfen. Die Menschen dort wünschten sich ein besseres Leben. „Sie bekommen genau mit, wie wir hier in Europa leben“, so Weber. „Wir werden von unserem Wohlstand etwas abgeben müssen.“

Auf die Frage, ob es richtig sei, die Flüchtlinge aus Afrika bereits wenige Kilometer vor der Küste aufzunehmen und nach Europa zu bringen, antwortete Weber: „Wir können die Menschen nicht ertrinken lassen.“ Weber sprach sich dafür aus, mit den nordafrikanischen Mittelmeerstaaten Abkommen zu schließen. Ziel müsse es sein, den Schleppern das Handwerk zu legen und zu verhindern, dass die Menschen in die Boote steigen. Er verwies auf das Abkommen mit der Türkei. Seither sei die Zahl der Boote mit Flüchtlingen, die über die Ägäis kommen, deutlich zurückgegangen.

Brexit schadet den Briten

Die Entscheidung der Briten, die Europäische Union zu verlassen bedauerte Weber. „Ich finde es schade, dass die Briten raus wollen.“ Sie müssten dann auch die Konsequenzen tragen. Er sei überzeugt, dass der Austritt Großbritannien mehr schaden würde als der EU. Weber machte klar, dass die Briten nicht damit rechnen können, den vollen  Zugang zum europäischen Markt zu behalten, wenn sie gleichzeitig die Freizügigkeit der Menschen einschränken wollen. „Es kann nicht sein“, so Weber, „dass die Lastwagen weiter rollen, aber europäische Studenten nicht mehr nach Großbritannien dürfen.“

Weber gab sich im Live-Chat als Fan des neuen Papstes zu erkennen. Er schätze am Heiligen Vater, dass er ein Seelsorger sei, der auf die Menschen zugehe. Es gefalle ihm, wie der Papst seinen Glauben kommuniziere und dass Franziskus die Barmherzigkeit als Kern des katholischen Glaubens herausstelle. Es gehe ihm zuerst darum, zu vergeben und nicht zu richte, was richtig und falsch sei.

Die CSU bleibt in Bayern

Was denn christlich an der CSU sei, wollte ein anderer Facebook-Nutzer wissen. Weber betonte, dass es ein hoher Anspruch sei, wenn sich eine Partei auf die christlichen Werte berufe. „Das ist ein Maßstab, dem man auch gerecht werden muss.“ In der Politik gehe es dabei um Fundamentales. Weber nannte als Beispiel die Sterbehilfe. In einigen europäischen Länder, berichtete Weber, gebe es Menschen, die Zettel im Geldbeutel trügen, auf denen sie erklärten, sie wollten weiter behandelt werden, auch wenn sie die selbst nicht mehr verlangen könnten. Diese Menschen hätten Angst, dass ihre Behandlung eingestellt werde, weil keine Aussicht auf Besserung mehr bestünde. „In so einem Land möchte ich nicht leben“, erklärte Weber. Sterbehilfe dürfe nicht so geregelt werden, dass finanzielle Erwägungen dazu führten, Schwerkranke nicht mehr bestmöglich zu behandeln.

Keine Hoffnung konnte Weber den Fragern machen, die wissen wollten, ob die CSU demnächst bundesweit antreten werde. „Ich bin dagegen“, lautete die klare Antwort. Die CSU sei sowohl von ihrer Ausrichtung als auch von ihrer Geschichte her eine zutiefst bayerische Partei. Und Bayern, so Weber, sei etwas ganz Besonderes. Er glaube nicht, dass man dies einfach in anderen Ländern kopieren könne.

Am Ende des Chats gab es viel Lob von den Fragestellern. „Schöner Dialog“, lobte ein Facebook-Nutzer. „Kommen Sie wieder“, schrieb ein anderer. Und ein Dritter erklärte auf bayerisch: „Hast guad gmacht.“