Spatenstich für das Bauprojekt "Meiller Gärten". (Bild: A. Schuchardt)
Immobilien

München: Mieten statt kaufen?

Franz Meiller schlägt einen für private Investoren ungewöhnlichen Weg ein und baut in großem Stil Mietshäuser. Zum Spatenstich treffen sich Vertreter der Branche auf dem Areal im Südosten von München. Oberbürgermeister Dieter Reiter sieht in dem Bauvorhaben ein Vorbild für andere Unternehmer.

München – eine Stadt, in der Superlativen zum Problem werden. Denn die Prognose lautet: bis 2030 wächst München um etwa 15 Prozent. Das wären 230.000 Einwohner mehr, insgesamt 1,7 Millionen. Das macht den jetzt schon knappen und teuren Wohnraum immer begehrter. Für das Familienunternehmen Meiller optimale Voraussetzungen, viel Geld zu verdienen. Denn das Unternehmen aus der Automobil- und Stahlindustrie, das unter anderem kippbare Wagenkästen für Lkws herstellt, besitzt ein großes Grundstück südwestlich des Moosacher Bahnhofs in München. So könnte Franz Meiller ein äußerst lukratives Geschäft machen, wenn er die circa 64.000 Quadratmeter große Fläche bebaut und verkauft. Doch statt kurzfristiger Rendite plant er eine langfristige Investition für die Familie, von der auch die nächsten beiden Generation profitieren.

Entwickeln Sie für unsere Familie eine langfristige Investition und denken Sie dabei in zwei Generationen.

Zielvorgabe von Franz Meiller für das Bauprojekt „Meiller Gärten“

Das macht das Bauprojekt zu einer Ausnahme. Denn private Investoren sind im Mietwohnungsbau eher weniger zu finden. Fast nur noch die kommunalen Wohnungsbauunternehmen sind aktiv. Knapp vier Monate vor Baubeginn läd Franz Meiller, der in der fünften Generation das Unternehmen repräsentiert, Vertreter der Branche zum Spatenstich auf das Areal und präsentiert das Bauvorhaben.

Autos sind im Quartier tabu

In zweieinhalb Jahren, Anfang 2019, sollen die ersten Münchner in Wohnungen der „Meiller Gärten“ einziehen können. Was ursprünglich als Büropark angedacht war, hat sich in der Planungsphase letztendlich doch zu einem Wohnquartier entwickelt. Geplant sind 700 Mietwohnungen – mit Tiefgaragen und zum Teil mit Blick auf die Zugspitze. Zu dem Projekt gehört auch ein Hochhaus mit zehn Stockwerken und eine etwa 10.000 Quadratmeter große Geschossfläche Gewerbe. Sie ist für ein Hotel vorgesehen. Auch vier Kinderkrippen und vier Kindergartengruppen soll es in dem Quartier geben. Die Häuser entstehen auf insgesamt acht Baufeldern. Jedes Baufeld zeichnet sich durch eine eigene Architektur aus. Dazu arbeitete Andreas Ferstl, Vorstand der Rathgeber AG, mit vier verschiedenen Architektenbüros und 30 externen Ingenieuren und Architekten zusammen. Die Rathgeber AG plant als Unternehmen der Meiller-Gruppe das Bauvorhaben. Auch zwei Parkanlagen wird es geben. Das Areal ist dabei für Autos tabu. Der Verkehr wird auf die Außenränder beschränkt. Nicht umsonst heißt das Wohnquartier „Meiller Gärten“. In Sachen Energieeffizienz sorgen Grundwasserwärmepumpen und Solarstrom für eine nachhaltig erzeugte Stromversorgung. Ein Plus des Standortes ist die Anbindung. Sowohl S-Bahn, U-Bahn, Bus und Tramstation befinden sich direkt am Eingang des Wohnparks.

Bauprojekt als Vorbild für Unternehmer

Für Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter bedeutet das Projekt eine deutliche Entlastung. Die Stadt strebt an, jährlich 6000 bis 10.000 neue Wohnungen zu bauen. Meillers Bauvorhaben deckt davon – sobald die Wohnungen bezugsbereit sind – etwa zehn Prozent ab. Auch für die Mitarbeiter des Familienunternehmens Meiller wird ein Teil der Wohnungen zur Verfügung stehen. Mit dem Angebot will der Unternehmer Fachkräfte für seine Fabrik anlocken. Wie viele Objekte und zu welchen Konditionen, steht noch nicht fest.

Das Bauprojekt bezeichnet Reiter als Vorbild für andere Unternehmen. Denn auf Dauer lasse sich Personal nur gewinnen, wenn das Thema „Wohnen“ Teil des Portfolios sei. Es gehöre gerade für mittelständische Unternehmen immer mehr dazu, Mitarbeitern zu helfen, eine bezahlbare Bleibe zu finden. Dazu brauche das Unternehmen nicht selbst in den Wohnungsbau einsteigen, auch im Auftragsgeschäft ließen sich sogenannte „Werkswohnungen“ bauen, sagt Reiter.

Personal lässt sich künftig nur noch gewinnen, wenn das Thema „Wohnen“ Teil des Portfolios des Unternehmens ist.

Oberbürgermeister Dieter Reiter

Das nicht noch mehr private Investoren auf den Zug aufspringen, liegt laut Eberhard Sasse, Präsident der IHK für München und Oberbayern, daran, dass die Bauvorschriften der Stadt noch viel zu restriktiv seien. Vor den planungsrechtlichen Voraussetzungen würden viele potentielle Investoren zurückschrecken. Die Zusammenarbeit mit der Stadt München in Sachen Baurecht beschrieb Meiller aber als gut.

„Meiller Gärten“ für Angestellte der Stadt?

30 Prozent der Objekte sind gemäß der „Sozialen Bodennutzung“ (SoBon) geförderte Wohnungen. Wie hoch die Miete für die freien Wohnungen später sein wird, können die Investoren noch nicht sagen. Sie soll aber nicht auf maximalem Mietniveau liegen. Es gehe in erster Linie darum, eine stabile Mieterschaft aufzubauen, sagt Ferstl. Dass hier bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird, freut auch Stadtrat Alexander Dietrich. Als Münchens Personalchef will er die Rahmenbedingungen für städtische Angestellte verbessern – und setzt dabei auf die Vermittlung von bezahlbarem Wohnraum. Vielleicht könnten die „Meiller Gärten“ auch bald für Angestellte der Stadt München eine Option sein.

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Bezahlbarer Wohnraum mit neuem Personalchef in München

Von der Waggonfabrik zur Wohnanlage

Die Rathgeber AG ist zusammen mit der F.X. Meiller Gelände GmbH & Co. KG Eigentümer der als Meiller-Areal bekannten Grundstücksflächen südwestlich des Moosacher Bahnhofs in München. Das insgesamt circa 20 Hektar große Gelände ist zu zwei Drittel an die Firma F.X. Meiller Fahrzeug- und Maschinenfabrik GmbH & Co. KG vermietet, die hier ihren Hauptstandort mit Verwaltung und Produktion unterhält. Auf dem nicht mehr betriebsnotwendigen nordöstlichen Drittel werden die „Meiller Gärten“ entwickelt, die nach Fertigstellung im Bestand der Eigentümer verbleiben.

Das Gelände hat eine lange Industriegeschichte. Mitte des 20. Jahrhunderts produzierte hier die Waggonfabrik „Jos. Rathgeber“ erst Busse und Schienenfahrzeuge. Darunter auch Münchner Trambahnen, später Rolltreppen, U-Bahnen und Aufzugstüren. 1987 ging Rathgeber im Unternehmen F. X. Meiller Fahrzeug- und Maschinenfabrik auf, das mit der Herstellung hydraulischer Kipper groß geworden war und schon in den Fünfzigerjahren die Aktienmehrheit bei Rathgeber übernommen hatte. Für die Produktion brauchte das Unternehmen weniger Platz, nachdem der Stahlbau in den 1990er-Jahren nach Tschechien verlegt wurde. Auf den frei gewordenen Flächen entsteht nun das Mietwohnungsprojekt. Samt Grundstückwert summiert sich das Investitionsvolumen auf circa 300 Millionen Euro.