Quito in Ecuador. Hier findet im Oktober die Habitat III Weltkonferenz statt. (Bild: Imago/Westend61)
Stadtentwicklung

Kampf dem Klima-Kollaps

Jede Woche ziehen 1,4 Millionen Menschen weltweit in Städte – vor allem in Asien und Afrika. Der Autoverkehr wird sich in den Städten bis 2050 vermutlich verdreifachen. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat deshalb zu nachhaltigen Stadtkonzepten aufgerufen und kündigte eine Initiative für urbane Mobilität an.

Heute lebt bereits über die Hälfte der Weltbevölkerung in urbanen Zentren. In vierzig Jahren werden es voraussichtlich 80 Prozent sein. Dieses Wachstum findet fast ausschließlich in den städtischen Ballungsräumen und informellen Siedlungen („Elendsvierteln“) der Entwicklungs- und Schwellenländer statt. Damit einher geht eine rasante Zunahme der Armut. Sie zeigt sich an verschiedenen Aspekten: geringes Einkommen, fehlende Aufstiegschancen, mangelnde Beteiligungsmöglichkeiten am politischen und wirtschaftlichen Leben, Missachtung der Menschenrechte sowie fehlender Zugang zu Ressourcen und Dienstleistungen. In vielen Armutsvierteln herrschen mangelhafte Umwelt- und Lebensbedingungen. Siedlungsrechte und Landbesitz sind dort meist nicht geklärt, es fehlt an Wohnraum. Und es wird zunehmend schwierig, internationale Klimaziele zu erreichen. Darauf hat jetzt Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hingewiesen.

Wir benötigen eine weltweite Verkehrswende. So können wir den Klima-Kollaps abwenden, die Wirtschaft stärken und Milliarden Menschen durch Zugang zu Arbeit und Bildung aus der Armut holen und ihre Lebensqualität steigern.

Gerd Müller, Bundesentwicklungsminister

Im Rahmen einer Fachkonferenz zu nachhaltigen Stadtkonzepten kündigte Bundesminister Müller eine „Deutsche Initiative für transformative urbane Mobilität“ an. Ziel der Initiative ist es, in Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen Entwicklungs- und Schwellenländern technisches Know-how und Mobilitätslösungen zur Verfügung zu stellen.

Weder Trinkwasser noch Müllabfuhr

So fehlt es in dicht besiedelten Siedlungen oft an Trinkwasseranschlüssen und sanitären Einrichtungen. Häufig existiert weder eine Kanalisation noch eine organisierte Abfallentsorgung – mit erheblichen Folgen für die Gesundheit der Bewohner. Informelle Siedlungen sind mit ihren provisorisch gebauten Unterkünften zudem besonders anfällig für extreme Wetterbedingungen: Mangels Alternativen bilden sie sich häufig an besonders gefährdeten Standorten, beispielsweise an Hängen, und sind dadurch vom Klimawandel besonders bedroht. Mit Unterstützung des Bundesentwicklungsministeriums engagieren sich bereits etwa 500 deutsche Kommunen in der Entwicklungspolitik. Sie stellen ihr Wissen Kommunen in Entwicklungs- und Schwellenländern zur Verfügung und beraten bei der Organisation der Verwaltung, dem Betrieb von Krankenhäusern oder bei der Trinkwasserversorgung.

Weltkonferenz in Ecuador

Weitere Ziele der Initiative sollen auf der Habitat III Weltkonferenz für Siedlungswesen im Oktober in Ecuador vorgestellt werden. Dabei versucht die deutsche Entwicklungszusammenarbeit die Potenziale der Städte aufzugreifen. So will sie vor allem erfolgreiche Regierungsführung auf lokaler Ebene fördern: Städte sollen mithilfe einer demokratisch legitimierten Stadtverwaltung Leitlinien für nachhaltige Entwicklung erarbeiten. Dafür müssen sie aber über rechtliche und finanzielle Grundlagen verfügen.

Urbane Stadtentwicklung

Die vergangenen hundert Jahre waren von einem beachtlichen Bevölkerungswachstum geprägt: Lebten im Jahr 1900 noch 1,6 Milliarden Menschen auf der Erde, waren es 1999 schon sechs Milliarden. Bereits 2011 wurde die siebte Milliarde erreicht. Ab Mitte des Jahrhunderts wird sich die Weltbevölkerung voraussichtlich bei rund zehn Milliarden Menschen langsam stabilisieren. Während der natürliche Bevölkerungsanstieg in früheren Jahrhunderten vor allem auf dem Land stattfand, ist er heute hauptsächlich in den Städten zu verzeichnen. Mitte des 20. Jahrhunderts lebten 30 Prozent der Menschen in den urbanen Zentren der Welt. Heute sind es über 50 Prozent – Tendenz steigend. Bis 2050 werden voraussichtlich 80 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben.