Barbara Müller, Spalter Hopfenkönigin, steckt zum Start der Saison eine Rebe in die Pflückmaschine. (Bild: Anja Schuchardt)
Landwirtschaft, Hallertau

Bauern im Hopfenglück

Überdurchschnittlich viel Hopfen werden die Bauern in diesem Jahr voraussichtlich ernten. Zum Start der Erntesaison treffen sich die Vertreter der Branche in Deutschlands größtem Anbaugebiet - mitten in der Hallertau. Der Craftbier-Trend spielt den Pflanzenbauern dabei in die Hände.

Sabrina Schmalhofer, Hallertauer Hopfenkönigin, greift zur Hopfenrebe und steckt sie in die Pflückmaschine. Vertreter der Brauwirtschaft, des Handels, der Ministerien, Behörden und Politik klatschen – Erntestart in den bayerischen Hopfenanbaugebieten! Zum Auftakt treffen sie sich zur alljährlichen Hopfenrundfahrt auf einem Hopfenbaubetrieb und läuten die Erntesaison ein.

Die Bauern frohlocken: Sie erwarten doppelt so viel Ertrag als im letzten Jahr. Wegen der extremen Hitze mussten die Hopfenbauern im Sommer 2015 große Einbußen hinnehmen. Die Erntemenge belief sich nur auf rund 28.000 Tonnen. Nun wird ein überdurchschnittliches Hopfenjahr prophezeit mit Erträgen die etwa zehn Prozent über der durchschnittlichen Erntemenge liegen. Das haben offizielle Vorschätzungen in den einzelnen deutschen Hopfenanbaugebieten ergeben. Bundesweit könne mit einer Ernte von rund 41.400 Tonnen Hopfen gerechnet werden.

Jedes fünfte Bier hat Spezialaroma

In Sachen Hopfen ist die Branche derzeit im Wandel. Denn den Biertrinkern schmecken inwischen auch immer mehr fruchtige Noten, beispielsweise Malzgetränke mit Citrus-Aroma. Die sogenannte Craftbier-Bewegung nahm ihren Anfang in Amerika. Jedes fünfte angebotene Bier ist inzwischen stärker gehopft und besitzt einen speziellen „Flavour“ (Geschmack/Aroma). Mächtig Konkurrenz bekommen die deutschen Erzeuger aus den USA. Im letzten Jahr schaffte es das Land sogar, die Bundesrepublik auf den zweiten Listenplatz der größten Hopfenerzeuger zu verbannen. Dennoch stammen noch immer 40 Prozent der weltweiten Hopfenproduktion aus Deutschland.

Hopfen wird im Gegensatz zu vor zehn Jahren viel mehr verwendet, um ein Bier im Geschmack und Geruch zu differenzieren und das ist eine Entwicklung, die für uns Hopfenpflanzer das Positivste ist, was uns passieren konnte.

Johann Pichlmaier, Präsident des Verbandes deutscher Hopfenpflanzer

Geschmack und Robustheit gefragt

Züchter und Landwirte haben auf den Trend reagiert. So wachsen immer mehr Spezialaromasorten auf den Feldern.

Dass die Brauwirtschaft in dem Feld voran kommt, hat zu einem erheblichen Anteil das Forschungszentrum in Hüll zu verantworten. Dort wurde im letzten Jahrzehnt eifrig in die Entwicklung neuer Sorten investiert. 2012 war es dann soweit und die ersten drei Flavoursorten kamen auf den Markt, 2016 folgten die Sorten Callista und Ariana.

Die Herausforderung bei der Entwicklung neuer Sorten ist, die Wünsche der Brauer nach exotischen, fruchtigen Aromen zu erfüllen und auf der anderen Seite Sorten zu entwickeln, die an unsere Witterungsverhältnisse angepasst und von den Landwirten einfach und kostengünstig produziert werden können.

Anton Lutz, technischer Leiter der Züchtung am Hopfenforschungszentrum Hüll

Noch gedeihen die neu kreierten Sorten erst auf 3,6 Prozent der Anbaufläche. Doch die Sorten seien gerade erst dabei, sich am Markt zu etablieren, sagt Elisabeth Seigner, Leiterin der Züchtungsforschung Hopfen. Was den Landwirten in die Hände spielt: Craftbier-Brauer brauchen viel mehr Hopfen als herkömmliche Brauer. Sie nehmen 500 bis ein Kilo pro Hektoliter, normal sind 40 bis 80 Gramm pro Hektoliter. Brauer müssen für ein Kilo trockenes Aromahopfen etwa 6,20 Euro zahlen, für Mandarina Bavaria liegt der Preis bei 8,50 Euro.

Craft-Beer erschließt neue Konsumentengruppen. Weg von den gewohnten Bierstilen, hin zu sehr stark aromabetonten.

Oliver Dawid, Geschäftsführer Private Brauereien

Die Wissenschaftler in Hüll bedienen mit ihren Züchtungen fast den kompletten Markt in Deutschland. Auf 85 Prozent der Hopfenanbaufläche gedeihen Sorten, die in Hüll entwickelt wurden. Das Zentrum befindet sich mitten im Herzen der Hallertau. Die Region ist mit Abstand das größte der fünf Anbaugebiete in Deutschland. Die Fläche hat sich im Vergleich zum Vorjahr um etwa 1000 Hektar auf 15.500 Hektar vergrößert.

Was passiert in Hüll?

Seit 1926 forschen die Wissenschaftler im Forschungszentrum in Hüll in Sachen Züchtung, Pflanzenschutz, chemische Analytik und beraten Hopfenpflanzer. Sie liefern neue Sorten, die sowohl den Ansprüchen der Pflanze und als auch den Wünschen der Brauwirtschaft entsprechen sollen. Von insgesamt 32 in Deutschland angebotenen Sorten sind 19 Hüller Sorten. Seit 2006 experimentiert Züchter Anton Lutz mit Sämlingen, die geschmacklich weniger klassisch würzige Noten, sondern eher fruchtige Aromaelementen haben. Auch chemischer und biologischer Pflanzenschutz wird in Hüll getestet und weiterentwickelt. Gemeinsam mit Institutionen bieten die Wissenschaftler Spezialberatung an, damit Forschungsergebnisse in der Praxis umgesetzt werden können. In Sachen Düngung, Trocknung und Pflanzenschutz arbeiten sie außerdem mit den Pflanzern in der Region zusammen.