In Bayern werden 60 Prozent aller Pflegebedürftigen zuhause versorgt. Ein Großteil von ihnen, etwa die Hälfte, wird von Angehörigen versorgt, zum Beispiel von Kindern oder vom Ehepartner. Um die andere Hälfte kümmern sich externe Pflegedienste. Nur ein Drittel aller Pflegebedürftigen wird stationär versorgt.
Wir wollen Pflegebedürftigen die Angst nehmen, nicht gut versorgt zu sein, der Familie zur Last zu fallen oder sie finanziell zu überfordern.
Melanie Huml, bayerische Gesundheitsministerin
Die Pflege eines kranken Menschen ist nicht nur eine psychische Belastung, sondern kostet auch viel Geld. Insgesamt etwa zehn bis zwölf Milliarden bringen Angehörige in Bayern für die Pflege ihrer Eltern oder Partner auf. Die Mittelschicht soll künftig stärker finanziell entlastet werden. Erst ab einem Jahreseinkommen von mehr als 100.000 Euro sollten sich Angehörige an den Pflegekosten beteiligen müssen. Unter diesem Betrag sollen Kinder keinen Rückgriff des Sozialhilfeträgers zu befürchten haben, wenn ihre Eltern pflegebedürftig werden und die Kosten für die Hilfe nicht selbst tragen können. Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) kündigte eine entsprechende Bundesratsinitiative an.
Bei Leistungen der sogenannten Grundsicherung im Alter gelte diese Grenze schon jetzt. Diese Regelung sei aber auch bei Pflegebedürftigkeit sinnvoll. Bislang sind Kinder verpflichtet, unter Umständen für ihre pflegebedürftigen Eltern zu bezahlen, wenn deren Einkommen oder Vermögen nicht ausreichen. Die Anforderungen dafür sind aber schon jetzt relativ hoch. Die Einkommensverhältnisse der Kinder werden geprüft, zudem steht ihnen ein Mindestselbstbehalt zu. Eine pauschale Einkommensgrenze wie von Bayern gefordert gibt es aber noch nicht.
Mehr Nachtpflegeeinrichtungen und Kurangebote
Geplant ist unter anderem der Ausbau des Angebots von Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen. Auch das Kurangebot für Angehörige soll ausgebaut werden. Um die Lebensqualität für Pflegebedürftige zu verbessern, sollen Menschen schon frühzeitig für das Thema sensibilisiert werden. Beispielsweise könnten sie bereits bei der Planung eines Hauses berücksichtigen, wie durch einen altersgerechten Umbau – ein paar Jahrzehnte später – das Leben im Alter erleichtert werde.
Demenz im Fokus
Unter den verschiedenen Demenzformen ist die Alzheimer-Erkrankung die am häufigsten vorkommende und auch die bekannteste Erkrankungsform. Der Freistaat will Menschen, die an seltenen Formen von Demenz erkrankt sind, und ihre Angehörigen künftig noch besser unterstützen. Dazu soll in jedem Regierungsbezirk ein Demenzzentrum geschaffen werden – als Anlauf- und Beratungsstelle für Fragen zur Pflege und Betreuung Demenzkranker. Seit Anfang des Jahres gibt es eine Anlaufstelle in München. Dort bekommen nicht nur Betroffene und deren Angehörige kostenlose Beratung, sondern auch Pflegeeinrichtungen, ambulante Dienste, Psychologen und Ärzte. Außerdem soll ein modellhaftes Demenzquartier entstehen. Keine abgeschlossene Siedlung, sondern ein attraktives Wohnumfeld für an Demenz erkrankte Menschen soll entstehen. Standorte für die Zentren und das Quartier sind noch nicht klar. Huml fordert Kommunen dazu auf, sich bei Interesse zu bewerben.
Kostenausgleich für Krankenkassen
Der Freistaat dringt zudem darauf, dass in der Gesetzlichen Krankenversicherung bayerische Beitragszahler entlastet werden. Trotz hoher Beitragseinnahmen laufen den Krankenkassen die Ausgaben davon. Im Vergleich zu 2015 werden die Kassen im laufenden Jahr voraussichtlich rund 3,3 Milliarden Euro mehr ausgeben als sie einnehmen. Dabei unterscheiden sich in Deutschland die Kosten für Gesundheitsleistungen je nach Region enorm. Obwohl die Krankenkassen hierauf keinen Einfluss haben, gleicht der Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) diese Kostenunterschiede bisher nicht aus. Die Folge: Die im Westen tätigen regionalen Krankenkassen müssen in diesem Jahr in aller Regel höhere Zusatzbeiträge erheben als die im Osten.
Wir machen uns daher für nachhaltige Reformen auf Bundesebene stark: Wird beim Krankenkassen-Finanzausgleich (Morbi-RSA) ein regionaler Ausgleichsfaktor weiter von Berlin blockiert, muss der Gesundheitsfonds insgesamt auf den Prüfstand.
Melanie Huml, bayerische Gesundheitsministerin
Derzeit werden die Leistungsausgaben der Krankenkassen in einer Hochlohn- und Hochpreisregion wie Bayern von den Zuweisungen des Gesundheitsfonds nicht abgedeckt. Gleichzeitig leisten die bayerischen Versicherten überdurchschnittliche Beiträge und stützen damit solidarisch die bundesweite GKV-Finanzierung. Kumuliert für die Jahre 2011 bis 2014 haben die bayerischen Versicherten insgesamt über 5,5 Milliarden Euro mehr geleistet. Deshalb fordert Huml einen regionalen Ausgleichsfaktor beim bisherigen Krankenkassen-Finanzausgleich.
Umzug nach Nürnberg: „historische Entscheidung“
Um das „Herz der Gesundheitsregion Franken“ zu stärken, sollen die etwa 250 Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums von München nach Nürnberg ziehen. Konzerne wie Siemens, mittelständische Unternehmen und renommierte Universitäts-Kliniken haben ihren Standort dort. Huml beschreibt den Umzug sowohl als „historische Entscheidung“ als auch als „Chance neue Arbeitsplätze in Nordfranken zu schaffen“. Außerdem sei es eine Möglichkeit, neue flexible Arbeitsplatzmodelle auszuprobieren. So soll es für Mitarbeiter auch möglich sein, von zuhause aus zu arbeiten oder zu pendeln. In den nächsten vier Jahren soll der Umzug abgeschlossen sein. Die ersten Mitarbeiter werden dort im Laufe des nächsten Jahres Quartier beziehen.