EU-Kommission und Papst kritisieren Polen
Die EU-Kommission setzt der polnischen Regierung ein Ultimatum und fordert sie auf, die Rechte des Verfassungsgerichts zu respektieren. Der Papst verlangt von Warschau, Flüchtlinge aus Krisenregionen aufzunehmen. Franziskus sieht die Welt im "Krieg".
Strafverfahren

EU-Kommission und Papst kritisieren Polen

Die EU-Kommission setzt der polnischen Regierung ein Ultimatum und fordert sie auf, die Rechte des Verfassungsgerichts zu respektieren. Der Papst verlangt von Warschau, Flüchtlinge aus Krisenregionen aufzunehmen. Franziskus sieht die Welt im "Krieg".

Im Streit um die Unabhängigkeit des polnischen Verfassungsgerichts hat die EU-Kommission den Druck auf die Regierung in Warschau deutlich erhöht. Die polnische Regierung sei jetzt aufgefordert, innerhalb von drei Monaten zu handeln, sagte der Vizechef der Brüsseler Behörde, Frans Timmermans, in Brüssel. Die grundlegenden Bedenken gegen die von der Regierung geplante Reform des Verfassungsgerichts seien weiterhin nicht ausgeräumt. Die EU-Kommission treibt damit das zum ersten Mal angewandte Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit weiter voran.

Angriff auf die Justiz

Die EU-Kommission hatte im Falle Polens Mitte Januar erstmals überhaupt eine Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat eingeleitet. Die Brüsseler Behörde wirft Polen vor, rechtswidrig die Ernennung mehrerer Verfassungsrichter rückgängig gemacht, die Unabhängigkeit des Gerichts eingeschränkt und seine Beschlüsse missachtet zu haben. Die Kommission fordert, dass die drei Richter, die von der Vorgängerregierung im Oktober ernannt wurden, ihre Posten antreten müssten. Die spätere Ernennung anderer Richter stuft die Behörde als unrechtmäßig ein. Zudem sollten Urteile veröffentlicht und umgesetzt werden, um sicherzustellen, dass die Entscheidungen des Gerichts nicht von einem anderen Staatsorgan abhängig seien. Die Institution dürfe nicht geschwächt werden, forderte die EU-Behörde.

Kaczynski verspottet die EU

Der Chef der polnischen Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, wies die Kritik der EU brüsk zurück. „Dieses Verfahren bewegt sich völlig außerhalb der EU-Verträge“, sagte der ehemalige Ministerpräsident in einem Interview mit der Bild-Zeitung. „Das ist nichts als ein fröhliches Schaffen zum Vergnügen der EU-Kommission und ihrer Beamten.“ Auf die Frage, ob er die Kritik aus Brüssel ernst nehme, sagte Kaczynski: „Es belustigt mich.“

Das polnische Außenministerium hatte zuvor in einer Stellungnahme erklärt, bei der Warschauer Regierung würfen die Forderungen die Frage auf, ob sich die Kommission an die „Grundlage der loyalen Zusammenarbeit mit Regierungen der Mitgliedsländer“ halte. „Die polnische Regierung ist entschlossen, zum stabilen Funktionieren des Verfassungsgerichts zurückzukehren“, hieß es weiter.

Das polnische Parlament und der Senat hatten in den vergangenen Wochen eine Neufassung der umstrittenen Justizreform beschlossen. Allerdings wurden auch in der überarbeiteten Form des Gesetzes, das noch die Unterschrift von Präsident Andrzej Duda benötigt, Nachbesserungsvorschläge der Opposition und kritischer Juristen nicht berücksichtigt.

Polen könnte EU-Stimmrechte verlieren

„Dieses neue Gesetz beseitigt die Bedrohung für die Rechtsstaatlichkeit in Polen nicht“, unterstrich Timmermans, auch wenn einige Änderungen „in die richtige Richtung“ gingen. Das Verfassungsgericht müsse Gelegenheit bekommen, die Rechtmäßigkeit des Gesetzes zu prüfen.

Wenn die nationalkonservativen Regierung in Warschau nicht einlenkt, könnte die EU-Kommission die Anwendung von Artikel 7 der EU-Verträge vorschlagen. Er sieht vor, dass bei einer „schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung“ der im EU-Vertrag verankerten Werte einem Mitgliedsland in letzter Konsequenz auch die Stimmrechte im Europäischen Rat entzogen werden können.

Franziskus verlangt Barmherzigkeit

Kritik an der national-konservativen Regierung Polens übte auch Papst Franziskus. Zu Beginn des Weltjugendtages in Krakau forderte er Polen zur Aufnahme von Flüchtlingen auf. Es sei die „die Bereitschaft zur Aufnahme derer notwendig, die vor Kriegen und Hunger fliehen“, sagte das Kirchenoberhaupt bei einem Treffen mit der polnischen Staatsspitze um Präsident Andrzej Duda und Regierungschefin Beata Szydlo in Krakau. Diejenigen, die ihrer Grundrechte beraubt seien oder des Rechtes, in Freiheit und Sicherheit den eigenen Glauben zu bekennen, benötigten Solidarität.

Polen weigert sich, in nennenswertem Umfang muslimische Flüchtlinge aus Krisengebieten wie Syrien, dem Irak oder Afghanistan aufzunehmen. Dies hatte Regierungschefin Szydlo vor dem Hintergrund der jüngsten Anschlägen in Deutschland und Frankreich jüngst nochmals betont.

Papst: Welt hat den Frieden verloren

Franziskus sagte, das Phänomen der Migration verlange „eine zusätzliche Portion an Weisheit und Barmherzigkeit, um die Ängste zu überwinden und das Optimum zu verwirklichen“. Gleichzeitig müsse die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene vorangetrieben werden, um Lösungen für die Konflikte und die Kriege zu finden, die so viele Menschen zwängen, ihre Häuser und ihre Heimat zu verlassen.

Auf seinem Flug von Rom nach Krakau hatte Franziskus bereits deutlich gemacht, dass er die Welt derzeit in einem Kriegszustand sieht. „Wir dürfen keine Angst haben, die Wahrheit zu sagen: Die Welt ist im Krieg, weil sie den Frieden verloren hat“, sagte er. Franziskus stellte klar, dass er nicht von einem Krieg der Religionen spreche. „Es ist ein Krieg um Interessen, ein Krieg um Geld, ein Krieg um Ressourcen der Natur. (…) Ich spreche nicht von einem Krieg der Religionen.“ Alle Religionen wünschten sich Frieden.

(mit Material von dpa)