Eine neue massive Blamage droht der Landesregierung Rheinland-Pfalz, diesmal mit dem Verkauf des defizitären Flughafens Hahn im Hunsrück. (Foto: Imago/Hermann J. Knippertz)
Rheinland-Pfalz

CDU plant Misstrauensantrag gegen Dreyer

Der Skandal um den Verkauf des Flughafens Hahn im Hunsrück wird immer schlimmer für die SPD-geführte Landesregierung in Rheinland-Pfalz. Innenminister Lewentz (SPD) hat die Notbremse gezogen, den Kaufvertrag endgültig gekündigt und Strafanzeige gegen den dubiosen chinesischen Investor erstattet. Die CDU-Fraktion will einen Misstrauensantrag gegen Ministerpräsidentin Dreyer (SPD) einbringen.

Nach dem geplatzten Verkauf des Flughafens Hahn im Hunsrück (der Bayernkurier berichtete) hat die Landesregierung in Rheinland-Pfalz den Vertrag endgültig gekündigt und gegen die dubiose chinesische Firma Shanghai Yiqian Trading (SYT) Strafantrag gestellt.  „Wir kündigen den Vertrag wegen arglistiger Täuschung“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Sie warf der SYT „kriminelle Absichten“ vor.

Auch sie sei „selbstverständlich betroffen“, dass sich der Verkaufsprozess durch „offensichtlich betrügerisches Handeln und bewusstes Täuschen“ verzögert habe. Sie machte aber klar, sie halte an der Privatisierung des Flughafens mit seinen 2500 Arbeitsplätzen fest, so Dreyer. Regierungssprecherin Andrea Bähner sagte, ein Liquiditätsnachweis der Chinesen sei gefälscht gewesen und eine geplante Überweisung hätte wegen einer fehlenden Genehmigung gar nicht stattfinden können.

Der für den Verkauf zuständige Innenminister Roger Lewentz (SPD) erzählte, ein Besuch von Staatssekretär Randolf Stich in Shanghai habe ergeben, dass SYT noch nicht einmal die Unterlagen für eine Genehmigung des Kaufs bei der zuständigen Behörde eingereicht habe. Das widerspreche Angaben des Käufers und seiner Anwälte.

Julia Klöckner erhöht den Druck auf Dreyer

Unterdessen erhöht die Oppositionsführerin, die rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende Julia Klöckner, den Druck auf die erst seit Mai amtierende Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Die CDU-Fraktion beschloss einstimmig einen Misstrauensantrag gegen Dreyer. Grund seien die „skandalösen Vorgänge“ um den geplatzten Verkauf des Flughafens Hahn. Am kommenden Dienstag soll über den Antrag im Landtag abgestimmt werden.

In einer von der CDU beantragten Sondersitzung des Landtags hatte Klöckner zuvor Dreyer vorgeworfen, sie habe die Wähler vor der Landtagswahl im März getäuscht. Das Ziel Dreyers sei es gewesen, sich Zeit zu kaufen, um „über die Wahl zu kommen“. Klöckner betonte, die Ministerpräsidentin habe mit ihrer Ankündigung von „maximaler Transparenz“ im Wahlkampf die „moralische Latte für das eigene Handeln so hoch aufgehängt“, dass sie sich jetzt daran messen lassen müsse.

Tatsächlich sei Dreyer „maximal intransparent“ vorgegangen, kritisierte Klöckner. Weder habe die Landesregierung den Prüfauftrag an KPMG öffentlich gemacht noch die Angebote der unterlegenen Bieter. Auf die Argumentation der Landesregierung, man habe nach EU-Recht die Pflicht gehabt, den Flughafen an den Meistbietenden zu veräußern, sagte Klöckner: „Ich kenne kein EU-Recht, das vorschreibt, mit Betrügern Verträge zu schließen.“

Auch Wirtschaftsprüfer KPMG in der Kritik

Dreyer räumte mit Blick auf den Flughafen-Deal einen „schlimmen Fehler“ ein. Beobachter der Mainzer Landespolitik erkennen bereits Absetzbewegungen der Ministerpräsidentin – einmal weg von ihrem eigenen Innenminister Roger Lewentz (SPD), zum anderen weg von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. So sagte Dreyer auf die Frage, wer für das einstweilige Scheitern des Flughafens verantwortlich sei, das Innenministerium habe „in eigener Ressortzuständigkeit gehandelt“.

Gleichzeitig verwahrte sich Dreyer gegen den Vorwurf, die Landesregierung versuche, die Schuld auf die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG abzuschieben. Gleichwohl sei die Rolle der Wirtschaftsprüfer, die an dem Verkauf beteiligt waren, zu untersuchen, sagte Dreyer. Man werde dann sehen, welche Schlüsse daraus zu ziehen seien. Sie werde sich auch dafür einsetzen, den Prüfauftrag öffentlich zu machen, „dass sich jeder seine Meinung bilden kann“.

Die KPMG war in die Kritik geraten, da sie für eine halbe Million Euro damit beauftragt war, die Bonität der SYT zu prüfen. Die Welt analysierte, dass KPMG beim mehrfach gescheiterten Verkauf des Nürburgrings durch die damalige SPD-Alleinregierung und die spätere rot-grüne Regierung unter Ministerpräsident Kurt Beck bereits öfter daneben gelegen sei. Die SPD-geführte Regierung ist auch damals windigen Geschäftemachern und Glücksrittern auf den Leim gegangen. Mittlerweile gehört die milliardenschwere Investitionsruine in der Eifel einem russischen Oligarchen.

Neuer dubioser Grundstücksverkauf

Derweil bahnt sich schon der nächste Skandal an, wie die FAZ berichtet. Innenminister Lewentz erklärte, bereits am Mittwochabend sei ein Kaufvertrag mit einem der anderen Bieter, der Deidesheimer Firma ADC, über Grundstücke am Hahn abgeschlossen worden. Das irritierte viele CDU-Abgeordnete, weil es von der Regierung erst kürzlich geheißen hatte, die Konzepte der abgelehnten Bieter hätten „kritischen Nachfragen nicht standgehalten“.

Der CDU-Abgeordnete Michael Billen, ein Landwirt, kritisierte, die Grundstücke getrennt vom Flughafen zu verkaufen, sei ungefähr so, wie wenn ein Bauer das Grünland um den Stall veräußern und sich dann erst um einen Käufer für den Stall bemühen würde.

dpa/FAZ/Welt/PM/wog