Die Geburtsstunde der Stiftung Bürgerspital zum Heiligen Geist in Würzburg sieht Ministerpräsident Horst Seehofer als Initialzündung für dauerhaftes bürgerschaftliches Engagement gewürdigt. Seehofer:
Die Liebe zur Stadt und ihren Menschen, der Glaube an die eigene Stärke und Gestaltungskraft war vor 700 Jahren die Geburtsstunde des Bürgerspitals. Sie setzte nicht auf die Obrigkeit, verließ sich nicht auf die kirchliche Sozialfürsorge, die Stadtverwaltung und den Staat. Die Stifter des Bürgerspitals vertrauten auf die Menschen. Die Pioniere des aktiven Bürgers haben eine Spur gelegt, die bis heute lebendig ist.
Horst Seehofer, Bayerischer Ministerpräsident
700 Jahre Jubiläum
Die „Stiftung Bürgerspital zum Hl. Geist Würzburg“ feierte am letzten Juniwochenende ihr 700-jähriges Bestehen. Damit gehört sie nicht nur zu den ältesten Stiftungen Deutschlands, sondern ist in dieser Riege auch eine derjenigen, die ihren ursprünglichen Zweck über die Jahrhunderte ohne Unterbrechung der Geschäftstätigkeit aufrechterhalten haben. Heute sei die Stiftung Bürgerspital ein Flaggschiff des sozialen Franken, sagte der Ministerpräsident. 1316 stellte das Würzburger Patrizierehepaar Johannes und Mergardis von Steren ein Anwesen zur Aufnahme pflegebedürftiger Menschen zur Verfügung – geleitet vom Ideal der Nächstenliebe und aus bürgerschaftlichem Engagement heraus. Seit nunmehr sieben Jahrhunderten werden hier pflegebedürftige Menschen unterstützt und individuell betreut.
Zwischen Pflegern und Winzern
Das Bürgerspital umfasst heute drei Seniorenheime, drei Seniorenwohnstifte, ein Geriatriezentrum sowie einen ambulanten Dienst und die Tagespflege in der Villa Schenk. Das Weingut des Bürgerspitals ist eines der größten Weingüter Deutschlands. Auf 120 Hektar Rebfläche werden in erster Linie die klassischen Rebsorten Riesling, Silvaner und Burgunder angebaut.
Der hohe Bekanntheitsgrad basiert auf großen Weinen von renommierten Weinlagen wie dem Würzburger Stein und der Stein-Harfe sowie der ersten Füllung der typisch fränkischen Weinflasche, dem Bocksbeutel. Das Weingut selbst ist Teil der Stiftung Bürgerspital zum Heiligen Geist, deren ursprünglicher Stiftungszweck, die Aufnahme von pflegebedürftigen Menschen, bis heute fortgeführt wird. Mit jeder verkauften Flasche Wein wird das soziale Engagement der Stiftung unterstützt.
Dass die Stiftung die Jahrhunderte überdauert, hat das Engagement einer breiten Bürgerschaft möglich gemacht. Bis heute sind es die Menschen, die das Bürgerspital in Würzburg tragen. Eine Stiftung ohne Menschen – das funktioniert nicht.
Barbara Stamm, Landtagspräsidentin
Eine Maß Wein pro Tag
Zunächst dienen die Weine zur Versorgung des eigenen Bedarfs. 1589 bekommen die Spitalbewohner, Männer wie Frauen, täglich ein Maß – 1,22 Liter – Wein. Verhalten sich die Bewohner unbotmäßig, mischt ihnen das Spital zur Strafe Wasser in den Wein. Geht der Ungehorsam zu weit, wird die Weinration gestrichen – ein drakonischer Denkzettel. Bald finanziert das Bürgerspital aus den Reberträgen, der Landwirtschaft und der Vermögensverwaltung seine wohltätigen Unternehmungen. Heute ist die traditionsreiche Institution ein mittelständisches Wirtschaftsunternehmen mit dezidiert sozialer Ausrichtung. 750 Seniorinnen und Senioren leben in den acht bürgerspitälischen Wohn- und Pflegeheimen.