Chef der reichsten Diözese in Deutschland: Erzbischof Reinhard Marx bei einem Gottesdienst im Freisinger Dom (Foto: Imago/nph)
Kirche

Die Reichsten und das Himmelreich

Das Erzbistum München und Freising hat seine Bilanz veröffentlicht: Es besitzt 5,2 Milliarden Euro in Immobilien, Wertpapieren, Grundbesitz, Kunstgegenständen und nimmt Kirchensteuern in Höhe von 570 Millionen Euro ein. Daraus finanziert die wohlhabendste deutsche Diözese den Pastoralbetrieb in ihren 748 Pfarreien, 421 Kindertagesstätten, 22 katholische Schulen und viele soziale Einrichtungen.

Die Kirche und ihr Eigentum ­– kein Kirchensprengel in Deutschland hat so viele irdische Güter angehäuft wie das Erzbistum München und Freising: Rund 5,2 Milliarden Euro besitzt die reichste deutsche Diözese. Davon hat sie zuletzt wesentliche Teile in drei Stiftungen ausgelagert, so dass sie dem direkten Zugriff der Diözesanherren ein wenig entzogen sind. Im Zuge der Umstellung von der kameralistischen auf die laut Handelsgesetzbuch nötige doppelte Bilanz-Rechnungslegung haben die Bischof-Arbeo-Stiftung, die St. Antonius-Stiftung und die St. Korbinianstiftung ihre Vermögen auf zusammen 1,9 Milliarden Euro gesteigert. Dem Erzbistum selbst verbleibt ein Vermögen von 3,3 Milliarden Euro.

Mit dem Gesamtbesitz von 5,2 Milliarden Euro enteilen die Domherren von München und Freising ihren Kollegen im Rest der Republik um Längen, etwa dem Erzbistum Paderborn (4,0 Milliarden Euro), dem Erzbistum Köln (3,4 Milliarden Euro) oder dem Bistum Limburg (1,0 Milliarden Euro), das wegen der finanziellen Bau-Ausschweifungen des seinerzeitigen Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst in die Schlagzeilen geraten war.

Nadelöhr Bilanzbuchhaltung

Das Erzbistum erwirtschaftete im Jahr 2015 Erträge von 781,6 Millionen Euro. Größter Posten waren dabei die Einnahmen aus der Kirchensteuer in Höhe von 570,1 Millionen Euro. Zudem flossen ihm Zuschüsse von 113,1 Millionen Euro für den Betrieb von Pflegestätten, Kindergärten oder Schulen zu. Sowohl für die soziale als auch für die pastorale Arbeit beschäftigt das Bistum 15.500 Mitarbeiter, wofür es Personalkosten von 215 Millionen Euro verbucht.

Wie auch bei seinen Stiftungen liegt das eigene Vermögen des Bistums hauptsächlich in Immobilien, Finanzanlagen, sowie Kunstgegenständen. Wobei die einzelnen Beträge in der gerade veröffentlichten Bilanz bemerkenswerte Höhen erreichen. So besitzt es bebaute Grundstücke und Bauten für rund 1,0 Milliarden Euro. Dazu zählen zwar auch die Kirchen und Kapellen, doch diese werden wegen ihrer schweren Veräußerbarkeit jeweils nur mit einem Buchwert von 1 Euro bilanziell veranschlagt. Der größere Teil dieses wertvollen Postens liegt in Bildungs- und Tagungshäusern, in den diözesanen Schulen wie etwa dem Pater-Rupert-Mayer-Gymnasium in Pullach sowie in Verwaltungsgebäuden. Zu letzteren zählt das Dienstgebäude des Erzbischöflichen Ordinariats in der Münchner Kapellenstraße, das gerade für 55 Millionen Euro renoviert wurde und in der Anschaffung zuvor 90 Millionen Euro gekostet hatte.

Immobilien mit 58.800 Quadratmetern

Neben solchen Immobilien verfügt das Erzbistum freilich auch über Häuserbesitz, der kommerziell vermietet wird. Hierfür unterhält das Erzbistum das „Katholische Siedlungswerk“, das Immobilien vorwiegend in München, aber auch in Mittenwald, Ruhpolding, Rosenheim, Kolbermoor, Hausham, Ebersberg oder Planegg besitzt. Insgesamt 1072 Wohnungen und Gewerbeeinheiten mit einer Gesamtfläche von 58.800 Quadratmetern.

Zudem verfügt das Erzbistum über forst- und landwirtschaftliche Flächen im Wert von 112 Millionen Euro, Kunstgegenstände für 9,6 Millionen Euro, aber auch Wertpapiere für 1,4 Milliarden Euro. Letztere Summe liegt zum kleineren Teil in festverzinslichen Papieren, zum überwiegenden jedoch in Spezialfonds. Unter anderem hat es sich vom Finanzanbieter Allianz Global Investors zwei Fonds maßschneidern lassen – mit einem derzeitigen Buchwert von 640 Millionen Euro und einer Gewinnausschüttung von 17,5 Millionen Euro im vergangenen Jahr.

Wofür dient das Vermögen?

Immobilien, Grundbesitz, Fonds, Kunst – „Vermögen kann nie Selbstzweck sein“, betont zu diesem Milliardenbesitz der Generalvikar Peter Beer. In der Tat sind die Aktivitäten der katholischen Kirche zum Gemeinwohl keinesfalls zu unterschätzen. So finanzieren die drei jüngst finanziell aufgewerteten Stiftungen aus den Erträgen ihres Vermögens Kindertagesstätten, katholische Schulen, soziale Einrichtungen und das Gemeindeleben in der gesamten Kirchenregion von Freising bis zur österreichischen Grenze. Aber ein wenig arbeiten die Werte auch für die Kirchenmänner selbst. Zum Vermögen von 5,2 Milliarden Euro kommt nämlich noch dasjenige der Emeritenanstalt des Bistums in Höhe von 236,6 Millionen Euro – aus dem die Pensionen für Priester im Ruhestand finanziert werden.

Ratzingers Geld-Sorgen

Und ein wenig erinnert die Bilanz der reichsten deutschen Diözese auch an den Philosophen Robert Spaemann, der von einem Gespräch mit dem Kirchenmann Joseph Ratzinger und späteren Papst Benedikt XVI. erzählte: „ Als Erzbischof von München hat er mir einmal auf einem Spaziergang gesagt: Wissen Sie, was das größte Problem der Kirche in Deutschland ist? Antwort: Sie hat zuviel Geld.“