„Deutschland darf kein arabisches Land werden“
In einem Zeitungsinterview lobt der Dalai Lama die Hilfsbereitschaft der Deutschen in der Flüchtlingskrise - warnt aber auch vor einer möglichen Überlastung Deutschlands, wenn das Land zu viele Flüchtlinge aus dem arabischen Raum aufnehme. Die Bundesrepublik dürfe "kein arabisches Land" werden, sagt das geistige Oberhaupt der Tibeter.
Dalai Lama

„Deutschland darf kein arabisches Land werden“

In einem Zeitungsinterview lobt der Dalai Lama die Hilfsbereitschaft der Deutschen in der Flüchtlingskrise - warnt aber auch vor einer möglichen Überlastung Deutschlands, wenn das Land zu viele Flüchtlinge aus dem arabischen Raum aufnehme. Die Bundesrepublik dürfe "kein arabisches Land" werden, sagt das geistige Oberhaupt der Tibeter.

In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen hat sich der Dalai Lama zur Asylpolitik Deutschlands und Europas geäußert. Dabei sieht das geistige Oberhaupt der Tibeter klare Grenzen für die Aufnahme von Flüchtlingen in Europa – lobt aber auch die Hilfsbereitschaft der Europäer in den vergangenen Monaten. „Ein Mensch, dem es etwas besser geht, hat die Verantwortung, ihnen zu helfen“, stellt der Dalai Lama fest – und konstatiert. „Andererseits sind es mittlerweile zu viele.“

„In der Praxis schwierig“

Europa, und damit auch Deutschland, könne „kein arabisches Land werden“, so der oberste tibetische Mönch. „Deutschland ist Deutschland.“ Mittlerweile seien so viele Flüchtlinge angekommen, dass es „in der Praxis“ schwierig sei, die Menschen richtig zu versorgen und zu integrieren.

 Flüchtlinge sollten nur vorübergehend aufgenommen werden

Auch von einem moralischen Standpunkt aus gesehen finde er, dass Flüchtlinge nur vorübergehend aufgenommen werden sollten, betonte der 80-Jährige, der im indischen Exil lebt und vom chinesischen Regime an der Rückkehr nach Tibet gehindert wird. „Das Ziel sollte sein, dass sie zurückkehren und beim Wiederaufbau ihrer eigenen Länder mithelfen.“

Auf die Frage, wie er zu islamfeindlichen Übergriffen in Europa stehe, betonte der Dalai Lama, man dürfe nicht alle Muslime über einen Kamm scheren. Bei muslimischen Terroristen handle es sich um „Individuen und kleine Gruppen, die sich in ihren eigenen Ländern gegenseitig umbringen“, wie etwa Schiiten und Sunniten, die sich bekämpften. Sie aber, da ist sich der Tibeter sicher, repräsentieren „nicht den gesamten Islam und nicht alle Muslime“.

Ungewöhnlich deutliche Worte

Die Worte des Dalai Lamas zur europäischen Asylpolitik sind ungewöhnlich deutlich – und stehen in einem gewissen Gegensatz zu den Aussagen anderer geistiger Würdenträger wie etwa Papst Franziskus. Zwar hatte auch das Oberhaupt der katholischen Kirche den Einsatz und die Hilfsbereitschaft der Europäer – und dabei besonders der Deutschen – mehrfach gelobt. Von einer möglichen Überforderungsgefahr hatte man im Vatikan allerdings noch nicht gesprochen.

Der Dalai Lama gilt nicht nur in seiner tibetischen Heimat, sondern auf der ganzen Welt als große moralische Instanz, und hat zahlreiche Anhänger auf allen Kontinenten. Mit konkreten Ratschlägen an Regierungen oder politische Institutionen hält sich der 80-Jährige seit jeher zurück. Derart deutliche Worte, wie sie der Dalai Lama jetzt im FAZ-Interview fand, sind daher sehr selten – erhalten bei dem für sein diplomatisches Feingefühl bekannten Tibeter aber dadurch auch zusätzliches Gewicht.