Geld statt Quote
Mindestens 100 Millionen Euro sollen die deutschen Milchbauern als Soforthilfe bekommen. Bundesagrarminister Schmidt fordert auf dem "Milchgipfel" aber auch Unterstützung von allen Beteiligten - Molkereien, Handel und Landwirten. Denn Finanzspritzen dürften den Bauern nur kurzfristig helfen.
Landwirtschaft

Geld statt Quote

Mindestens 100 Millionen Euro sollen die deutschen Milchbauern als Soforthilfe bekommen. Bundesagrarminister Schmidt fordert auf dem "Milchgipfel" aber auch Unterstützung von allen Beteiligten - Molkereien, Handel und Landwirten. Denn Finanzspritzen dürften den Bauern nur kurzfristig helfen.

100 Millionen Euro ­– auf diese Summe läuft der „Milchgipfel“ von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt im Ergebnis hinaus. Mit einer variablen Komponente „plus X“. Nach dem Treffen mit Lobby-Vertretern der Milchbauern, der Molkereien und des Lebensmittelhandels kündigte Schmidt Existenzsicherungshilfen für Landwirte in dieser Höhe an. Wobei er die Variable in Verhandlungen mit den Bundesländern aber auch mit der EU-Kommission in Brüssel so weit wie möglich nach oben schrauben will. Die Agrarminister der Länder hat Schmidt zu diesem Zweck schon für Dienstag nächster Woche nach Berlin eingeladen.

Allerdings hat Schmidt noch „Sorgen, was Brüssel betrifft“. Denn schon im vergangenen Jahr sei dort ein Existenzhilfsprogramm für Bauern in Höhe von 500 Millionen Euro beschlossen worden. Die auf Deutschland entfallenden 70 Millionen seien bereits an die Bauern ausbezahlt, in etlichen anderen europäischen Ländern sei dies aber noch nicht geschehen. Solange die Tranche jedoch noch nicht vollständig ausbezahlt sei, könne eine zweite nicht beschlossen werden.

Geld statt warme Worte

Der Streit mit den Lobby-Verbänden dürfte sich also in den kommenden Monaten hauptsächlich um die Höhe des X drehen. Zwar lieferten alle Gipfel-Beteiligten ein verbales Bekenntnis zur deutschen Milch ab. Der Präsident des Einzelhandelsverbands HDE, Josef Sanktjohanser, verkündete: „Der Handel hat ein vitales Interesse an der Milchproduktion und anderen Agrarprodukten aus Deutschland.“ Minister Schmidt selbst erklärte nach dem Treffen: „Milch aus Deutschland steht für Qualität und Lebensmittelsicherheit.“ Doch Bauernpräsident Joachim Rukwied erläuterte verklausuliert, dass seinen Bauern warme Worte nichts bringen. Ihnen geht es um Geld von Staat und EU. Der Milchgipfel sei „in die richtige Richtung gegangen“, nun hänge aber alles an der Höhe der Finanzspritze. „Das X muss wesentlich höher ausfallen.“

Finanzspritze nur kurzfristige Lösung

Hierin liegen nun die grundlegenden Differenzen, welche die demonstrierte Einigkeit der Beteiligten verdeckt. Minister Schmidt drängt auf Strukturreformen, die Bauern hoffen schlicht auf Hilfe vom Staat. Solange sie zu viel produzieren, profitieren Handel und Verbraucher von geringen Preisen. „In der Milchwirtschaft ist es nicht Aufgabe des Staates, Preise oder Produktionsmengen vorzuschreiben“, meint Schmidt. „Die Mengenreduktion kann nicht in einem Mitgliedsstaat, sondern nur in der gesamten EU durchgesetzt werden“, ergänzte Einzelhandelsverbands-Präsident Sanktjohanser.

Immerhin stellte der Bundeslandwirtschaftsminister den Molkereien kartellrechtliche Erleichterung bei der Absprache von Einkaufspreisen in Aussicht. Solange die Milchproduktion deutscher Kühe anhaltend hoch ist, wird der Preisverfall weitergehen. Die Landwirte und ihre Verbände müssten selbst dazu in der Lage sein, ihre Produktion zu drosseln. Finanzielle Hilfen – egal wie hoch das X ausfällt – dürften ihnen nur kurzfristig helfen. Minister Schmidt machte entsprechend deutlich: „Auch wenn das ein längerer Weg wird, einen ersten großen Schritt haben wir heute getan, um den Milchmarkt zukunftsfest aufzustellen.“