Gut 40.000 mehr Menschen waren 2013 in Bayern von Armut bedroht als im Jahr zuvor. (Bild: imago/BE&W)
Sozialbericht

Arm im reichen Bayern?

Der Sozialbericht offenbart alarmierende Tendenzen, auch wenn Bayern im bundesweiten Vergleich gut dasteht. Dabei sind im Freistaat besonders Personengruppen von Armut bedroht, die alleine leben, sowie Frauen über 65 Jahren. Deshalb plant die CSU-Landtagsfraktion ein Konzept gegen Altersarmut zu entwickeln.

Bayerns Wirtschaft boomt, bundesweit hat der Freistaat die höchste Quote an Erwerbstätigen und im Schnitt viel weniger Arbeitslose als in anderen Regionen Deutschlands. Doch ein Blick in Bayerns Sozialbericht zeigt: Immer mehr Menschen stehen im Freistaat auf der Schattenseite. So stieg die Zahl armutsgefährdeter Personen in Bayern zwischen 2006 und 2013 von 1,61 auf 1,76 Millionen.

Alarmierende Tendenzen

Den Bericht stellte Sozialministerin Emilia Müller (CSU) jetzt im Ausschuss vor. Gut 40.000 mehr Menschen waren 2013 von Armut bedroht als im Jahr zuvor. Die Quote stieg von 14,1 auf 14,6 Prozent. Als armutsgefährdet gilt schon, wer mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der gesamten Bevölkerung in Bayern auskommen muss. Ob dieser Wert tatsächlich herangezogen werden kann, ist umstritten.

Grundsätzlich gilt in Bayern eine Person ab einem Nettoeinkommen von 973 Euro als „armutsgefährdet“. Dabei trifft es im Freistaat besonders Personengruppen, die alleine leben. Unter ihnen Alleinerziehende und Ein-Personen-Haushalte, vor allem Menschen über 65 Jahre. Laut Report zählen etwa 600.000 Frauen und Männer zu dieser Personengruppe: Im Schnitt mussten diese 2013 mit einem Nettoeinkommen von 778 Euro im Monat auskommen.

Immer mehr Altersarmut

Der Bericht macht deutlich, dass das Risiko der Altersarmut in Bayern steigt. 22,4 Prozent der ab 65-Jährigen gelten als armutsgefährdet. 2006 waren es noch 17,6 Prozent. Die Schwelle der Armutsgefährung liegt in Bayern bei 973 Euro im Monat. Die ernüchternde Bilanz: 80 Prozent der bayerischen Neurentnerinnen liegen darunter, bei den Männern sind es 40 Prozent, so die Süddeutsche Zeitung. Gerade einmal 542 Euro beträgt im Schnitt die Rente von Erstbezieherinnen in Bayern. Altersarmut trifft vor allem Frauen. Hier stieg die Quote auf 25,1 Prozent.

Grund: Einerseits waren früher weniger Frauen beschäftigt und die meisten von ihnen verdienten nicht so viel. Die Folge: Über 40.402 Frauen ab 65 Jahren waren 2014 im Freistaat auf die Grundsicherung im Alter angewiesen, bei den Männern waren es laut Statistischem Landesamt knapp 26.800.

Minijob wegen Geldmangel?

Dazu kommt laut Süddeutscher Zeitung, dass immer mehr Menschen in Bayern ihre Rente mit einem Minijob aufstocken. Im März 2015 gingen knapp 160.000 über 65-Jährige einer geringfügig entlohnten Beschäftigung nach – 2,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft hält diese Tatsache nicht für ein Indiz auf Altersarmut. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung sagte er: „Viele Rentner möchten einfach noch weiter arbeiten. Das hat mit Altersarmut nichts zu tun.“

Megathema Alterssicherung

Die Landtags-CSU hat deswegen ein Antragspaket auf den Weg gebracht und die Alterssicherung zu einem der Megathemen der Zukunft erklärt.

Wir werden ein Konzept entwickeln, damit die Menschen in Bayern auch im Alter in finanzieller Sicherheit leben können.

Joachim Unterländer (CSU), Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit und Soziales

Die Weiterentwicklung der gesetzlichen Altersversorgung und die besonderen Situationen von Geringverdienern und Müttern werde ebenfalls für die CSU-Landtagsfraktion eine zentrale Rolle spielen. Eng will sie dabei mit der Staatsregierung zusammenarbeiten.

Migrationshintergrund erhöht Armutsrisiko

Ein weiterer Risikofaktor für Armut ist ein Migrationshintergrund. „Die Armutsgefährdungsquoten von Menschen mit Migrationshintergrund liegen weiterhin auf einem höheren Niveau als bei Menschen ohne Migrationshintergrund“, heißt es laut Süddeutscher Zeitung im Report. Jedoch sinke hier die Zahl der problematischen Fälle, insbesondere unter den Jüngeren. Dennoch haben es Bewerber mit Migrationshintergrund auf dem Arbeitsmarkt schwerer. Ihre Erwerbslosenquote ist um 3,1 Prozentpunkte höher als die der deutschstämmigen. Der Grund dafür kann aber natürlich auch einfach in den oft schlechteren Sprachkenntnissen und Qualifikationen liegen.

Noch mehr Schwierigkeiten einen Job zu finden, haben Menschen mit Behinderung, deren Anteil unter der Gesamtbevölkerung auf neun Prozent angewachsen ist. Im Augenblick leben demnach 1,6 Millionen Menschen mit Behinderung im Freistaat, und ihr Anteil an der Erwerbslosenquote beträgt, beurteilt nach dem Schweregrad ihrer Behinderung, 5,5 beziehungsweise 6,4 Prozent, wie die Süddeutsche Zeitung zitiert.

Reiche leben in Schwaben

Regional leben Menschen in Schwaben mit dem geringsten Risiko, arm zu werden. Am höchsten ist die Gefahr in Oberbayern, gefolgt von Mittelfranken, der Oberpfalz sowie den gleichplatzierten Regierungsbezirken Niederbayern, Oberfranken und Unterfranken. Brennpunkte gibt es eher in den Ballungsräumen als im ländlichen Raum. Besonders hoch waren die Armutsgefährdungsquoten mit mehr als 20 Prozent demnach in den Städten Nürnberg und Augsburg. München liegt seit 2009 unter dem Landesschnitt von 14,6 Prozent.

(dpa/SZ/AS)