Der ehemalige FDP-Chef Guido Westerwelle bei einem seiner letzten öffentlichen Auftritte – in der ARD-Sendung Günther Jauch im November 2015 zum Thema „Schicksalsdiagnose Krebs“. (Foto: Metodi Popow/imago)
Früherer FDP-Chef

Guido Westerwelle gestorben

Er war FDP-Vorsitzender, Außenminister, Vizekanzler, pointierter Redner und wohl einer der begabtesten Politik-Vermarkter der Bundesrepublik. Unvergessen sein „Projekt 18“, mit dem er erfolgreich um Stimmen warb. Jetzt ist Guido Westerwelle mit 54 Jahren in Köln an Leukämie gestorben.

Der ehemalige Außenminister Guido Westerwelle ist tot. Der frühere FDP-Vorsitzende starb in der Uniklinik in Köln im Alter von 54 Jahren an den Folgen einer Leukämie-Erkrankung. Dies teilte die Westerwelle-Foundation in Berlin mit.

Westerwelle hatte nach Hans-Dietrich Genscher, Klaus Kinkel und Wolfgang Gerhardt 2001 den Vorsitz der FDP übernommen. In diesem Amt stellte er mit dem Satz „Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt’s einen, der die Sache regelt, und das bin ich“ seinen Führungsanspruch klar. Zwischen 2006 und 2009 war Westerwelle auch Chef der FDP-Bundestagsfraktion und Oppositionsführer. Dabei etablierte er sich mit messerscharfer, pointenreicher Rhetorik als Haupt-Gegenspieler der großen Koalition unter Merkel/Steinmeier. Er fuhr für die Liberalen großartige Wahlergebnisse ein, die die Partei später nie mehr erreichte. Sachpolitisch kämpfte er – allerdings erfolglos – vor allem für Steuersenkungen.

FDP als Spaßpartei vermarktet

Dabei vermarktete Westerwelle die FDP geradezu genial als Spaßpartei. Ihm gelang sogar vorübergehend, die FDP als Teil der Jugend- und Popkultur zu etablieren – beinahe völlig befreit von politischen Inhalten natürlich. Unter anderem erregte er Aufsehen mit dem von Jürgen Möllemann und ihm ausgerufenen „Projekt 18“, seinen Wahlkampftouren mit dem „Guidomobil“ sowie spektakulären Auftritten im Big-Brother-Container sowie bei einer TV-Diskussion, wo er einen Aufkleber mit der gelb-blauen Aufschrift „18“ unter den Schuhsohlen trug.

Nach der schwarz-gelben Regierungsübernahme 2009 wurde Westerwelle Außenminister und Vizekanzler an der Seite von Angela Merkel. Hier sank seine Beliebtheit, zumal er sich – im Gegensatz zu seinen Amtsvorgängern Kinkel und Genscher – weiter intensiv zur Innenpolitik äußerte. Etwa für seine Kritik an „spätrömischer Dekadenz“, falls die Hartz-IV-Mentalität ausufere, geriet er massiv unter Beschuss der linken Mainstream-Medien. 2011 trat Westerwelle nach einer Reihe von Wahlniederlagen als FDP-Chef zurück, Nachfolger wurde der glücklose Gesundheits- und spätere Wirtschaftsminister Philipp Rösler. 2013 erhielt die FDP die Maximalstrafe und flog erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg aus dem Bundestag.

Tödliche Leukämie

In den letzten Jahren zog sich Westerwelle wegen seiner Leukämie-Krankheit aus der Öffentlichkeit zurück, allerdings hatte eine Buchveröffentlichung über seine Krankheit sowie einige Interviews im November 2015 Hoffnung auf Besserung gemacht. Dass sich sein Zustand jüngst wieder massiv verschlechtert hatte, wussten anscheinend nur enge Freunde.

Trauer bei Politiker-Kollegen

Zahlreiche Politiker reagierten bestürzt auf die Nachricht von Westerwelles Tod. Bundespräsident Joachim Gauck sagte: „Mit Guido Westerwelle verliert unser Land einen leidenschaftlichen politischen Menschen, der seine verschiedenen Aufgaben, ob in seiner Partei, im Ministeramt oder zuletzt in der von ihm gegründeten Stiftung, immer mit großem persönlichem Einsatz angegangen ist. (…) Er wird uns als ein leidenschaftlicher Demokrat und Europäer in Erinnerung bleiben.“ CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer schrieb auf twitter: „Große Trauer um Guido Westerwelle. Er ist viel zu früh von uns gegangen.“ CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt erklärte: „Guido Westerwelle hat in den vergangenen zwanzig Jahren die politische Landschaft geprägt wie kaum ein anderer. (…) Sein Leitsatz, Deutschland brauche nicht weniger Europa, sondern mehr, gilt heute mehr denn je.“

 

dpa/wog