Münchner Residenz

„Auf Totenstille folgten Schreie“

800 Helfer und Helferinnen, die beim Zugunglück von Bad Aibling im Einsatz waren, haben Ministerpräsident Horst Seehofer und Landtagspräsidentin Barbara Stamm zu einem Empfang in den Kaisersaal der Residenz geladen. Richard Schranke, einer der Ersten am Unglücksort, beschreibt das Unfassbare.

„Man kommt da an, im Morgengrauen, ganz unrealistisch, die Vögel haben gezwitschert und es war erst einmal Totenstille.“ Richard Schranke, Kreisbrandrat Rosenheim, war einer der Ersten an der Unglücksstelle. Zwei Regionalzüge auf der Strecke von Holzkirchen nach Rosenheim stießen am 9. Februar frontal zusammen. Elf Menschen kamen ums Leben, 85 Passagiere wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. „Die Schreie von den Hilfesuchenden, die Geräusche an der Einsatzstelle, sie lassen sich schwer beschreiben. Das sind Eindrücke, die man kein zweites Mal braucht“, sagte Schranke.

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"Auf Totenstille folgten Schreie" Helferempfang für Einsatzkräfte von Bad Aibling

„Ich persönlich kann nicht ermessen, was es heißt, unmittelbar dem Schrecken des Unglücksortes ausgesetzt zu sein. Ich kann ihnen dafür nur von ganzem Herzen danken“, sagte Ministerpräsident Horst Seehofer an die Helfer gewandt. Landtagspräsidentin Barbara Stamm hob den selbstlosen Einsatz der Helferinnen und Helfer hervor: „In einer absoluten Ausnahmesituation sind die Helfer bis an ihre Grenzen gegangen – und darüber hinaus. Niemand hat nach Zuständigkeiten gefragt, sondern es wurde Hand in Hand gearbeitet – Haupt- und Ehrenamtliche, Helferinnen und Helfer aus Bad Aibling, aus der Region, aus Österreich.“ Unter den Einsatzkräften waren auch Helfer aus Salzburg und Tirol.

Gottesdienst für die Helfer und Opfer

Zuvor hatte die Kirche mit einem ökumenischen Gottesdienst den Einsatz der Helfer gewürdigt. Prälat Lorenz Wolf sprach im Münchner Liebfrauendom von einem grandiosen Zeichen dafür, „dass unsere Gesellschaft dazu fähig ist, in solch grausamen Unglückssituationen zusammenzuhalten“. Die Helfer seien „würdige Vorbilder für unsere Zeit und für die ganze Gesellschaft“. Wolf erinnerte auch an die Opfer und deren Angehörige.

Kein Dankeschönfest, aber Gedenkstätte

Den Helferempfang der Staatsregierung empfand Richard Schranke als hohe Anerkennung. Das geplante Dankeschönfest wurde hingegen abgesagt.

„Der Kreisbrandrat hat uns gebeten, die Feier nicht stattfinden zu lassen, da mehrere Helfer noch zu traumatisiert seien“, sagte der Zweite Bürgermeister der Stadt, Otto Steffl. Zu der Feier am 16. April waren ursprünglich rund 700 Mitglieder der Helfervereine eingeladen worden, die nach dem Unfall im Einsatz waren. Eine Verschiebung komme zunächst aus logistischen Gründen nicht infrage, „aber vielleicht organisieren wir im nächsten Jahr noch mal eine Feier“, sagte Steffl. Sicher ist immerhin, dass eine Gedenkstätte an das Unglück erinnern soll. Ort und Gestaltung stünden aber noch nicht fest, sagte Bürgermeister Felix Schwaller. Die Gedenkstätte soll aber nicht direkt am Unfallort entstehen.

Vermutlich kein Funkloch auf der Strecke

Die Ursache des schweren Zugunglücks war menschliches Versagen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung gegen den Fahrdienstleiter. Der 39-Jährige soll mit einem Sondersignal einen verspäteten Zug auf die eingleisige Strecke geschickt haben, obwohl er dies nach Überzeugung der Ermittler nicht hätte tun dürfen. Nach Angaben des Spiegels hat wohl kein Funkloch die Kommunikation zwischen Fahrdienstleiter und Lokführern verhindert. Weder das bayerische Landeskriminalamt noch das Innenministerium wollte den Bericht bisher kommentieren. Sie verweisen auf die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Traunstein, die aber jeden Kommentar zu den laufenden Ermittlungen ablehnt. Laut Spiegel hatte der Mann unmittelbar vor dem Zusammenstoß versucht, die Lokführer per Funk zu warnen. Doch aus bislang ungeklärten Gründen blieb sein erster Notruf ohne Wirkung, der zweite kam erst kurz nach dem Unglück. Dies hatte Spekulationen über ein Funkloch auf der Unfallstrecke ausgelöst.

dpa/AS