Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in anderen Ländern schon länger Initiativen, um den Salzkonsum in der Bevölkerung zu verringern. (Bild: imago/Westend61)
Salzkampagnen in der EU

Weniger Salz ist mehr

Die Deutschen essen zu viel Salz, jetzt wird der Ruf nach gesetzlichen Grenzwerten laut. Doch ob zu viel Salz wirklich gesundheitsschädlich ist, darüber wird gestritten. Klar ist: unsere europäischen Nachbarn führen bereits seit Jahren Salzkampagnen, die den Konsum bei der Bevölkerung verringert haben. Auch Deutschland investiert 2015 zwei Millionen in eine "nationale Strategie".

Nicht mehr als ein Teelöffel voll Salz. Das sind etwa sechs Gramm. So viel von dem Gewürz empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) pro Tag. Tatsächlich nehmen die meisten Erwachsenen in Deutschland deutlich mehr zu sich.

Salz: Fluch und Segen

Rund 70 Prozent der Frauen und 80 Prozent der Männer essen viel mehr Salz als sie sollten, also mehr als sechs Gramm. Doch wer zu viel hat, treibt seinen Blutdruck in die Höhe und steigert das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Das sagen zumindest Gesundheitsexperten. Eindeutige Forschungsergebnisse gibt es dazu nicht. Salz ist aber auch ein lebenswichtiges Grundnahrungsmittel. Wichtig für den Wasserhaushalt, Knochenaufbau, das Nervensystem und die Verdauung.

Schuld tragen Rezepte der Lebensmittelhersteller

Wer glaubt, er isst zu viel Salz, hat nur begrenzt Möglichkeiten, den Salzkonsum zu drosseln. Entscheidend ist nicht das Salz auf dem Frühstücksei. Denn individuelles Salzen macht nur 20 bis 25 Prozent des Konsums aus. Das meiste Salz gelangt durch den Genuss von Brot, Käse, Fleisch- und Wurstwaren sowie Fertiggerichte in den Körper. Also zum größten Teil durch verarbeitete Lebensmittel. Deshalb ruft die DGE die Industrie dazu auf, Rezepturen umzuarbeiten und Speisen mit weniger Salz zuzubereiten. Doch dann laufen Hersteller Gefahr, dass ihre Produkte weniger intensiv schmecken – und der Verbraucher kauft bei der Konkurrenz mit den vermeintlich schmackhafteren Lebensmitteln.

Salz-Grenzwerte für die Industrie?

Die DGE geht deshalb einen Schritt weiter und appelliert an die Politik, dass in der Lebensmittelwirtschaft eine freiwillige Selbstverpflichtung fehle. „Dafür bedarf es womöglich Druck von der Politik. Grenzwerte könnten festlegt werden, um den Salzgehalt schrittweise zu reduzieren“, sagte Anja Kroke, Professorin an der Hochschule Fulda und Mitglied des wissenschaftlichen Präsidiums der DGE. Doch Krone nimmt an, dass es womöglich schwierig sein könnte, Regulierungen rechtlich umzusetzen. Ernsthaft darüber diskutiert wurde mit Vertretern der Politik zumindest noch nicht.

Bayern setzt auf Überzeugungsarbeit

Auch Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml warnt vor zu viel Salz, appelliert an die Selbstverantwortung und rät zu einer ausgewogenen Ernährung mit viel Obst und Gemüse.

Für eine gesunde Ernährung braucht es keine Abkommen, wir müssen Überzeugungsarbeit leisten. Der Staat sitzt nicht mittags mit am Tisch, schaut in Kochtöpfe oder schreibt Einkaufszettel.

Melanie Huml, Gesundheitsministerin

Nationale und internationale Salzkampagnen

In der Forschungswelt sind sich die Fachleute keineswegs einig über die Auswirkungen des Salzkonsums. Doch der Bundesregierung scheint das Thema immerhin relevant genug, um erstmalig 2016 eine nationale Strategie ins Leben zu rufen. Mit der Kampagne sollen Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten reduziert werden. Ursprünglich waren dafür drei Millionen Euro vorgesehen, jetzt werden zwei Millionen bereitgestellt. Ergebnisse soll es Ende 2016 geben. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in anderen Ländern schon länger Initiativen, um den Salzkonsum in der Bevölkerung zu verringern. Und auch international tut sich was. Beispielsweise gibt es auf EU-Ebene das Common-Framework on Salt Reduction und auf globaler Ebene die Initiative World Action on Salt and Health.

Wie machen`s die Nachbarn?

Bei den europäischen Nachbarn sind Salzregulierungen schon länger Programm. Die Ergebnisse veröffentlicht die deutsche Verbraucherzentrale. Beispielsweise muss in Finnland seit 1977 bei Lebensmitteln angegeben werden, ob sie „viel Salz“ oder „wenig Salz“ enthalten. Verpflichtend ist zudem ein Label mit dem Herz-Symbol. Dadurch essen Finnen angeblich heute 40 Prozent weniger Salz als noch vor 30 Jahren. Und die Infarkt- und Schlaganfallrate verringerte sich gleich mit. Ob ein Zusammenhang besteht, ist damit noch nicht belegt. Auch in Großbritannien hat eine Salzkampagne der Food Standards Agency 2004 durch verstärkte Kommunikation mit Herstellern und Gesundheitswesen eine Änderung der Produktzusammensetzung gefördert. Ergebnis: der durchschnittliche Salzkonsum sank um bis zu 34 Prozent.

Strafzölle in Portugal

Interessant ist der Fall Portugal. Hier wird nicht nur der höchste Salzkonsum, sondern auch die höchste Schlaganfallrate im europäischen Vergleich registriert. Das portugiesische Parlament hat daraufhin 2009 eine Maximalmenge für Salz, sowie Strafzölle auf zu viel Salz im Brot erlassen. 5000 Euro kann es Hersteller kosten, verkaufen sie Brot mit mehr als 1,4 Gramm Kochsalz pro 100 Gramm. Seit 2012 gibt es zudem eine Umsatzsteuer für salzige Produkte. Und auch in Österreich hat eine Salzinitiative dazu geführt, dass der Salzgehalt in Brot und Gebäck von 2011 bis 2015 um 15 Prozent sank.

(Quelle: dpa/AS)