Der Fußball atmet vorerst auf: Es bleibt alles beim Alten - noch. (Bild: Fotolia, 103tnn)
Müllers Klage

Der Fußball atmet vorerst auf

Im Streitfall zwischen dem früheren Bundesliga-Torhüter Heinz Müller und dem FSV Mainz 05 hat das Landesarbeitsgericht Mainz die gängige Praxis von befristeten Arbeitsverträgen im Fußball-Geschäft als zulässig erachtet. Das erstinstanzliche Urteil sah dies noch anders. Wegen der weitreichenden Konsequenzen wurde bereits von einem zweiten Bosman-Urteil gesprochen.

Fußballclubs dürfen ihren Spielern auch weiterhin befristete Verträge geben. In einem brisanten Rechtsstreit zwischen dem FSV Mainz 05 und seinem früheren Torwart Heinz Müller fällte das Landesarbeitsgericht ein Urteil, das den Profifußball vor radikalen Umwälzungen bewahrt. Müller hatte 2014 nach Ablauf eines Zweijahresvertrages auf eine „Feststellung des Fortbestandes als unbefristetes Arbeitsverhältnis“ geklagt. Das Arbeitsgericht Mainz entschied daraufhin, dass auch Fußballprofis arbeitsrechtlich wie normale Arbeitnehmer behandelt werden müssen und nicht ständig Zwei-, Drei- oder Vierjahresverträge erhalten dürfen. Das Landesarbeitsgericht als nächst höhere Instanz änderte dieses Urteil jetzt wieder ab, ließ aber auch gleichzeitig eine Revision zu. Sowohl Mainz 05 als auch Müller können jetzt noch vor das Bundesarbeitsgericht ziehen. Letztlich könnte das Verfahren sogar bis vor den Europäischen Gerichtshof wandern. Falls die Auffassung von Müller in der höchsten Instanz doch noch bestätigt würde, drohen möglicherweise ähnlich weitreichende Konsequenzen wie nach dem sogenannten Bosman-Urteil des EuGH von 1995. Im Fall Jean-Marc Bosman entschied der Europäische Gerichtshof 1995, dass Profifußballer nach Ablauf ihres Vertrags ablösefrei wechseln dürfen. Letztlich könnte eine solche „Müller-Entscheidung“ das gesamte Transfersystem im Fußball sowie in allen anderen professionellen Mannschaftssportarten zum Einsturz bringen. Schwierig wäre es auch deshalb, weil die Vereine in ihren Jahresabschlüssen die Spieler als reale Werte angeben.

Mainz, wie es zittert und weint

Begonnen hatte die juristische Debatte mit einem Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 24. März 2014: Müller hatte 2012 noch einmal einen Zweijahresvertrag in Mainz unterschrieben. Nachdem dieser Kontrakt ausgelaufen war und Müller den Verein verlassen musste, klagte er erfolgreich auf „Feststellung des Fortbestandes als unbefristetes Arbeitsverhältnis“. Das Arbeitsgericht entschied: Müllers Vertrag hätte nicht befristet werden dürfen, weil eine solche Befristung laut Gesetz nur im Falle eines „sachlichen Grundes“ oder bis zu einer Gesamtdauer von maximal zwei Jahren zulässig ist. Beides habe nicht zugetroffen, weil der heute 37-Jährige zuvor schon einmal einen von 2009 bis 2012 befristeten Vertrag bei den Mainzern besessen hatte. Mainz 05 war danach in Berufung gegangen und will zur Not bis vors Bundesarbeitsgericht. Gespräche über eine außergerichtliche Einigung zwischen beiden Parteien scheiterten, weil der Verein wegen der Bedeutung des Falles auf einem Urteil des Gerichtes bestand.

Rente mit 67 auch für Fußballer?

Viele Vereine befürchteten, ihre Profis nicht mehr – wie bislang gängige Praxis – mit Drei- oder Vierjahresverträgen ausstatten zu können. „Rentenverträge“ sind aber nach Ansicht von Funktionären im Profifußball undenkbar. Zumal die Spieler dann auch noch fristgerecht (Frist von einem bis drei Monate) kündigen und ablösefrei den Verein wechseln könnten. Die Kündigung durch den Verein würde dagegen den Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes unterliegen, eine fristgerechte Kündigung wäre daher nur aus verhaltens-, personen- oder betriebsbedingten Gründen möglich.

Auch die Ungewissheit der zukünftigen Leistungsentwicklung im Profisport rechtfertigt nicht die Befristung des Arbeitsverhältnisses.

Erstinstanzliches Urteil im Fall Müller

Auch der heutige DFB-Interimspräsident Rainer Koch bemängelte nach dem ersten Urteil, „dass das Gericht die Besonderheit der Branche offenbar nicht gewürdigt hat. Für mich steht außer Frage, dass das allgemeine Arbeitsrecht im Fußball so nicht gelten kann“. Das für das erstinstanzliche Urteil ausschlaggebende Teilzeit- und Befristungsgesetz sollte sogenannte Kettenverträge erschweren, bei denen Arbeitnehmer mit immer neuen Zeitverträgen ausgebeutet werden. „Auch die Ungewissheit der zukünftigen Leistungsentwicklung im Profisport rechtfertigt nicht die Befristung des Arbeitsverhältnisses“, erklärte die Richterin in der ersten Instanz.

Rotation im Sinne der Fans und Spieler

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) begründet die kurzen Verträge, auf denen das weltweite Transfersystem beruht, so: Fußballspieler im Profibereich können aufgrund ihrer nachlassenden physischen Leistungsfähigkeit mit wenigen Ausnahmen meistens etwa 10 bis 20 Jahre spielen, spätestens im Alter von 35 bis 40 Jahren ist fast immer Schluss. Ein Arbeitsvertrag mit einem Profispieler ist deswegen auch „nicht auf dauerhafte Beschäftigung angelegt, sondern eröffnet Rotationsmöglichkeiten im Sinne der Klubs, Spieler, nachrückenden Talente und Fans“.

(dpa/avd)