Freude am Dürer-Gymnasium in Nürnberg-Gostenhof: Offenbar sind einige der Interviews, die US-Starregisseur Michael Moore hier vor einem Jahr aufnahm, in dessen neuen Dokumentarfilm eingegangen. (Foto: Wolfram Göll)
Dreh in Nürnberg

Oscarpreisträger Moore im Dürer-Gymnasium

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit drehte der streitbare US-Starregisseur Michael Moore vor einem Jahr unter anderem in Nürnberg seinen neuen Dokumentarfilm "Where to invade next", der am 25. Februar in die deutschen Kinos kommt. Drehort war das Dürer-Gymnasium im Stadtteil Gostenhof, thematisch ging es um das Geschichtsbild der Schüler - vor allem im Hinblick auf die NS-Zeit.

Ohne jedes öffentliche Aufsehen drehte der Oscarpreisträger und US-Berufsprovokateur, auch bekannt als „Enfant terrible des Dokumentarfilms“, Michael Moore im April 2015 einen Film, der sich unter anderem mit der Vergangenheitsbewältigung in Deutschland auseinandersetzt – aber auch allgemein mit all den Bereichen, in denen die USA durchaus von Europa lernen können: Selbstkritische Geschichtssicht, Sozialstaat, Elternzeit, werteorientierte Außenpolitik, gesunde Ernährung. Der Film mit dem erneut provokativen Titel „Where to invade next“ kommt am 25. Februar in die deutschen Kinos.

Einer der Drehorte: Das Dürer-Gymnasium im Nürnberger Stadtteil Gostenhof – dem Stadtteil mit dem höchsten Ausländeranteil in der gesamten Frankenmetropole. Das Gymnasium liegt darüber hinaus in unmittelbarer Nachbarschaft des Justizzentrums an der Fürther Straße mit dem historischen Saal 600, wo die Nürnberger Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher des Zweiten Weltkrieg stattfanden – die Geburtsstunde der internationalen Strafgerichtsbarkeit. Wenn es also einen „Genius Loci“ gibt, wie Deutschland sowohl Einwanderer integriert als auch mit den dunklen Seiten der eigenen Geschichte umgeht, dann weht er ganz gewiss hier.

Sachliches, ernstes und interessiertes Gespräch mit den Schülern auf Englisch

Wie die Nürnberger Zeitung (NZ) unter Berufung auf Lehrer und Schüler des Gymnasiums berichtet, wurde der Besuch im April 2015 äußerst kurzfristig organisiert und durchgeführt. Alle Beteiligten waren bis jetzt zur Schweigsamkeit verpflichtet. Moore setzte sich mit acht angehenden Abiturienten und ihrem Lehrer in den Klassenraum, unterhielt sich in einer improvisierten Geschichtsstunde sehr sachlich, ernst und interessiert mit den Schülern, die ihm offenbar recht eloquent auf Englisch Rede und Antwort standen.

Hauptthema war die Sicht der Schüler auf die Nazizeit und vor allem den Holocaust. Es ging unter anderem um so schwierige Themen wie Erinnerungskultur und Verantwortung. Das Dürer-Gymnasium war wohl auch deshalb ausgewählt worden, weil die Landeszentrale für politische Bildung laut NZ dem Regisseur auf dessen Anfrage hin verraten hatte, dass das Dürer-Gymnasium ein Projektseminar zum Thema Holocaust durchgeführt hatte: Vier der interviewten Zwölftklässler hatten in Israel mit Überlebenden des Holocaust gesprochen. Das Dürer-Gymnasium nimmt auch am Projekt „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ teil.

Vorabkritiken lassen darauf hoffen, dass es einige Passagen der Interviews aus dem Dürer-Gymnasium in die Endfassung des Dokumentarfilms geschafft haben. Große Freude und Erwartungen hat jedenfalls die Tatsache ausgelöst, dass Michael Moore zwei der Schüler zur Europa-Premiere im Rahmen der Berlinale eingeladen hat. Übrigens hat Moore auch bei der Bleistiftfabrik Faber-Castell in Stein (Landkreis Fürth) gedreht: Auch hier darf man gespannt sein, was im Film davon übrig bleibt.

Brehm: Anerkennung für Nürnberg und seine Erinnerungskultur

„Ich freue mich sowohl für die Schüler als auch für unsere Stadt, wenn es das Dürer-Gymnasium in den neuen Michael Moore – Streifen geschafft hat“, freut sich der Vorsitzende der CSU-Stadtratsfraktion, Sebastian Brehm, mit den Dürer-Schülern. Gegenüber dem Bayernkurier betont Brehm weiter: „Die Einladung für die Schüler zur Europa-Premiere ist ja schon mal ein sehr gutes Zeichen dafür, dass ihre Szenen nicht am Boden des Schneideraums gelandet sind.“

Auch über die Grenzen des Dürer-Gymnasium hinaus erkennt der Fraktionschef einen großen Mehrwert für Nürnberg und die ganze Region, wenn die Stadt und ihr Umgang mir der Vergangenheit weltweit positiv dargestellt werden. „Es ist für das Image von Nürnberg natürlich außerordentlich gut, wenn die Stadt in einem Film – der international millionenfach gesehen wird – positiv wahrgenommen wird. Ich denke wir gehen in Nürnberg sehr gut mit unserer Vergangenheit um. Dokuzentrum und Saal 600 sind herausragende Beispiele für bewusste und verantwortungsvolle Aufarbeitung von Geschichte.“

NZ/wog