Schweden will Zehntausende Flüchtlinge ausweisen
Bis zu 80000 abgelehnte Asylbewerber will Schwedens Regierung in ihre Heimatländer zurückbringen - notfalls unter Zwang. Das Land hatte bisher besonders viele Flüchtlinge aufgenommen und unter immer größeren Probleme gelitten. Die Niederlande haben einen Plan vorgelegt, nachdem Flüchtlinge von Griechenland direkt in die Türkei zurückgeschickt werden sollen.
Flüchtlingskrise

Schweden will Zehntausende Flüchtlinge ausweisen

Bis zu 80000 abgelehnte Asylbewerber will Schwedens Regierung in ihre Heimatländer zurückbringen - notfalls unter Zwang. Das Land hatte bisher besonders viele Flüchtlinge aufgenommen und unter immer größeren Probleme gelitten. Die Niederlande haben einen Plan vorgelegt, nachdem Flüchtlinge von Griechenland direkt in die Türkei zurückgeschickt werden sollen.

Es könnte die größte Massenausweisung der jüngeren Zeit in Europa werden. Schweden bereitet nach Medienberichten die Rückführung von Zehntausenden Asylbewerbern vor. „Ich glaube, dass es sich auf jeden Fall um 60.000 Personen dreht, aber es können auch bis zu 80.000 werden“, zitiert die Tageszeitung Dagens Industri Schwedens Innenminister Anders Ygeman.

Die Regierung habe Polizei und Migrationsbehörde den Auftrag erteilt, die Ausweisungen vorzubereiten. „Wir haben eine große Herausforderung vor uns“, sagte Ygeman. Zunächst wolle man die Voraussetzungen für eine freiwillige Rückkehr der Asylbewerber schaffen. „Aber wenn wir das nicht schaffen, muss es eine Rückkehr mit Hilfe von Zwang geben“, sagte der Minister. Ygeman sprach davon, die Asylbewerber in Charterflugzeugen zurück zu bringen – „in EU-Regie“. Schwedens Regierung verhandelt nach Angaben von Dagens Industri unter anderem mit Afghanistan und Marokko über die Rückkehr von Flüchtlingen aus diesen Ländern.

Seit Jahresbeginn kontrolliert Schweden seine Grenzen

Bis zum Jahresende 2015 hatten mehr als 160.000 Menschen Asyl in Schweden gesucht. Nach Schätzungen der Regierung werden rund 45 Prozent von ihnen abgelehnt. Um den Zustrom von Flüchtlingen zu verringern, hatte Schweden bereits Anfang des Jahres seine Grenzkontrollen verschärft. Seither muss jeder, der von Dänemark aus einreisen will, in Zügen, Fähren und Bussen einen gültigen Ausweis oder Reisepass vorzeigen. Ein entsprechendes Gesetz hatte das Parlament in Stockholm im Dezember verabschiedet.

Schwedens Migrationsminister Morgan Johansson hat zudem ein ein neues System zur Verteilung von Flüchtlingen in Europa gefordert. „Die Flüchtlinge sollten sich in Griechenland registrieren lassen und dort ihren Asylantrag stellen. Dann werden sie dorthin geschickt, wo es Kapazitäten gibt“, sagte Johansson. „Wenn ihr Antrag genehmigt wird, dürfen sie bleiben; wenn nicht, müssen sie zurück.“ Dieses System solle das bisherige Dublin-System ersetzen, bei dem derjenige EU-Staat zuständig ist, in dem ein Flüchtling zuerst den EU-Boden betreten hat, sagte Johansson.

Selbst nach 15 Jahren in Schweden erreicht die Beschäftigungsquote der Migranten nur 60 Prozent. 42 Prozent der Langzeitarbeitslosen sind Immigranten. 58 Prozent der Sozialhilfeleistungen gehen an Einwanderer.

Schweden hat unter allen europäischen Ländern den höchsten Anteil an Flüchtlingen. Laut Angaben der europäischen Statistikbehörde Eurostat kamen im Jahr 2014 rund 8,4 Asylanträge auf 1000 Einwohner. In Deutschland waren es im selben Zeitraum 2,5. Aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen hatte Schweden zuletzt mit immer größeren Problemen zu kämpfen, wie der Wirtschaftswissenschaftler und Soziologe Gunnar Heinsohn unlängst in der Tageszeitung Die Welt erläuterte. Demnach haben 48 Prozent der Immigranten im berufsfähigen Alter keine Arbeit. Selbst nach 15 Jahren in Schweden erreicht ihre Beschäftigungsquote nur 60 Prozent. 42 Prozent der Langzeitarbeitslosen sind Immigranten. 58 Prozent der Sozialhilfeleistungen gehen an Einwanderer. 45 Prozent der Kinder mit den schlechtesten Schulleistungen sind Immigranten. Sie verdienen im Durchschnitt 40 Prozent weniger als Einheimische.

Auch in Schweden kam es zu sexuellen Belästigungen

Zuletzt waren auch in Schweden Übergriffe von Migranten auf Frauen bekannt geworden. Polizeiberichten zufolge sind bei einem Festival in Stockholm im vergangenen Sommer zahlreiche Mädchen sexuell belästigt worden. Als Verdächtige machte die Polizei etwa 50 junge Flüchtlinge vor allem aus Afghanistan aus. Einige der Männer wurden wegen sexueller Belästigung festgenommen. Insgesamt verwies die Polizei während des Festivals mehr als 200 junge Männer des Geländes.

Flüchtlinge per Fähre zurück in die Türkei

Die Niederlande haben indes einen Plan vorgelegt, nachdem Flüchtlinge von den griechischen Inseln direkt mit Fähren in die Türkei zurückgeschickt werden sollen. Der Plan werde zur Zeit in mehreren EU-Staaten ausgearbeitet, sagte der Fraktionsvorsitzende der regierenden Sozialdemokraten, Diederik Samsom, der Tageszeitung De Volkskrant. Die ersten Fähren sollten bereits ab März oder April zur Rückführung eingesetzt werden.​

Jetzt wurde eine Art Schnellstraße zwischen Griechenland und der Türkei geschaffen, das müssen wir stoppen.

Diederik Samsom

Dem Plan zufolge würden sich EU-Mitgliedsstaaten im Gegenzug verpflichten, bis zu 250.000 Flüchtlinge pro Jahr zuzulassen. Unter dieser Bedingung ist die Türkei nach Aussagen des niederländischen Politikers bereit, die Flüchtlinge wieder aufzunehmen. „Die Türkei muss noch einige Gesetze anpassen und die Situation der syrischen Asylsuchenden verbessern. Es muss ein sicheres Land sein“, betonte Samsom.

Gemeinsam mit einer Kerngruppe von EU-Ländern will die niederländische Regierung einen Durchbruch in der Flüchtlingskrise und eine deutliche Verringerung der Flüchtlingszahlen erreichen. „Jetzt wurde eine Art Schnellstraße zwischen Griechenland und der Türkei geschaffen, das müssen wir stoppen“, sagte Samsom im niederländischen Rundfunk. Samsom und auch der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte hätten darüber bereits intensiv mit Deutschland, Schweden und Österreich beraten. Die Hoffnung sei, dass sich Frankreich, Spanien und Portugal der Initiative anschlössen und auch Großbritannien bereit sei, Flüchtlinge aufzunehmen.

(dpa/tr)