Die jüngsten Entscheidungen der polnischen Regierung stoßen bei führenden EU-Politikern auf harsche Kritik und lösen Forderungen nach Konsequenzen aus. Es sei „überaus bedenklich“, dass die Regierung versuche, Medien und Justiz unter ihre Kontrolle zu bringen, sagt die Vorsitzende der CSU-Europagruppe im EU-Parlament, Angelika Niebler, dem Bayernkurier. Niebler spricht sich dafür aus, den “Rechtsstaatsmechanismus” zu aktivieren und Polen damit unter Aufsicht zu stellen.
„Man muss die Maßnahmen nutzen, die der Lissabon-Vertrag bietet“
Dies hatte am Wochenende bereits EU-Medienkommissar Günther Oettinger, CDU, gefordert. Das mehrstufige Verfahren kann zur Anwendung kommen, wenn die EU-Kommission Gefahren für die Rechtsstaatlichkeit erkennt. Sollte der betroffene Staat nicht auf Änderungsvorschläge aus Brüssel reagieren, leitet die Kommission ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen europäische Grundwerte ein. Die Konsequenzen können bis zum Entzug von Stimmrechten reichen. Oettingers Vorstoß gehe„ in die richtige Richtung“, so Niebler. „Man muss die Maßnahmen nutzen, die der Lissabon-Vertrag bietet.“ Niebler erinnert daran, dass Ungarn sein ebenfalls umstrittenes Mediengesetz geändert hat, nachdem es Kritik aus der EU daran gegeben hatte.
Schwere Eingriffe in die Rechte des Verfassungsgerichts
Polens Regierung hatte zuletzt zwei umstrittene Gesetze verabschiedet. Zum einen beschloss das Parlament eine Reform des Verfassungsgerichts. Demnach können Polens oberste Richter ihre Entscheidungen nur noch mit Zwei-Drittel-Mehrheit treffen, statt wie bisher mit einfacher Mehrheit. Das zweite Gesetz legt fest, dass künftig die Senderchefs der öffentlich-rechtlichen Medien direkt von der Regierung eingesetzt und abberufen werden.
Zuvor hatte bereits der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, der CSU-Politiker Manfred Weber, die Beschlüsse der polnischen Regierung als „höchst problematisch“ kritisiert. „Die Entscheidungen der Regierungspartei PIS, die Rechte des Verfassungsgerichts einzuschränken oder in die Unabhängigkeit der Medien einzugreifen, machen sorgenvoll.“ Damit stelle die polnische Regierung zentrale europäische Prinzipien und Werte zur Debatte, sagte Weber.
Die polnische Regierung stellt zentrale europäische Prinzipien zur Debatte.“
Manfred Weber
Die Europäische Kommission, so Weber, habe die volle Rückendeckung für ihr bisheriges Vorgehen. Die Kommission will auf ihrer nächsten Sitzung am 13. Januar darüber sprechen, ob Polen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit verstößt.