Viele Fragen nach dem Terror
Nach den Dschihad-Anschlägen auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt: Eine traumatisierte Nation befragt sich. Frankreichs Juden in Angst.
Gastkommentar

Viele Fragen nach dem Terror

Nach den Dschihad-Anschlägen auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt: Eine traumatisierte Nation befragt sich. Frankreichs Juden in Angst.

Bei den mörderischen Attentaten in Paris und Umgebung zwischen dem 7. und 9. Januar wurden 17 ­Menschen und die drei Terroristen getötet. Es gab Ver­letzte, zum Teil schwer verwundet. Paare wurden ­zerstört, ­Waisenkinder weinen nach einem verlorenen ­Elternteil. Die Überlebenden und diejenigen, die diese ­tragischen ­Ereignisse direkt oder indirekt erlebt ­haben, bleiben für ihr ganzes Leben traumatisiert. Diese menschliche Dimension darf nicht vergessen ­werden.

Die rücksichtlose Gewalt der Terroristen ist erschreckend. In der Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo haben sie kaltblütig zwölf Zeichner, Journalisten und Mitarbeiter mit Kriegswaffen umgebracht. Vor dem Redaktionsgebäude wurde ein verletzter Polizist, der um Gnade bat, ermordet. Am nächsten Tag erschoss ein Komplize eine junge Polizistin, die auf der Straße die Folgen eines Autounfalls friedlich abwickelte. Einen Tag später tötete der gleiche Mann vier Kunden in einem Koscher-Supermarkt, nur weil sie Juden waren. Die Terroristen verfolgten drei Ziele: Journalisten, Polizisten und Juden.

Die Reaktion der Bevölkerung in und außerhalb Frankreich war überwältigend. Unter dem Motto „Je suis Charlie“ entstand eine großartige Welle der Solidarität, auch von Deutschland kommend. In der ganzen Welt sind Millionen von Menschen friedlich auf die Straße gegangen, um Kernwerte wie Meinungs- und Pressefreiheit, Toleranz und Demokratie zu verteidigen. Die Presse, Internet und die sozialen Netze haben bei dieser einmaligen Mobilisierung eine entscheidende Rolle gespielt.

Und jetzt stehen wir vor vielen ungelösten Fragen. Haben die Nachrichtendienste, die Lehrer und die Schulen versagt? Wie sollen wir mit den Dschihadisten, mit dem Islam und den Islamisten umgehen? Ist die Immigrations- und Integrationspolitik reformierbar? Wie soll eine effiziente und glaubwürdige Terroristenbekämpfung, auch im europäischen und internationalen Kontext aussehen? Die französischen Juden sind sehr verunsichert, viele wollen nach Israel auswandern. Wie kann man ihr Vertrauen wieder gewinnen? Wird sich innenpolitisch François Hollande oder die Extremrechte durchsetzen? Viele Frage und noch wenig konkrete Antworten.

Das erste Heft von Charlie Hebdo nach dem Attentat hat eine sensationelle Auflage von sieben Millionen Exemplaren erreicht. Ein Beweis der Betroffenheit von vielen Menschen. Papst Franziskus hat die Terroranschläge von Paris scharf verurteilt. Gleichzeitig hat er die neuen Karikaturen des Propheten als eine Beleidigung religiöser Gefühle kritisiert. Ich teile diese Meinung, gerade im Namen der Laizität, die solche Provokationen nicht erlauben durfte.