Kuba im Umbruch: Das Land wird sich in den nächsten Jahren tiefgreifend wandeln. (Bild: Cmon, Fotolia)
USA

Guantanamo vor dem Aus?

Das US-Gefangenenlager Guantanamo Bay soll nach dem Willen des Pentagon bis zum Ende der Amtszeit von Präsident Barack Obama geschlossen werden, dessen Amtszeit in 18 Monaten endet. Verteidigungsminister Ashton Carter sagte, dies sei keine Aufgabe, "die wir dem nächsten Präsidenten überlassen sollten".

Er liege an dieser Stelle mit dem Weißen Haus auf einer Linie, sagte der Minister vor Journalisten im Pentagon. Guantanamo Bay sei „teuer“ und solange das US-Gefangenenlager auf Kuba noch in Betrieb sei, fungiere es für Islamisten weltweit als „Parole für dschihadistische Propaganda“. Darin stimmt ihm sogar der „Gründer“ des Gefängnisses, Ex-Präsident George W. Bush, in seinen Memoiren zu: Auch er ist mittlerweile der Ansicht, dass eine Schließung den Sicherheitsinteressen der USA dienen würde. Geprüft würden laut Verteidigungsminister Carter derzeit Alternativen für die Verlegung von Gefangenen innerhalb der USA wie in das Militärgefängnis „Fort Leavenworth“ im Bundesstaat Kansas und die Einrichtung „Navy Brig“ in Charleston in South Carolina. Obamas Regierung arbeitet seit einiger Zeit wieder verstärkt daran, ihre Pläne für eine Schließung des Lagers in einem US-Militärstützpunkt auf Kuba zu Ende zu bringen.

Die Arbeiten an dem Entwurf zur Schließung des Lagers befänden sich in der „Endphase“, sagte US-Präsidentensprecher Josh Earnest bereits Ende Juli. Letzten Klärungsbedarf gebe es noch bei der Frage, wie viele Gefangene in Drittländer transferiert werden könnten – und bei der Strafverfolgung jener, die nach bisherigen Plänen vor Militärtribunale gestellt werden sollen. Der fertige Entwurf soll dann dem Kongress zugeleitet werden.

Auch Unschuldige sitzen noch in Guantanamo

Das umstrittene Gefangenenlager auf Kuba war nach den Terroranschlägen von El Kaida vom 11. September 2001 vom damaligen US-Präsidenten George W. Bush eingerichtet worden. Es sollte es erleichtern, Terrorverdächtige ohne Kriegsgefangenen-Status festzuhalten, für deren Schuld aber gerichtsfeste Beweise oder Zeugenaussagen kaum zu erbringen waren. Zudem wollte man ihnen nicht das Forum eines öffentlichen Prozesses bieten. Zeitweise befanden sich mehr als 800 Männer in dem Lager, inzwischen sind es noch 116. Viele gelten als sehr gefährlich, darunter auch einige Beteiligte der Anschläge von 9/11. Aber selbst nach Erkenntnissen der Amerikaner sind auch Personen darunter, die weder Straftaten begangen haben, noch gefährlich sind. Dennoch war es beinahe unmöglich, in anderen Ländern für diese oft schwer traumatisierten Menschen eine Zuflucht zu finden. Gegen den Häftlingstransfer in Drittländer wird außerdem das Argument vorgebracht, dass sich die Gefangenen nach ihrer Freilassung wieder dem Terrorkampf anschließen könnten.

Obamas Wahlversprechen

Die Schließung von Guantanamo Bay war eines der Wahlversprechen von Obama, das er jedoch bisher nicht halten konnte. Gleich an seinem zweiten Arbeitstag als Präsident ordnete er zwar an, die Terrorverfahren in Guantanamo auszusetzen, das Lager innerhalb eines Jahres zu schließen und den gefährlichen Insassen vor regulären Zivilgerichten den Prozess zu machen. Doch der republikanisch dominierte Kongress blockierte auch mit Hilfe einiger Demokraten das Geld für die Auflösung des Lagers. Auch eine Häftlingsverlegung in die USA wurde gestoppt. Im „National Defense Authorisation“-Gesetz hat das Parlament einen „Bann“ erlassen, laut dem Guantanamo-Insassen nicht in Gefängnisse auf dem amerikanischen Festland gebracht werden dürfen. Schließlich wäre es auch juristisch gar nicht so einfach, die nicht als reguläre Soldaten geltenden islamistischen Verbrecher in die USA zu verlegen, weil sie dort vermutlich einen Rechtsanspruch auf einen „normalen“ Prozess hätten – und nicht wie bisher in Militärprozessen abgeurteilt werden können. Anklagen oder gar Prozesse gab es auch in Guantánamo aber nur selten – die meisten Gefangenen wurden und werden ohne Gerichtsverfahren festgehalten. Dies löste vor allem im Ausland heftige Proteste aus, die aber in den vergangenen Jahren zunehmend leiser geworden sind.

Symbol für die Preisgabe der eigenen Werte

Die Bilder der Gefangenen in ihren orangefarbenen Einteilern in den entwürdigenden Käfigen stehen ebenso wie der Folterskandal im irakischen Gefängnis Abu Ghraib für die weltweit kritisierten Folterpraktiken der US-Regierung im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. Diese war zudem eine Preisgabe der eigenen Werte wie Rechtsstaatlichkeit und Folterverbot. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, John Boehner, verweist jedoch immer noch auf frühere Umfragen, denen zufolge die meisten Amerikaner gegen die Schließung Guantánamos seien. Boehner bekräftigte auch seine Kritik am „Erbe der Gesetzlosigkeit“, das die scheidende Regierung Obama hinterlasse.