Russlands Präsident Wladimir Putin manövriert sein Land immer weiter ins Abseits. Bild: Imago
Barbarische Politik

Putin isoliert Russland noch stärker

Es ist der vorläufige Höhepunkt einer verfehlten und barbarischen Politik: Russlands Staatschef Wladimir Putin lässt vor den Augen seiner Bürger Lebensmittel aus dem Westen vernichten. Viele Menschen aus dem eigenen Land hat er nun gegen sich aufgebracht. Das Ansehen Russlands in der Welt leidet immer mehr.

Die Studie war schon fertig, bevor Putin an der ukrainischen Grenze Dampfwalzen anrollen ließ, die eine große Ladung Käse aus dem Westen platt machten. Wahrscheinlich wären die weltweiten Umfragewerte für den russischen Präsidenten jetzt noch schlechter. Er hat sein Land massiv in Verruf gebracht: Nach Angaben des renommierten amerikanischen Pew Research Centers haben weltweit nur noch etwa 30 Prozent der Menschen ein positives Bild von Russland, die Politik von Staatschef Putin hielten schon vor der Lebensmittelvernichtung nur noch 24 Prozent für richtig.

Die ganze Welt wendet sich von Russland ab

Seit dem Ausbruch der Ukraine-Krise wenden sich demnach vor allem in den ehemaligen Ostblock-Ländern die Menschen von Russland ab. In Polen verlieren zum Beispiel gerade noch 15 Prozent der Bürger ein gutes Wort über die Großmacht im Osten, in der Ukraine sind es trotz des Konflikts mit dem Nachbarn immerhin noch 21 Prozent. Überhaupt nicht einverstanden mit der jüngeren Entwicklung des einst sowjetischen Landes sind auch die US-Amerikaner: Laut Studie hatten 2011 noch 50 Prozent der US-Bürger ein positives Russlandbild, zuletzt waren es nur noch 15 Prozent. In Deutschland sank die Zustimmung für Russland von 50 Prozent (2010) auf nun 27 Prozent. Die schlechte Meinung über das vom Kreml regierte Land zieht sich um den gesamten Globus: In Japan sind es 73 Prozent, in Israel 74 Prozent die negativ über Russland denken.

Nur der Präsident ist noch unbeliebter als sein Land

Noch schlechter als die Umfragewerte für das Land sind die seines Präsidenten: Seine Freunde kann Putin mittlerweile leicht an einer Hand abzählen: In Spanien denken 92 Prozent schlecht über ihn, in Polen sind es 91 Prozent. Einzig und allein in Ghana und in Vietnam liegt die Zustimmung für den Kreml-Chef bei über 50 Prozent: In dem afrikanischen Staat hegen noch 56 Prozent Sympathien für ihn, in dem kommunistischen Land in Südostasien sogar 70 Prozent.

Massive Empörung über Lebensmittel-Zerstörung

Für die Studie wurden zwischen dem 25. März und 27. Mai 2015 in 40 Staaten insgesamt 45.435 Antworten ausgewertet. Wie groß die Zustimmung nach den jüngsten Maßnahmen des russischen Präsidenten ist, kann nur vermutet werden. Seit der Ankündigung, dass hunderte Tonnen vom russischen Zoll entdeckter Lebensmittel aus dem Westen verbrannt werden sollen, hat die Empörung über seine Politik weiter massiv zugenommen – auch im eigenen Land. Bis Donnerstagmorgen hatten bereits 260.000 Russen eine Petition unterschrieben. Sie riefen dazu auf, die Nahrungsmittel an Kriegsveteranen, Rentner, Behinderte, Großfamilien oder Opfer von Naturkatastrophen zu verteilen.

Von heute an müssen alle landwirtschaftlichen Produkte und Lebensmittel aus einem Land, das Sanktionen gegen Russland oder russische Staatsbürger verhängt, zerstört werden.

Russisches Landwirtschaftsministerium

Bekanntlich hatte Russland vor einem Jahr ein Embargo auf Lebensmittel aus dem Westen verhängt und damit auf die Sanktionen des Westens reagiert. Die Einfuhr von Milchprodukten, Fleisch, Fisch, Obst und Gemüse aus der EU, Norwegen den USA, Kanada, und Australien ist seitdem verboten. Bislang wurden Produkte, die unter das Embargo fielen, an den russischen Grenzen abgewiesen. Jetzt werden sie beschlagnahmt und vernichtet: „Von heute an müssen alle landwirtschaftlichen Produkte und Lebensmittel aus einem Land, das Sanktionen gegen Russland oder russische Staatsbürger verhängt, zerstört werden“, teilte das Landwirtschaftsministeriums in Moskau mit und handelte sofort: Eine Lastwagenladung Pfirsiche und Nektarinen mit falscher türkischer Herkunftsbezeichnung wurde sogleich an der Grenze zu Weißrussland von Traktoren und Bulldozern breitgefahren.

Selbst eingefleischten Kommunisten gehen die Maßnahmen zu weit

Die Maßnahmen gehen sogar den eingefleischten Kommunisten des Landes zu weit. Ihr Chef Gennadi Sjuganow sprach von einer „extremen Maßnahme“ und schlug vor, die Nahrungsmittel an Kinder- und Waisenheime zu verteilen. Auch „unsere Freunde in Donezk und Lugansk“ könnten die Lebensmittel gebrauchen, fügte er hinzu. Und der gewöhnlich regierungsfreundliche Fernsehmoderator Wladimir Solojow ließ über den Kurznachrichtendienst „Twitter“ wissen, dass er nicht verstehen könne, dass ein Land, „das durch den grausamen Hunger während des Krieges und die schrecklichen Jahre nach der Revolution“ gegangen sei, Lebensmittel zerstören könne. Die russische Zeitung „Wedomosti“ nannte das Vorgehen „barbarisch“.