Zellkulturen von Tumoren: Wirksamkeitstest von Krebsmedikamenten in einem Labor in Berlin. (Bild: imago images/epd-bild/Jürgen Blume)
Gesundheit

Den Krebs besiegen

EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber hat dem Krebs den Kampf angesagt. Mit einem Zehn-Punkte-Plan, der gemeinsam mit Wissenschaftlern erstellt wurde, soll die EU die Federführung im Einsatz gegen die Krankheit übernehmen.

Gemeinsam mit der Krebsärztin Angelika Eggert, Direktorin der Kinderklinik mit Schwerpunkt Onkologie an der Charité Berlin, stellte der CSU-Politiker und EVP-Spitzenkandidat für die Europawahl, Manfred Weber, in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung Die Welt einen zehnstufigen europäischen Masterplan im Kampf gegen den Krebs vor. Dieses Konzept haben neben Weber und Eggert fünf Krebsforscher aus Deutschland, der Schweiz, Italien und Frankreich mitverfasst.

Die Geißel der Menschheit

Trotz des medi­zi­ni­schen Fort­schritts steigt die Zahl der Krebs­er­krank­ungen wei­ter an. Schätzungen zufolge erkranken jedes Jahr 3,7 Millionen Europäer an Krebs und 1,9 Millionen sterben daran. Laut der Weltgesundheitsorganisation tritt ein Viertel der weltweiten Krebserkrankungen in Europa auf, obwohl der Kontinent nur ein Achtel der Weltbevölkerung beherbergt. Für Deutschland bedeutet das: Mehr als 40 Prozent der Deutschen werden in ihrem Leben gegen Krebs zu kämp­fen haben und fast jeder wird mit Krebs konfrontiert, in der Familie oder im Freundeskreis. Jedes Jahr sterben hierzulande rund 230.000 Menschen an Krebs, etwa 500.000 Neuerkrankungen werden registriert. Trotz aller Forschungsanstrengungen und einiger Erfolge in der jüngsten Zeit etwa durch die personalisierte Immuntherapie bleibt der Durchbruch bei der Krebsbekämpfung bisher aus.

Politik kann Rahmenbedingungen setzen, damit Forschung zielgenauer und durchschlagskräftiger arbeiten kann.

Manfred Weber

Manfred Weber will das ändern. Auch, weil sein älterer Bruder selbst an Krebs starb, wie er im Februar in einem Focus-Interview erklärte. „Wer so etwas im Freundes- oder Familienkreis erlebt, weiß, wie hoffnungslos man sich da fühlt“, berichtete der CSU-Politiker. „Dem etwas Starkes politisch entgegen zu setzen, ist ein sehr schöner Gedanke für mich. Wir Europäer können etwas richtig Gutes in Gang setzen und Positives für die Welt tun – diese Idee fasziniert mich.“

Er machte nun in dem Welt-Gastbeitrag klar, dass seine Initiative keine Wunder versprechen kann und will, schon weil die Gesundheit in der EU bisher nur auf nationaler Ebene geregelt wird: „Politik kann sicher weder wissenschaftlichen Erfolg garantieren noch Krankheiten heilen. Wissenschaftler und erst recht Politiker sind keine Wunderheiler.“ Sein Ziel ist deshalb: „Politik kann Rahmenbedingungen setzen, damit Forschung zielgenauer und durchschlagskräftiger arbeiten kann. Das wird nur gelingen, wenn wir Europäer den Kampf gegen Krebs gemeinsam aufnehmen und die Krebsbekämpfung ein europäischer Schwerpunkt in den kommenden Jahren wird.“ In Europa gebe es bereits alles, was man dafür brauche: „kluge Köpfe, einen starken Antrieb, Ressourcen, Erfindergeist und gefestigte Werte.“

Wir werden die Krebsforschung ankurbeln.

Manfred Weber

Bislang gewinnt nur jeder zweite Krebspatient den Kampf gegen die Krankheit. Weber sagt dazu: „Laut Krebsforschung müssen wir uns damit nicht abfinden: Wenn wir all unser in Europa vorhandenes Fachwissen und unsere Kompetenzen bündeln, dann kann es gelingen, die Überlebensrate von Patienten mit schlechter Prognose zu verdoppeln, indem wir Prävention, Früherkennung und Vorsorge mit personalisierter Medizin kombinieren.“ In der Pädiatrie könnten heute bereits 80 Prozent der Krebserkrankungen geheilt werden. Doch auch hier könne man „noch viel mehr“ erreichen und sicherstellen, dass bis 2030 sogar 90 Prozent der Kinder geheilt werden können.

Daten gegen Krebs

In dem 10-Punkte-Plan wird als erstes Ziel ein Europäisches Digitales Krebszentrum genannt, mit dem Verbindungen und kausale Zusammenhänge schneller als bisher erkannt werden sollen. Weber erklärte: „Wir wollen die Forschungslücke in Europa schließen, indem wir das Potenzial von Big Data voll ausschöpfen.“ Man wolle zum „Schrittmacher wissenschaftlicher Forschung“ werden.

Wie sollen Daten gegen Krebs helfen? Gerade in der Krebsforschung werden gewaltige Datenmengen erzeugt, die verknüpft werden müssen mit den klinischen Daten aus der Behandlung. Zudem gibt es europaweit oft hunderte oder tausende Patienten mit ähnlichen Tumoren, deren Daten aber nur selten miteinander verglichen werden. Kurz gesagt: Die immer weiter steigende Datenmenge im Gesundheitsbereich kann nicht mehr von Ärzten, sondern nur noch durch Maschinen analysiert und das Relevante herausgefiltert werden. Es geht zudem darum, Diagnosen schneller zu erstellen und Behandlungen zielsicherer anzuordnen. Welche Heilmethode und welches Medikament schlägt bei einem bestimmten Tumortyp an, welche ist unwirksam? Warum gibt es Rückfälle oder Metastasen? Gibt es regionale Häufungen von Krebserkrankungen? Ein weiterer Punkt: Rund die Hälfte aller klinischen Studien in der Onkologie werden durch den Mangel an geeigneten Patienten verzögert, obwohl fast alle ihre Daten zur Verfügung stellen würden. Der Grund ist einfach: sie wissen nichts von der Studie. Bei alldem will Weber jedoch auch für einen strikten Datenschutz sorgen.

Die EVP hatte in einem Aktionspapier vor ein paar Tagen deshalb ein zwi­schen den Mit­glied­staa­ten abge­stimm­tes Krebs­re­gis­ter gefordert, das das Auf­kom­men der jewei­li­gen Krebs­art, den Ein­tritt, das Vor­kom­men in einer Region, die Ver­tei­lung aufs Alter und Geschlecht, aber auch die erfolgte Behand­lung und die ver­blie­bene Über­le­bens­zeit fest­häl­t.

Mehr Geld für die Forschung

Die Ausgaben für den Kampf gegen Krebs sollen deutlich erhöht und die Forschung ausgebaut werden. Die EVP hatte in ihrem Papier angekündigt, die Budget-Ansätze der EU im Kampf gegen Krebs bis 2024 verdoppeln zu wollen. Weil der Tod eines Kin­des eine ganz besondere Tra­gö­die für jede Fami­lie ist, soll es zusätzlich im ab 2021 gel­ten­den euro­päi­schen For­schungs­rah­men­pro­gramm Horizon ein ver­zehn­fach­tes Bud­get für Kin­der­krebs­for­schung geben. Auf­grund der rela­tiv gerin­gen Zah­len sei hier eine effek­tive Erfor­schung erfolg­rei­cher The­ra­pien im Allein­gang kaum mög­lich und oft nicht refinanzierbar, so das Papier.

Mit einem Investitionsplan soll zudem laut Weber jede Region Europas „Zugang zu modernster und zugleich sicherer digitaler Infrastruktur, wie Supercomputern und Cloud-Technologie, erhalten“. Dies soll Erkenntnislücken schließen und Forschungsergebnisse schnellstmöglich unter Wissenschaftlern verbreiten. Ebenso müssten neue Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten in europaweiten klinischen Studien geprüft und in der Breite zugänglich gemacht werden. „Mit europäischen Universitäten wollen wir das gesamte wissenschaftliche Potenzial unseres Kontinents freisetzen, Talente fördern und die besten Forscher der Welt nach Europa holen“, forderte Weber.

Wir Europäer, wir können uns gemeinsam und mit geballter Kraft auf die Suche nach einem Heilmittel begeben.

Manfred Weber

Ein wichtiger Punkt in der Krebsbekämpfung sind Vorsorgeuntersuchungen und Prävention. Wird eine Krebserkrankung frühzeitig entdeckt, dann kann sie behandelt werden, bevor sich der Tumor ausbreitet. „Daher wollen wir in einer Europäischen Strategie zur Krebsfrüherkennung Screening-Untersuchungen und Früherkennungstechniken in allen EU-Staaten voranbringen“, betont der EVP-Spitzenkandidat. Es wird außerdem geschätzt, dass 40 Prozent der Krebsneuerkrankungen durch Prävention verhindert werden könnten. Auch hier setzt Weber an: „Deshalb werden wir eine umfassende Europäische Strategie zur Krebsprävention starten, die auf früheren EU- und zivilgesellschaftlich geführten Initiativen aufbaut.“

„Wenn wir Erfolg haben wollen, dann müssen wir in Europa die großen Chancen nutzen, die uns durch die revolutionären Fortschritte in den Bereichen Biomedizin, Bioinformatik, Big Data und künstliche Intelligenz eröffnet wurden“, betonte Weber abschließend. „Gemeinsam haben wir es bereits geschafft, verheerende Krankheiten auszurotten. Warum sollten wir es nicht wieder schaffen und den Krebs besiegen? Wir Europäer, wir können uns gemeinsam und mit geballter Kraft auf die Suche nach einem Heilmittel begeben.“