Das Europäische Parlament. Bild: EP
CSU in Brüssel

Aus der Europagruppe

Angelika Niebler kritisert die Aufnahme des Rechts auf legale Abtreibung in die neue EU-Gleichstellungsstrategie. Markus Ferber warnt vor Eurozonen-Reformplänen, die in die Nähe von Transferunion und gemeinsamem Sozialsystem führen. Monika Hohlmeier fordert einen europäischen Ansatz beim Kampf gegen Steuerbetrug und organisierte Kriminalität: Die Meldungen der Woche aus der CSU-Europagruppe.

EVP lehnt Recht auf legale Abtreibung ab

Das Europäische Parlament hat kürzlich mit knapper Mehrheit für eine neue Gleichstellungsstrategie gestimmt. „Das jetzt verabschiedete Gesamtpaket greift deutlich in die Kompetenzen der Mitgliedstaaten ein“, kritisiert die Vorsitzende der CSU-Europagruppe, Angelika Niebler. „Abtreibung ist kein europäisches Thema, sondern Sache der Mitgliedstaaten“, so die Oberbayerische Europaabgeordnete. „Wir können und dürfen die nationalen Parlamente nicht ersetzen.“ Leider würde von manchen Kollegen und Kolleginnen im Straßburger Europaparlament immer wieder bei Fragen der Gleichberechtigung das Thema Abtreibung thematisiert, so Niebler, die Mitglied im Frauenausschuss ist, im Anschluss an die Abstimmung über den Bericht zur Gleichstellung von Männern und Frauen.

Die Kritik bedeute jedoch nicht, dass man das Thema Gleichstellung auf einige Bereiche begrenzen wollen, sondern lediglich, dass die Kompetenzen und Zuständigkeiten eingehalten werden müssten, betont  Niebler. „Ich bleibe bei meiner Auffassung, dass Familienplanung, Abtreibung sowie Gesundheits- und Bildungsfragen ausschließlich in die Kompetenz der Mitgliedstaaten fallen – nicht jedes Thema in Europa ist auch ein Thema für Europa“, so CSU-Europaabgeordnete, die den Bericht  ablehnte.

Es ist eine Schande, was sich derzeit in Europa vor unseren Augen abspielt. Wir müssen dem organisierten Handel mit Frauen als Ware den Kampf ansagen und tätig werden

Angelika Niebler

Die Europäische Kommission kann nach Ablauf der bisherigen Gleichstellungsstrategie nun eine neue Strategie vorschlagen. „Das Thema Gleichstellung sollte uns allen ein Anliegen sein“, betont Niebler. Doch bleibe zu hoffen, dass sich die Kommission treu bleibe und sich künftig nicht in Dinge einmischt, für die die Mitgliedstaaten zuständig seien. Es gebe drängende Themen, die in der Strategie mit Nachdruck behandelt werden müssten – etwa der Kampf gegen international organisierten Frauenhandel und der Kampf gegen Zwangsprostitution. Niebler: „Es ist eine Schande, was sich derzeit in Europa vor unseren Augen abspielt. Wir müssen dem organisierten Handel mit Frauen als Ware den Kampf ansagen und tätig werden.“

Reformpläne für Eurozone: Weniger ist mehr!

Gemeinsames Einlagensicherungssystem, europäisches Schatzamt, Fiskalausschuss – wenn es nach EU-Kommissionschef Juncker und den vier Präsidenten des Europäischen Parlaments, Europäischen Rats, Eurogruppe und Europäischer Zentralbank geht, stehen der Eurozone große Veränderungen bevor. Der finanz- und wirtschaftspolitische Sprecher der CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Markus Ferber, erklärt dazu: „Es fehlt keineswegs an Ideen und ökonomischen Konzepten zur Stabilisierung der Wirtschaftsunion, aber es mangelt an der effektiven Umsetzung. Das ist das Problem! Anstatt über immer neue Instrumente und Vertragsänderungen zu debattieren, müssen wir die bestehenden Regeln endlich zur Anwendung bringen. Das wäre der erste wichtige und richtige Schritt hin zur Vertiefung und besseren Koordinierung der europäischen Wirtschaftspolitik.“

Das oberste Ziel sei die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedsstaaten, so Markus Ferber. „Der innereuropäische Wettbewerb muss fairer und besser werden, aber auf einem Niveau, das weltweit auch mithalten kann.“ Der CSU-Europaabgeordnete warnt davor, dass mit den vorgeschlagenen Instrumenten genau das Gegenteil passiert und Fehlanreize geschaffen werden.

Kritik übte Markus Ferber daran, dass das „Fass eines europaweiten Einlagensicherungssystems“ in dem Plan wieder aufgemacht wird: „Der europäische Gesetzgeber hat sich im Zuge der Verhandlungen über die Bankenunion klar gegen ein gemeinsames Einlagensicherungssystem ausgesprochen. Es ist absolut unnötig, diese Idee wieder ins Spiel zu bringen, bei dem am Ende der deutsche Sparer und Institute für die Einlagen südeuropäischer Banken geradestehen müssen.“ Ferber betonte, dass man sich aus diesem Grund bewusst auf gemeinsame hohe Standards bei der Einlagensicherung geeinigt habe. „Das grundlegende Problem dabei wäre eine völlig falsche Anreizstruktur. Denn wenn alle Risiken von der Gemeinschaft getragen werden, gibt es keinen Grund mehr, diese Risiken nicht mehr einzugehen.“

Kein Einstieg in Transferunion und Europäisches Sozialsystem!

Markus Ferber

Der Bericht bringt auch ein gemeinsames Finanzministerium („Schatzamt“) für die Eurozone ins Spiel, das langfristig zu einer Fiskalkapazität ausgebaut werden soll. Dieses solle die Haushaltspolitik der Euro-Länder besser koordinieren. Der CSU-Finanzexperte sieht diesen Vorschlag kritisch: „Eine bessere Aufsicht über die Einhaltung des Stabipaktes ist richtig, eine Fiskalkapazität braucht es aber definitiv nicht, denn das wäre der Einstieg in die Transferunion.“ Auch beim Vorschlag einer besseren Koordinierung der Sozialsysteme warnte Ferber vor einem „massiven Eingriff in nationale Angelegenheiten und den Einstieg in ein Europäisches Sozialsystem“.

Kampf den Geldwäschern, Steuerbetrügern und Tricksern

Nicht wenige multinational operierende Konzerne haben in Europa eine üble Praxis der Steuervermeidung geübt: Sie suchten sich Standorten, an denen sie zwar kaum wirtschaftlich tätig waren, aber den in ganz Europa erwirtschafteten Gewinn aus ihrer Tätigkeit zu minimalen Sätzen versteuern konnten. Das war für beide Seiten ein  gutes Geschäft, erläutert Oberfrankens Europaabgeordnete Monika Hohlmeier: Das Unternehmen, im Extremfall nur ein Briefkasten, zahlte geringe Steuern, und dem Sitzland bleibt trotzdem ein fiskalischer Vorteil. Hohlmeier: „Um es plastisch zu sagen: Der Briefkasten benutzt weder Straßen noch Wasserleitungen, er hat keine Kinder, die er auf Schule oder Hochschule schicken müsste, stellt also keine großen Ansprüche an die Daseinsvorsorge im Sitzland.“

 

Zu trauriger Berühmtheit gekommen ist solche Praxis etwa durch die steuerliche Behandlung von Apple in Irland oder Starbucks in den Niederlanden. Luxemburg wird sogar verdächtigt, über Jahrzehnte hinweg Firmen mit niedrigen Steuersätzen zur Gründung von Niederlassungen veranlasst und die Gewinnverlagerung in das Großherzogtum gefördert zu haben. Hohlmeier: „Es steht auch der Verdacht im Raum, dass auf diese Weise gegen EU-Beihilfevorschriften verstoßen wurde.“

Jetzt hat sich die EU-Kommission eingeschaltet und verlangt von allen Mitgliedsstaaten Auskunft über deren Besteuerungspraxis bei großen, international tätigen Firmen. Die EVP-Fraktion im Europaparlament begrüßt diese Initiative nachdrücklich, so Hohlmeier, und regt an, die EU solle eigene europaweit gültige Regeln gegen Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen erarbeiten.

Aktuell sehen wir am sogenannten ‚Griechischen System‘, wohin eine ungerechte Steuerverteilung, eine nichtfunktionierende Staatsverwaltung und ein Nichtahnden von Korruption, Betrug und Geldwäsche führen können

Monika Hohlmeier

Der Mangel an Transparenz und Koordinierung zwischen den Mitgliedsstaaten begünstigt nicht nur steuertricksende Grußunternehmen. Auch die grenzüberschreitende organisierten Kriminalität profitieren von rechtlichen Grauzonen, Absprachen zwischen Regierungen und an den Landesgrenzen endenden Fahndungs- und Zugriffsverfahren. Hohlmeier: „Deshalb ist es so wichtig, dass wir auf europäischer Ebene endlich alles tun, um Steuerhinterziehung, Steuerbetrug, Schwarzarbeit, Geldwäsche und den Handel mit Schwarzware zu bekämpfen und damit auch den dadurch finanzierten Schwerverbrechen von Korruption bis hin zu terroristischen Aktivitäten die Finanzgrundlagen zu entziehen.“ Mit aus kriminellen Aktivitäten erwirtschaftetem Geld werde ein Kreislauf der Korruption, der Finanzierung krimineller Machenschaften und der finanziellen Fütterung organisierter Verbrechensstrukturen in Gang gesetzt, warnt die CSU-Europapolitikerin. „Aktuell sehen wir am sogenannten ‚Griechischen System‘, wohin eine ungerechte Steuerverteilung, eine nichtfunktionierende Staatsverwaltung und ein Nichtahnden von Korruption, Betrug und Geldwäsche führen können.“ In Rumänien und manch anderem Mitgliedsstaat sei die Situation vielleicht etwas anders, aber nicht besser, so die Europaabgeordnete.

Schätzungen zufolge kosten die organisierte Kriminalität und ihr immer größerer Einfluss auf die europäische und weltweite Wirtschaft die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten jährlich mehr als 670 Milliarden Euro an versäumten Gesamtsteuereinnahmen. Allein durch den Handel mit Schwarzdienstleistungen und Schwarzwaren entgehen den EU-Ländern jährlich Mehrwertsteuern über schätzungsweise 100 Milliarden Euro. Für Deutschland geht man von einem jährlichen Schaden in Höhe von 12 bis 15 Milliarden Euro aus. Der illegale Handel mit Zigaretten etwa kostet die EU jährlich circa zehn Milliarden Euro an Steuerausfall.

EU-weit muss man von etwa 880.000 Zwangsarbeitern und darunter 270.000 Opfer sexueller Ausbeutung ausgehen

Monika Hohlmeier

Die Aktivitäten grenzüberschreitender organisierter Kriminalität führen zu Schwerstverbrechen wie Menschen-, Drogen- und Organhandel. Der jährliche Ertrag grenzüberschreitender krimineller Vereinigungen aus dem Menschenhandel wird auf 25 Milliarden Euro geschätzt. Hohlmeier: „EU-weit muss man von etwa 880.000 Zwangsarbeitern und darunter 270.000 Opfer sexueller Ausbeutung ausgehen.“

Die Einkünfte aus illegalen Aktivitäten insgesamt belaufen sich auf internationaler Ebene nach Schätzungen des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) zufolge auf etwa 3,6 Prozent des weltweiten BIP. Die durch die Geldwäsche wieder in Umlauf gebrachte Geldmenge beträgt etwa 2,7 Prozent des Welt-BIP. Gewinne aus dem Drogenhandel würden gerne im Rahmen von Bauprojekten weiß gewaschen, so die CSU-Europapolitikerin. Der Weltbank zufolge werden jedes Jahr über eine Milliarde US-Dollar an Bestechungsgeldern gezahlt. Die Kosten der Korruption liegen mit 2,6 Milliarden US-Dollar bei 5 Prozent des weltweiten BIP. Für die Europäische Union schätzt die EU-Kommission die Kosten der Korruption auf etwa 120 Milliarden Euro im Jahr, also auf 1 des BIP der EU.

Ziel der EU darf es darum nicht „nur“ sein, Steuervergehen und schädliche Steuerpraktiken zu bekämpfen, sondern auch die daraus folgende organisierte Kriminalität in Form von Menschenhandel und Korruption, fordert Hohlmeier: „Was wir brauchen, ist ein gemeinsamer Ansatz auf europäischer Ebene.“ Wichtige elemente einer solchen Politik: Die Stärkung der europäischen Polizeibehörde Europol und die Verbesserung des Datenaustauschs zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten.