Dänemark hat gewählt: Kopenhagen, der Nyhavn Distrikt. Bild: Fotolia/swisshippo
Dänemark

Dänemark rückt nach rechts

Regierungswechsel und rechtspopulistischer Triumph: Dänemarks Sozialdemokraten sind abgewählt. Die rechte Volkspartei wird zweitstärkste politische Kraft im Land. Im Wahlkampf hatte es nur ein großes Thema gegeben: Zuwanderung und Integration.

Mit einer spannenden Wahl und einem knappen Ergebnis hatte in Dänemark jeder gerechnet. Mit einem solchen Knaller-Ergebnis aber nicht: Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt ist abgewählt und schon zurückgetreten. Wie es weitergeht in Kopenhagen ist derzeit offen – alles ist möglich. Denn der Wahlsieger ist nicht der liberale Oppositionsführer und ehemalige Premier Lars Lökke Rasmussen, dessen Venstre-Partei mit 19,5 Prozent der Wahlstimmen nur noch 34 von 179 Mandaten im Folketing geheißenen dänischen Parlament besetzen wird – 13 weniger als bisher.

Großer Wahlgewinner ist die rechtspopulistische Dänische Volkspartei von Kristian Thulesen Dahl. Mit 21,1 Prozent der Stimmen wurde sie zweitstärkste Partei und gewann 37 Mandate (+15). Die Sozialdemokraten konnten mit 26,3 Prozent drei Mandate hinzugewinnen (47) und bleiben stärkste Fraktion. Am Ergebnis ändert das aber nichts: Der nach Mandaten jetzt von der Volkspartei geführte Bürgerliche Block aus Volkspartei, Venstre, liberaler Allianz und Konservativen stellt mit 90 gegen 85 Mandate des Mitte-Links-Bündnisses von Helle Thorning-Schmidt die deutliche Mehrheit.

Wer wird neuer Regierungschef in Kopenhagen?

Vor der Wahl gingen alle Beobachter davon aus, dass bei einem Sieg der bürgerlichen Opposition, Lökke Rasmussen ins Ministerpräsidentenamt zurückkehren würde. Ob das noch möglich sein kann nachdem seine Venstre-Partei mehr als sieben Prozentpunkte abgeben musste, ist nun offen. Beobachter schließen nicht mehr aus, dass Volkspartei-Chef Thulesen Dahl Dänemarks nächste Regierung anführt. Auch nach der Wahl bleibt es also spannend in Kopenhagen.

Sicher ist, dass der Einfluss der Volkspartei auf die Regierungspolitik wachsen wird. Dänemark rückt sichtbar nach rechts. Die großen Erfolgsthemen der Volkspartei war seit ihrer Gründung 1995 stets  Zuwanderung und Integration. Immer stärker hinzugekommen ist für die Rechtspartei in den letzten Jahren die mit dem Einwanderungsthema durchaus zusammenhängende Sorge um den dänischen Sozialstaat. Dazu kommen europakritische Töne: „Mehr Dänemark – weniger EU.“ Die Volkspartei bedient rechts- wie linksorientierte Wähler – und fährt gut damit.

Der Einfluss der Volkspartei ist in Dänemark schon länger spürbar. „Alle dänischen Parteien sprechen offen über Probleme mit Integration, Kriminalität von Einwanderern und Islamis“, beobachtet im schwedischen Nachbarland die Tageszeitung Göteborgs-Posten. 2004 verschärfte Kopenhagen die  Einwanderungsbestimmen deutlich: Das Mindestalter für nachziehende Ehegatten wurden angehoben, der schon im Lande lebende Partner muss seither beträchtliche finanzielle Mittel vorweisen.

Wahlkampfthema Zuwanderung

Das Zuwanderungsthema hat auch den zurückliegenden Wahlkampf dominiert, für alle Parteien. Kein Wunder angesichts der europäischen Flüchtlingskrise, die auch Dänemark erreicht. Knapp 15.000 Flüchtlinge erreichten im vergangenen Jahr das 5,6 Millionen Einwohner große skandinavische Land. Dieses Jahr werden es kaum weniger werden.

Fast 50 Prozent der Menschen in Dänemark mit einem nichtwestlichen Hintergrund erhalten staatliche Unterstützung

Lars Lökke Rasmussen, 2009 – 2011 dänischer Premierminister

Die Volkspartei will den Flüchtlingszustrom begrenzen und fordert einen Aufnahmestopp sowie Grenzkontrollen. Sozialdemokratin Helle Thorning-Schmidt forderte „straffe Asylregeln und mehr Anforderungen an Einwanderer“. Rasmussens liberale Venstre-Partei warb mit einer Asyl-Reform: „Wir haben so große Integrationsprobleme, dass wir mit dem Flüchtlingszustrom, den wir haben, nicht umgehen können“, so der Venstre-Chef. Integrationsprobleme liegen in Dänemark tatsächlich auf der Hand: 40 Prozent der Flüchtlinge scheitern auch nach drei Jahren Aufenthalt im Lande an einem dänischen Sprachtest, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Drei Viertel der Flüchtlinge haben auch nach zehn Jahren keine Arbeit. Die FAZ zitiert Lökke Rasmussen im Wahlkampf: „Wenn sie die aktuelle Situation betrachten, bekommen fast 50 Prozent der Menschen in Dänemark mit einem nichtwestlichen Hintergrund staatliche Unterstützung.“

Bis zu 150 Dschihadisten aus dem kleinen Dänemark

Im Zentrum der dänischen Integrationsdebatte stehen etwa 250.000 Muslime, die heute im Lande leben. Das tatsächlich ein Problem besteht zeigt eine Zahl, die kürzlich die Londoner Tageszeitung The Daily Telegraph veröffentlichte: Aus dem kleinen Dänemark kommen 100 bis 150 Dschihadisten, die heute in Syrien und Irak kämpfen, im Zweifelsfall für den Islamischen Staat. An der Bevölkerungszahl gemessen stellt Dänemark mit 27 Dschihadisten pro eine Millionen Dänen nach Belgien (40) das zweitgrößte Dschihadisten-Kontingent.