Bei den "Paradise Papers" geht es um Millionen Dokumente zu Briefkastenfirmen zur systematischen Steuervermeidung. (Bild: Imago/STPP)
Enthüllung

EU muss Steueroasen trockenlegen

Nach neuen Veröffentlichungen zur globalen Steuervermeidung wird der Ruf nach schärferen Gesetzen lauter. Der CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber mahnte, auch in der EU gebe es ein "massives Problem mit Steueroasen". Die EU müsse endlich handeln.

In den 13,4 Millionen Dokumenten der „Paradise Papers“ über Briefkastenfirmen und Geschäfte mit Hilfe von Steueroasen tauchen laut Medien die Namen von 120 Politikern aus fast 50 Ländern auf – sowie von zahlreichen Prominenten, Sportlern und Künstlern. Auch zu Geschäftspraktiken einiger Weltkonzerne gebe es Informationen, ebenso zu bekannten deutschen Unternehmern und Firmenerben. Insgesamt waren mehr als 90 Medien und 380 Journalisten beteiligt, in Deutschland neben der SZ auch der Norddeutsche Rundfunk (NDR) sowie der Westdeutsche Rundfunk (WDR), zudem unter anderem die New York Times, die BBC, der Guardian und Le Monde. Die Daten wurden über ein Jahr ausgewertet.

Kommission und Mitgliedstaaten müssen anerkennen, dass wir auch innerhalb der EU ein massives Problem mit Steueroasen haben.

Markus Ferber, CSU, MdEP

Ferber: EU muss endlich handeln

Der stellvertretende Obmann der EVP-Fraktion im Untersuchungsausschuss zu Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung (PANA) des Europäischen Parlaments, Markus Ferber (CSU), erklärte dazu: „Die Paradise Papers rücken das Thema der systematischen Steuervermeidung einmal mehr ins Scheinwerferlicht. Leider sehen wir genau dieselben Strukturen und Probleme wie bei den Panama Papers.“ Das Europäische Parlament habe sich in zwei Sonderausschüssen und einem Untersuchungsausschuss mit Fragen der Steuervermeidung beschäftigt und den Finger in die Wunde gelegt. Die Probleme seien also hinlänglich bekannt.

Ferber forderte deshalb: „Die Mitgliedsstaaten der EU dürfen bei deren Lösung nicht länger auf der Bremse stehen. Kommission und Mitgliedstaaten müssen anerkennen, dass wir auch innerhalb der EU ein massives Problem mit Steueroasen haben. Das reicht vom Vereinigten Königreich und den zugehörigen Überseegebieten über Malta bis hin zu Madeira. Solange wir das nicht in den Griff bekommen, ist es unglaubwürdig, mit dem Finger auf andere zu zeigen.“

Das Netzwerk der Steueroasen

Die Daten von zwei Finanzdienstleistern und aus Unternehmensregistern von 19 Steueroasen waren der Süddeutschen Zeitung zugespielt worden, die sie mit dem Netzwerk investigativer Journalisten ICIJ und einem internationalen Reporterteam aufarbeitete. Zum Beispiel soll US-Handelsminister Wilbur Ross als Privatmann von Geschäften mit einer Firma profitiert haben, die dem Schwiegersohn des russischen Präsidenten Wladimir Putin und Kreml-nahen Geschäftsleuten gehöre. Ross wies am Montag in Washington zurück, dass er die Verbindungen verheimlicht habe. Im Fall des US-Handelsministers soll es um eine Beteiligung an einer Reederei gehen, zu deren Kunden der russische Energiekonzern Sibur gehöre. Die Reederei Navigator habe seit 2014 mit Sibur Geschäfte im Wert von mehr als 68 Millionen Dollar abgewickelt. Allerdings bleibe unklar, wie stark Ross hier engagiert sei.

In den Daten tauchten die Namen von weiteren Beratern und Spendern von US-Präsident Donald Trump auf, der irische U2-Musiker Bono, ein Vertrauter des kanadischen Premiers Justin Trudeau und Firmen wie Nike oder Apple. Die Praktiken müssen jedoch nicht illegal sein.

Bundesregierung prüft Dokumente

Interimsfinanzminister Peter Altmaier (CDU) sagte bei einem Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel: „Wir werden die neuen Dokumente klar überprüfen, wir werden Auswirkungen diskutieren, die das hat auf anstehende EU-Gesetzgebungsvorhaben, und wir werden uns auch national damit auseinandersetzen.“ Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, die Regierung begrüße die Veröffentlichungen. Akteure steuerlicher Parallelwelten würden bekannt, Druck werde erzeugt. Im Kampf gegen Steuerflucht habe es zwar Fortschritte gegeben, doch müsse die Arbeit intensiv fortgesetzt werden. Deutschland trete etwa für eine Mindestbesteuerung ein, so ein Sprecher des Finanzressorts.

Konsequenzen gefordert

Aus Sicht der EU-Kommission erhöhen die Veröffentlichungen die Notwendigkeit für mehr Transparenz. „Eine Reihe von Dingen wurde bereits getan, aber es muss noch mehr geschehen“, sagte Finanzkommissar Valdis Dombrovskis am Rande des Treffens in Brüssel.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) forderte transparentere Steuerregeln in der EU: „Nur so können wir auch weltweit glaubwürdig für mehr Steuergerechtigkeit eintreten.“ Das Bundesland Hessen bot an, die „Paradise Papers“ federführend auszuwerten. Vor gut eineinhalb Jahren hatten bereits die „Panama Papers“ über Offshore-Praktiken für eine Welle der Empörung und zahlreiche Konsequenzen gesorgt. Unterlagen der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, die von ICIJ-Journalisten weltweit ausgewertet wurden, zeigten damals, dass zahlreiche Politiker, Sportler und andere Prominente Vermögen in Offshore-Firmen hielten – was nicht unbedingt strafbar ist. Das ICIJ erhielt dafür 2017 die höchste Auszeichnung im US-Journalismus, den Pulitzer-Preis. (dpa)