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Österreich

Tabubruch im Burgenland

Machterhalt um jeden Preis? Nach der Landtagswahl im Burgenland will die dort seit Jahren regierende SPÖ künftig mit der rechtspopulistischen FPÖ koalieren – ein Tabubruch für die Sozialdemokraten. Doch nicht nur in der Alpenrepublik selbst erregt die neue Koalition die Gemüter: Auch aus Deutschland gibt es erste Reaktionen.

Die Koalitionsgespräche dauerten nur fünf Tage: Schon kurz nach den Landtagswahlen im Burgenland einigten sich Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) und der Landeschef der rechtspopulistischen FPÖ, Johann Tschürtz, auf ein rot-blaues Regierungsbündnis. Es ist das erste seiner Art auf Landeseben – und für die österreichischen Sozialdemokraten ein absoluter Tabubruch, der die Partei heftig durcheinanderwirbelt.

Die FPÖ hatte bei der Wahl am vergangenen Sonntag ihr Ergebnis auf 15 Prozent fast verdoppelt. Gleichzeitig hatten ausländerfeindliche Töne im Wahlkampf der Partei einmal mehr heftige Kritik eingebracht. Die Partei hatte aber von Vornherein kein Geheimnis daraus gemacht, die Machtoption mit der SPÖ ziehen zu wollen.

Anders ist die Situation bei der SPÖ: Das Bündnis gilt parteiintern als höchst umstritten. Ein Parteitagsbeschluss sowie vielfache Äußerungen des SPÖ-Chefs und Bundeskanzlers Werner Faymann hatten ein solches Zusammengehen zumindest auf Bundesebene bisher ausgeschlossen. In der Führungsriege der Partei wird dennoch debattiert: Landeshauptmann Niessl, seit 2000 im Amt, ist auch stellvertetender Bundesvorsitzender seiner Partei.

Niessl selbst verteidigt das Bündnis mit der FPÖ als einen „neuen Weg“ für seine Partei, den er jetzt gehen wolle. In der politischen Situation Österreichs ist es kein Wunder, dass die Parteien nach neuen Optionen suchen – eine von SPÖ oder ÖVP angeführte große Koalition ist dort die am häufigsten vertretene Regierungsform. Doch eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten? Die Rückendeckung der Bundespartei hat Niessl – im Gegensatz zu FPÖ-Mann Tschütz und dessen umstrittenen Parteichef H.C. Strache – dafür nicht.

Koalition zum reinen Machterhalt?

Die konservative ÖVP – bisheriger Juniorpartner der SPÖ im Burgenland – ist empört und wirft Hans Niessl vor, die Koalition mit der FPÖ aus reinem Machterhaltstrieb eingegangen zu sein. Landeschef Franz Steindl etwa bezweifelt, dass Niessl in der Koalition „tatsächlich Entscheidungen treffen kann“. Für ihn „opfert die SPÖ ihre sozialdemokratischen Grundwerte auf dem Altar des Machterhalts“, ab  jetzt entscheide Strache über die  Zukunft des Burgenlandes. ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel konstatiert, Bundeskanzler Werner Faymann habe seine SPÖ „offenbar nicht im Griff“ – anders sei die Koalition im Burgenland nicht zu erklären.

Kritik an dem Bündnis kommt auch von den Parteifreunden Niessls in Deutschland. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi etwa nannte die Koalition im Interview mit der Welt einen „fatalen Irrweg“, für den die Genossen in Österreich noch eine Rechnung erhalten würden: „Die SPÖ wird das politisch bitter bereuen“, mutmaßte Fahimi. Bundeskanzler Faymann hingegen versucht, die Wogen zu glätten: In einer Stellungnahme schloss der Kanzler eine Koalition mit den Rechtspopulisten auf Bundesebene erneut kategorisch aus. Die „Roten Falken“, eine Nachwuchsorganisation der SPÖ, geht sogar noch einen Schritt weiter: Sie beantragt ein Parteiausschlussverfahren gegen Hans Niessl.