Auf Kuschelkurs mit Putin
Sowohl in Bulgarien als auch in der Republik Moldawien suchen die Bürger die Nähe zu Russland. In beiden Staaten stimmten sie bei den Präsidentschaftswahlen für die russlandfreundlichen Kandidaten Rumen Radew und Igor Dodon.
Osteuropa

Auf Kuschelkurs mit Putin

Sowohl in Bulgarien als auch in der Republik Moldawien suchen die Bürger die Nähe zu Russland. In beiden Staaten stimmten sie bei den Präsidentschaftswahlen für die russlandfreundlichen Kandidaten Rumen Radew und Igor Dodon.

Bulgarien hat den russlandfreundlichen oppositionellen General Rumen Radew zum neuen Präsidenten gewählt. Ministerpräsident Boiko Borissow (GERB) zog die Konsequenz und reichte den Rücktritt seines Mitte-Rechts-Kabinetts ein. Das ärmste EU-Land steuert offensichtlich erneut auf Neuwahlen zu – voraussichtlich im kommenden Frühjahr. Als Kandidat der Sozialisten (frühere KP) gewann Radew bei der Stichwahl am 13. November mit gut 59 Prozent der Stimmen gegen die bürgerliche Regierungskandidatin Zezka Zatschewa. Die Parlamentspräsidentin kam nach offiziellen Ergebnissen auf nur rund 36 Prozent. Es war zunächst unklar, ob Zatschewa ihr Amt weiter ausüben wird.

Radew will EU-Sanktionen kippen

Der frühere Befehlshaber der bulgarischen Luftstreitkräfte soll seinen Amt am 22. Januar 2017 antreten. Radew kündigte schon in der Wahlnacht einen russlandfreundlichen Kurs an: Er wolle mit seinen Kollegen in der Europäischen Union über die Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland beraten.

Ich werde eng mit der Regierung zur Umsetzung einer Politik zur Aufhebung der Sanktionen arbeiten.

Rumen Radew, neuer Präsident Bulgariens

Das einstige Ostblockland hängt noch immer bei der Gasversorgung fast völlig von Russland ab. Touristen aus Russland und Hunderttausende Russen, die sich Ferienhäuser in Bulgarien zugelegt haben, tragen in erheblichem Maße zur Wirtschaftsleistung bei. Der auch in den USA ausgebildete Ex-General äußerte die Hoffnung auf einen guten Dialog mit den Präsidenten der USA und Russlands. Im Wahlkampf hatte Radew versichert, er wolle Bulgariens Verpflichtungen bei der NATO und der EU einhalten.

Mit Radew an der Staatsspitze soll Bulgarien die EU-Ratspräsidentschaft am 1. Januar 2018 übernehmen. Soweit ist unklar, wann und wie der neue EU-Kommissar aus Bulgarien bestimmt werden soll. Die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, die Bulgarin Kristalina Georgiewa, hatte Ende Oktober ihren Rücktritt eingereicht, da die EU-Haushaltskommissarin zur Weltbank wechselt.

Auch Moldawien sucht Nähe zum Kreml

In Moldawien hat ebenfalls ein prorussischer Politiker namens Igor Dodon die Stichwahl um das Präsidentenamt in der Ex-Sowjetrepublik klar gewonnen. Bald will er zu Sondierungen nach Moskau reisen. Er strebe eine strategische Partnerschaft mit dem Kreml an, da die Menschen in Moldawien enttäuscht seien von leeren Versprechungen der prowestlichen Regierung, sagte der 41-Jährige in der Hauptstadt Chisinau. Dodon errang der Wahlleitung zufolge 52,3 Prozent der Stimmen. Seine proeuropäische Rivalin Maia Sandu kam auf rund 47,7 Prozent.

Die Vorteile unseres Westkurses haben die Nachteile der Abwendung von Russland nicht aufwiegen können.

Igor Dodon, Kandidat für das Präsidentenamt in Moldawien

Moldau hatte 2014 ein Assoziierungsabkommen mit der EU geschlossen. Seitdem erschwert Russland Arbeitern und Waren – wie Gemüse und Wein – aus Moldau den Zugang zum wichtigen Markt. Auch der Streit um das von Russland gesicherte abtrünnige Gebiet Transnistrien belastet eigentlich das Verhältnis zwischen Chisinau und Moskau.

Erste direkte Wahl seit 20 Jahren

Wie in den USA und anderen Ländern gibt es auch in Bulgarien und Moldawien den Verdacht, dass Russland gezielt Moskau-freundliche Kandidaten und Parteien fördert, um Europa zu destabilisieren und sich selbst Vorteile zu verschaffen.

Moldawiens Ex-Bildungsministerin Sandu warf der Wahlleitung bereits Unregelmäßigkeiten vor. Viele Wahllokale hätten früher als geplant geschlossen, kritisierte die 44-Jährige. Sandu hatte sich im Wahlkampf dafür ausgesprochen, die Annäherung des 3,5-Millionen-Einwohner-Landes an den Westen fortzusetzen. Der verarmte Agrarstaat zwischen der Ukraine und Rumänien steckt seit Jahren in einer tiefen politischen Krise. 2014 gab es vor der Parlamentswahl einen Skandal, der bis heute politische Debatten bestimmt. Damals verschwand fast eine Milliarde Euro bei moldauischen Banken.

Dodon hatte bereits in der ersten Wahlrunde Ende Oktober vom Frust vieler Bürger über massive Korruption profitiert. Obwohl Moldawiens Präsident vor allem repräsentative Aufgaben wahrnimmt, beeinflusst er doch auch den außenpolitischen Kurs des Landes. Die Beteiligung an der Abstimmung am Sonntag lag bei 53,5 Prozent. Es war die erste direkte Präsidentenwahl in dem Land zwischen Rumänien und der Ukraine seit 20 Jahren. Die Justiz hatte die bisher übliche Abstimmung im Parlament gekippt.

Breite Unterstützung für Putin im Osten

Die beiden Staaten sind kein Einzelfall. Der Regierungschef des EU-Mitglieds Ungarn, Viktor Orban, beruft sich bei seinem Konzept der „illiberalen Demokratie“ ausdrücklich auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dass dessen Land das aus sowjetischer Fertigung stammende Kernkraftwerk Paks südlich von Budapest um zwei Blöcke erweitern und dafür zehn Milliarden Euro Kredite locker machen will, ist da nur folgerichtig. Auch wenn Polen ein historisch kompliziertes Verhältnis zu Moskau hat, die Gängelung der Medien und die Beschneidung demokratischer Institutionen dienen allemal als Blaupause.

Beim EU-Beitrittskandidaten Mazedonien ist der immer autoritärere Langzeit-Regierungschef Nikola Gruevski bekennender Putin-Fan. Im Gegenzug nahm das russische Außenministerium den Spitzenpolitiker gegen Demonstrationen seiner Kritiker in Schutz. Der Präsident der serbischen Landeshälfte in Bosnien-Herzegowina, Milorad Dodik, kann nur deshalb seit Jahren offen gegen die EU und die USA Politik machen, weil er von Moskau gestützt wird. Nachdem er zum Dank die Erdölindustrie an Russland verhökert hatte, hofft er jetzt auf Kredite, um eine drohende Staatspleite abzuwenden.

Serbien ist verlässlichster Partner

Über die Serben im kleinen Adriastaat Montenegro, immerhin die Hälfte der Bevölkerung, versucht Moskau seit langem, den eigentlich verabredeten NATO-Beitritt dieses EU-Kandidaten zu verhindern. Der historisch verlässlichste Freund ist aber Serbien. Das zentrale Land auf der westlichen Balkanhalbinsel, das mit Brüssel über eine schnelle Mitgliedschaft verhandelt, hat in der letzten Woche erst mit Russland und Weißrussland auf seinen Flughäfen die Militärübung «Slawische Bruderschaft» beendet. Mit allen Mitteln wehrt sich Belgrad seit Jahren, wie die EU Sanktionen gegen Moskau einzuführen.

US-Wähler mit serbischen Wurzeln tragen zu Trumps Sieg bei

Die Ankündigung des zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump, mit seinem russischen Amtskollgen Putin zusammenzuarbeiten, hat in Südosteuropa teils zu regelrechten Trump-Huldigungen geführt. Orban zeigte sich als einer der ersten europäischen Gratulanten geradezu begeistert über Trump als eine Art Bruder im Geiste. Bei der neuen politischen Großwetterlage sei sogar die Rückkehr des von Albanern bewohnten Kosovos in den serbischen Staatsverband möglich, titelte das als Regierungssprachrohr geltende Boulevardblatt Informer in Belgrad.

Auch die Abspaltung der bosnischen Serben und ihr Anschluss an das „Mutterland“ sei nicht mehr auszuschließen, schrieben die Medien. Schließlich hätten serbischstämmige US-Wähler maßgeblich zum Sieg Trumps beigetragen, behauptete das staatliche russische Nachrichtenportal Sputnik in serbischer Sprache. Dass die „serbische Diaspora in Ohio, Indiana und Michigan bedeutend zur Niederlage von Hillary Clinton beigetragen“ habe, wurde von den örtlichen Medien rauf und runter gedruckt und gesendet.

dpa/AS