Natur satt: Das Land bietet herrliche Landschaften. Schlecht ist es dagegen um die Meinungsfreiheit bestellt. Bild: jvr
Vietnam

Konservative Kommunisten an der Macht

Die Kommunisten Vietnams bleiben sich treu: Nach Jahren der Reformen dürften die Zügel in der sozialistischen Republik nicht weiter gelockert werden. Darauf deuten die Ergebnisse des jüngsten Parteitags der KP hin. Der Regierungschef ist entmachtet, das konservative Lager hat die Oberhand gewonnen. Innenpolitisch bedeutet das vermutlich Stillstand.

Nach außen hin ist Vietnam ein freies Land. Vor allem die Wirtschaft wächst und gedeiht dank reger Handelsbeziehungen mit der ganzen Welt. Sowohl mit den USA als auch Europa wurden zuletzt Freihandelsabkommen vereinbart, auch der Nachbar China bleibt trotz geopolitischer Konflikte im südchinesischen Meer ein wichtiger Partner; die Touristen strömen ins Land.

KP-Generalsekretär wiedergewählt

Seit 2006 hatte Vietnams Regierungschef Nguyen Tan Dung die Fäden in der Hand gehalten und dabei zahlreiche Reformen auf den Weg gebracht. Der Wohlstand wuchs in dem einst bettelarmen Land in beachtlichem Tempo (der Bayernkurier berichtete).

Nicht wenige Beobachter hatten nun auch damit gerechnet, dass der 66-jährige Reformer den Posten des mächtigen Generalsekretärs der Kommunistischen Partei (KP) einnehmen wird.

Regierungschef entmachtet

Doch der mit Spannung erwartete jüngste Parteitag, auf dem traditionell die Weichen für die kommenden fünf Jahre gestellt werden, brachte ein völlig anderes Ergebnis: KP-Generalsekretär bleibt der konservative Nguyen Phu Trong (71). Experten wie der in Bangkok lebende Politikwissenschaftler Wilfried Arz rechnen damit, dass er in zwei Jahren seinen Posten räumen wird, aber wohl kaum für Nguyen Tan Dung. Der 66-Jährige ist seit dem Parteitag auch nicht mehr Regierungschef, Nachfolger wurde sein bisheriger Büroleiter Nguyen Xuan Phuc (61).

Keine Änderungen am wirtschaftspolitischen Kurs zu erwarten

Der neue Mann an der Regierungsspitze dürfte zumindest den wirtschaftspolitischen Kurs des Vorgängers fortsetzen, meinen die Beobachter. In Partei, Staatsapparat und dem wichtigen Militär gilt der 61-Jährige jedoch als zu schwach vernetzt. Innenpolitisch dürfte viel mehr in Zukunft der neue Staatspräsident Generalleutnant Tran Dai Quang den Takt angeben. Er war bereits seit 2011 für die Innere Sicherheit des Landes zuständig. Unter anderem gehört dazu die Überwachung oppositioneller Gruppen und Dissidenten sowie die Kontrolle des Internets.

Staatliche Zensur im Internet

Für die Meinungsfreiheit im Land bedeutet die Personalie wohl nichts Gutes, die staatliche Zensur ist unerbittlich. Bis vor wenigen Jahren war in Vietnam noch nicht einmal das soziale Netzwerk „Facebook“ erlaubt, das Angebot wurde gesperrt. Mittlerweile flimmert es auch in Hanoi oder Ho Chi Minh Stadt über Smartphones und Computer. Aber die User dürfen sich sicher sein: der Staat liest mit. So berichtet etwa der Deutschlandfunk, dass vietnamesische Internetcafés zur Installation einer Kontrollsoftware verpflichtet sind. Blogger müssen ihre Beiträge demnach vor der Veröffentlichung autorisieren lassen und persönliche Daten preisgeben. Wer sich nicht daran hält, dem droht schlimmstenfalls Gefängnis.

Pressefreiheit gibt es nicht

Auf der Rangliste der Pressefreiheit der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ rangierte Vietnam auch 2015 auf Platz 175 von 180. Schlechter schnitten nur noch China (Platz 176), Syrien (177), Turkmenistan (178), Nordkorea (179) und Eritrea (180) ab. Die kommunistische Partei kontrolliere die Medien sehr genau, heißt es von der Organisation, die sich für Informationsfreiheit einsetzt. Obwohl die Verfassung Meinungsfreiheit garantiere, sei Regierungskritik verboten. Themen wie demokratische Reformen, Religionsfreiheit oder Landbesitz würden unterdrückt. Journalisten werden laut „Reporter ohne Grenzen“ oft aufgrund schwammiger Vorwürfe wie „Umsturz des Staates“ oder „Anti-Regierungs-Propaganda“ festgenommen. Die Untersuchungshaft könne Monate dauern, Gerichtsverhandlungen seien hingegen nach ein paar Stunden vorüber. Derzeit sitzen in dem Land nach Angaben der Organisation rund 30 Blogger im Gefängnis.

Petition für inhaftierten Bürgerjournalisten

Von außen wird versucht, auf das Land einzuwirken: Aktuell läuft zum Beispiel eine Online-Petition für den katholischen Priester und Bürgerjournalisten Nguyen Van Ly. Er sitze im Gefängnis, weil er sich für Demokratie, Informations- und Religionsfreiheit einsetze, heißt es von „Reporter ohne Grenzen“.